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Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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ebenfalls voller Menschen. Angelina warf einen Blick auf den Laden des Tomasio Venduti. Fenster und Türen waren jedoch mit Brettern vernagelt. Angelina war fassungslos.
    »Der Laden ist geschlossen«, sagte eine alte Frau, die in der Nähe stand.
    »Und wo ist Signor Venduti hingezogen?«, fragte Angelina.
    »Das weiß ich nicht. Vielleicht hat er noch ein Haus irgendwo? Oder er wird zu seinen Eltern zurück sein, aufs Land.«
    Wo steckte Tomasio nur? Sie hatte ihn fragen wollen, ob er vielleicht wüsste, wo sich Francesco aufhielt. Sie floh vor den Massen, die sich durch die Gassen drängten, in stillere Straßen, wanderte dorthin, wo sie zuletzt gewohnt und fast ihren Frieden gefunden hatte, zum Turm, in dem Rinaldo mit seinen Töchtern lebte.

|314| 39.
    Der Mittag des Karnevals war gekommen. Ein kalter Wind blies über den Platz vor dem Kloster San Marco. Dort war ein Kreuz aufgestellt, um das in drei Kreisen
Fanciulli
, Laienbrüder und Mönche tanzten. Savonarola hatte Domenian nach dem Mittagessen ins Parlatorium bestellt. Ein letztes Mal vor dem großen Ereignis wollten sie die Lage miteinander besprechen.
    »Heute stehen wir an einer entscheidenden Wende unseres Auftrags«, begann Savonarola.
    Domenian hob die Augenbrauen.
    »Unser Brief, das Konzil betreffend, ist von dem Kurier des Papstes abgefangen worden«, fuhr Savonarola fort. »Die Exkommunikation aller Bürger von Florenz steht unmittelbar bevor.«
    »Um Gottes willen, Herr, das müssen wir mit allen Mitteln verhindern!«, brachte Domenian hervor.
    »Ob wir das können, liegt in Gottes Hand. Aber ich habe mir schon gedacht, dass Alexander VI. dieses Konzil unterbinden würde«, meinte Savonarola. Domenian sah, dass seine Hände zitterten. »Schließlich hätte ich ihm die Ungültigkeit seiner Wahl zum Papst nachgewiesen. Nichtsdestoweniger werden die Bürger von Florenz unser Schauspiel genießen.«
    »Ich habe schon Stimmen gehört, wir könnten uns ruhig mal etwas Neues einfallen lassen«, wandte Domenian ein. »Ein ›Fegefeuer der Eitelkeiten‹ gab es schon einmal.«
    »Wir müssen die Menschen immer wieder an ihre Pflichten erinnern«, sagte Savonarola. »Und am Ende wird sich herausstellen, welche die Engel und welche die Teufel sind.«
    »Girolamo, wie oft soll ich dir noch sagen, dass du fliehen musst! Die Stimmung in der Bevölkerung ist umgeschlagen. Dein Gottesstaat |315| hat ihnen nicht das gebracht, was sie sich erhofft hatten. Geh in deine Heimat zurück!«
    »Wie oft soll ich dir noch sagen, Domenian, dass ich das nicht tun werde? Nur das Martyrium macht unsterblich!«
    »Dann geh und feiere deinen Karneval. Ich für meinen Teil werde im Kloster bleiben und beten.«
    »Du wirst mit mir kommen und an meiner Seite sein, wenn ich den Scheiterhaufen entzünde! Du willst mich doch jetzt nicht verlassen?«
    »Wie du befiehlst, Herr«, sagte Domenian finster. Er zog sich auf seine Zelle zurück, um zu beten. Dies würde die Nacht der Engel werden.
    Domenian schaute das zerstörte Bild Maria Magdalenas an. Heute Nacht noch würde es geschehen. Die Bilder, die immer mächtiger auf ihn einstürmten, taten ihm weh. Das Mädchen, die Mutter, der Zwetschgenbaum, die Höhle, der Weinberg. Stimmen drangen auf ihn ein. Du wirst es ja doch nicht machen, du Feigling, sagte eine Mädchenstimme. Nichts hast du erreicht, kam es von seiner Mutter. Ein Klosterbruder, wer will denn so etwas schon als Sohn haben. Ich werde dich schon noch zu einem Mann machen!, schrie sein Vater. Einer, der studiert, reitet, kämpft, sein Geld verdient, geachtet ist in der Gesellschaft! Nicht einmal ein anständiger Bauer ist er geworden! Domenian hielt sich die Ohren zu. Aber die Stimmen fuhren fort, zu schreien, zu sprechen, zu weinen und alles, was er tat und dachte, zu kommentieren.

|316| 40.
    Angelina erreichte den Palast und den Turm, in dem Rinaldo und seine Töchter zuletzt gewohnt hatten. Hier waren weniger Menschen auf den Straßen, aber bei denen, die vorübergingen, war eine rastlose Eile spürbar. Das Wirtshausschild vom
Karpfen
baumelte im Wind. Angelina klopfte an die Tür des Turmes. Drinnen erklang ein Kichern, dann wurden Schritte hörbar, und Rinaldo stand im Rahmen.
    »Signorina Angelina, welche Freude!«, rief er aus. »Kommt herein. Heute haben alle Arbeiter und Arbeiterinnen frei bekommen, um sich das Fegefeuer anzusehen«, erklärte er. Seine Töchter saßen am Mittagstisch und sprangen auf, als sie Angelina sahen, küssten und umarmten sie. Nach

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