Die Hure Babylon
angewiesen war. Es gab also nicht nur religiöse Gründe, warum man die Christen gern vertrieben hätte.
Als es Zengi von Aleppo gelang, das christliche Edessa zu erobern, ging ein Aufschrei durch Europa. Mehr als allgemeine Empörung bewirkte dies jedoch nicht, bis der Papst zum Kreuzzug rief und in seiner Bulle
(Quantum praedecessores)
versuchte, an die glorreichen Heldentaten der Vorfahren anzuknüpfen.
Aber selbst damit erntete er nur lauwarme Unterstützung. Hochadel und Fürsten waren wenig geneigt, sich in ein überseeisches Abenteuer zu stürzen.
Wer alles veränderte, war der hochangesehene Abt Bernard de Clairvaux, der es zu seiner Aufgabe machte, die Begeisterung für einen Kriegszug gegen die Heiden anzufachen. Unermüdlich bereiste er Frankreich und Deutschland, um die Massen für seine Botschaft zu gewinnen. Er muss ein gewaltiger Redner gewesen sein, ein Mann, der den Geist seiner Zeit maßgeblich beeinflussen konnte. Wenn man heute Zitate aus seinen Reden liest, ist man schockiert über die unverhohlene Kriegshetze dieses Gottesmannes und späteren Heiligen. Die Rede, die ich ihn in Narbonne habe halten lassen, besteht zum Großteil aus solchen Zitaten.
Ob er genau in jenem Jahr 1147 tatsächlich in Narbonne gewesen ist, ist ungewiss. Tatsache ist jedoch, dass er zu dieser Zeit das ganze Land bereiste und auch schon vorher eine wichtige Reise in den Süden Frankreichs unternommen hatte, um gegen die Ketzer zu predigen, die besonders dort immer mehr Anhänger fanden.
Henri de Lausanne war ein bekannter Wanderprediger. Auch seine im Buch dargelegte Predigt entspricht den anti-kirchlichen Ideen dieser Ketzerbewegung. Außerdem begannen zu dieser Zeit still und heimlich, die
Guten Christen
(Katharer) im Süden Fuß zu fassen und sich zu verbreiten, auch unter dem Adel. Die Machtfülle Roms, der zur Schau gestellte Reichtum der Bischöfe und Äbte, die Arroganz, mit der sie sich immer mehr Land und Besitz aneigneten, führte dazu, dass sich Menschen vermehrt auf die wahre Lehre Jesu besannen und sich im Volk Widerstand gegen die Kirche bildete.
Eine systematische Verfolgung der Ketzer gab es allerdings noch nicht. Die Rechtsprechung lag nicht in den Händen der Kirche, und auch die Inquisition war noch nicht entstanden. Die Frage ist daher berechtigt, ob der unglaubliche Eifer, mit dem Clairvaux durch die Lande zog und den Hass gegen die Ungläubigen predigte, nicht ein Versuch war, ein externes Feindbild zu schaffen, um das Volk zu einigen und von den inneren Problemen abzulenken.
Darin war er sehr erfolgreich, denn es gelang ihm, eine unglaubliche Kriegseuphorie zu entfachen und sogar zwei Könige für dieses Unternehmen zu gewinnen. Trotzdem wird nicht jeder auf seiner Seite gewesen sein. Die Wanderprediger redeten eine andere Sprache. Und einer solchen anderen Einstellung habe ich im Roman Raum gegeben, wenn es auch eine Minderheit gewesen sein mag.
Die Deutschen unter Konrad verloren gleich zu Anfang in Doryläum neun Zehntel ihrer Stärke. Ein frühes Desaster. Die Franken waren militärisch zunächst recht erfolgreich und konnten mehrere Schlachten für sich verbuchen. Trotzdem war Louis offensichtlich mit der Heerführung überfordert, die interne Disziplin schlecht, die Versorgung katastrophal. Erst als Louis die oberste Führung an den Großmeister des Templerordens abgab (ein noch nie dagewesener Vorgang), funktionierte der Marsch durch Anatolien besser. Aber da lag die schreckliche Schlacht am Kadmus bereits hinter ihnen, der Mut war gebrochen und die Kraft des Heeres erheblich geschmälert.
Dass der König und seine Ritter den Rest des Heeres in Attalia ihrem Schicksal überließ, kommt einer Flucht gleich und steht im krassen Gegensatz zum heldenhaften Verhalten des Prinzen von Antiochia, der in der Schlacht von Inab nicht vom Feld floh, obwohl er Gelegenheit dazu gehabt hätte, sondern den Tod an der Seite seiner Männer wählte.
Ob Eleonore wirklich untreu gewesen ist, darüber wird bis heute gestritten. Die Chronisten aus jener Zeit waren davon überzeugt. Dass sie ihren Oheim Raimon mit seinen Plänen, Aleppo zu erobern, unterstützte, ihr Bruch mit dem König, dass sie ihn einen Mönch statt Ehemann nannte, und ihre Gefangennahme, all dies ist belegt.
Auch der Mord an Alfons Jordan. Nur wer genau das Gift gemischt hat, auch hierüber streitet man sich. Vermutlich waren es Melisende, Hodierna oder der Graf von Tripolis. Alle drei waren miteinander im Bunde und hatten ein
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