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Die Huette

Die Huette

Titel: Die Huette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William P. Young
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Realität aufrechtzuerhalten.
    Er war zutiefst erstaunt. Fast nichts war noch wie zuvor. Die halb verfallene Hütte hatte sich in ein solides und schönes Blockhaus verwandelt. Es stand genau zwischen ihm und dem See, den er über das Dach hinweg sehen konnte. Es war aus von Hand entrindeten und perfekt eingepassten Baumstämmen errichtet. Statt von wucherndem Gestrüpp umgeben zu sein, präsentierte sich das Haus in postkartenhafter Perfektion. Aus dem Schornstein stieg eine träge Rauchfahne in den Nachmittagshimmel, was darauf hinwies, dass das Blockhaus bewohnt war. Ein ordentlicher, gepflegter Weg führte zu der Veranda an der Vordertür, die jetzt von einem kleinen weißen Lattenzaun umgeben war. Irgendwo in der Nähe lachte jemand - vielleicht kam es aus der Hütte, aber da war sich Mack nicht sicher.
    Das, was er gerade erlebte, war vermutlich ein völliger psychotischer Zusammenbruch. »Ich bin dabei, durchzudrehen«, sagte sich Mack. »Das kann nicht real sein.« Einen Ort wie diesen hätte Mack sich nur in seinen besten Träumen vorstellen können, und das ließ alles noch verdächtiger erscheinen.
    Was er sah, war wunderbar, die Düfte betörend, und seine Füße, die offenbar einen eigenen Willen hatten, trugen ihn wieder zurück zu der völlig veränderten Hütte. Blumen blühten überall, und die Mischung aus süßem Blütenduft und würzigen Kräutergerüchen weckte lange vergessene Erinnerungen in ihm. Er hatte immer gehört, dass die Nase unsere beste Verbindung zur Vergangenheit ist, und nun kamen ihm einige Kindheitserinnerungen in den Sinn.
    Auf der Veranda hielt er wieder inne. Von drinnen waren eindeutig Stimmen zu hören. Mack widerstand dem plötzlichen Impuls, wegzulaufen wie ein kleiner Junge, der seinen Ball in den Nachbarsgarten geworfen hat. »Aber wenn wirklich Gott dort ist, hätte das doch gar keinen Sinn, oder?« Mack schloss die Augen und schüttelte den Kopf, um herauszufinden, ob er die Halluzination verjagen und sein normales Realitätsgefühl zurückerlangen konnte. Doch als er sie öffnete, war alles immer noch da. Zögernd streckte er die Hand aus und berührte den Holzzaun. Es schien eindeutig real.
    Nun stand er vor einem anderen Dilemma. Was tut man, wenn man vor einem Haus, oder in diesem Fall einer Blockhütte, steht, in dem sich möglicherweise Gott aufhält? Soll man anklopfen? Vermutlich wusste Gott bereits, dass Mack hier war. Vielleicht war es am besten, einfach hineinzuspazieren und sich vorzustellen, aber das schien genauso absurd. Und wie sollte er Gott anreden? Sollte er ihn Vater nennen, Allmächtiger oder vielleicht Herr Gott? Und sollte er dann demütig vor Gott auf die Knie fallen, obwohl ihm danach nun wirklich nicht zumute war?
    Während er versuchte, wenigstens ansatzweise sein inneres Gleichgewicht wieder zu finden, kam seine Wut, die doch schon erloschen schien, wieder zum Vorschein. Er machte sich keine Gedanken mehr darüber, wie er Gott anreden sollte. Energetisiert durch seinen Zorn ging er zur Tür. Mack beschloss, laut gegen die Tür zu hämmern und zu sehen, was dann geschehen würde, aber gerade als er die Faust hob, flog die Tür auf, und er schaute in das strahlende Gesicht einer großen, dicken Afroamerikanerin.
    Instinktiv wich er zurück, aber er war zu langsam. Mit einer angesichts ihrer Körperfülle erstaunlichen Schnelligkeit überbrückte sie die Distanz zwischen ihnen und schloss Mack in die Anne. Sie hob ihn in die Höhe und wirbelte ihn herum wie ein kleines Kind. Und die ganze Zeit rief sie dabei seinen Namen - »Mackenzie Allen Phillips« - mit dem Überschwang eines Menschen, der einen lange verloren geglaubten und innig geliebten Verwandten wieder sieht.
    Schließlich stellte sie ihn wieder auf die Erde und schob ihn, die Hände auf seine Schultern gelegt, ein Stück von sich, als wollte sie ihn sich genauer ansehen.
    »Mack, sieh dich doch nur an!«, sagte sie dröhnend. »Wie erwachsen du geworden bist. Ich habe mich wirklich darauf gefreut, dich von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Es ist wundervoll, dich hier bei uns zu haben. Oh, oh, oh, wie sehr ich dich liebe!« Und mit diesen Worten drückte sie ihn wieder an sich.
    Mack war sprachlos. In ein paar Sekunden hatte diese Frau sämtliche Schranken gesellschaftlicher Korrektheit durchbrochen, hinter denen er sich normalerweise zu verschanzen pflegte. Aber etwas an der Art, wie sie ihn anschaute und seinen Namen rief, bewirkte, dass er sich ebenfalls freute, sie zu sehen,

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