Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
Vom Netzwerk:
einer Zeit des gegenseitigen Erzählens hielt Pallina inne und schaute Angelina spitzbübisch an.
    »Es ist noch jemand hier«, meinte sie. »Jemand, den du kennst und der oft von dir gesprochen hat.«
    Angelinas Herz begann schneller zu klopfen.
    »Wen meinst du?«, fragte sie.
    »Komm«, sagte Pallina, nahm ihre Hand und zog sie in ein Zimmer, das Angelina noch nicht kannte. Sie schwankte einen Herzschlag lang und griff nach dem Türrahmen. Das Zimmer war in eine vorläufige Malerwerkstatt umgewandelt worden. Es enthielt ein Bett, eine Truhe, zwei Staffeleien, Pinsel und Farben auf Regalen. Und mittendrin stand … Francesco! Er fuhr herum, als er die beiden an der Tür hörte.
    »Angelina!«, rief er aus. Der Pinsel fiel ihm aus der Hand, ein roter Klecks verbreitete sich auf dem Boden, der sorgfältig mit frischen Binsen ausgelegt war. Angelina stand wie festgewurzelt. Francesco kam mit ausgebreiteten Armen auf sie zu. Pallina sagte: »Ich |317| lasse euch jetzt mal allein«, und zog sich geräuschlos zurück. Francesco umarmte Angelina, und sie ließ es willenlos geschehen.
    Ihr wurde warm. Sie wäre am liebsten mit ihm auf das Bett gesunken.
    Aber es gab noch etwas zu besprechen. Behutsam machte sie sich frei und fragte:
    »Ist es wahr, dass du mein Bild an einen Wollhändler verkauft hast?«
    Francesco öffnete den Mund zu einer Antwort, brachte aber vor Staunen nichts heraus.
    »Wer behauptet denn so etwas?«, wollte er wissen.
    »Ich bekam einen Brief, in dem das geschrieben stand«, antwortete Angelina.
    »Und wer hat ihn geschickt?«
    »Er hat keinen Namen daruntergesetzt, sondern schrieb: ›Von jemandem, der es gut mit Euch meint‹.«
    »Und das hast du geglaubt? Angelina, ich fürchte, wir müssen unser Verhältnis zueinander noch einmal ernsthaft überdenken.« Bei diesen Worten schaute er sie so schalkhaft an, dass es Angelina schwerfiel, ernst zu bleiben.
    »Wo ist denn das Bild?«, fragte sie. »Und warum hast du Botticelli verlassen?«
    »Kannst du dir nicht denken, warum ich ihn verlassen habe? Ich konnte seine Hörigkeit Savonarola gegenüber nicht mehr ertragen. Lieber schlage ich mich hier mit Porträts und Gelegenheitsarbeiten durch!«
    »Ich war gestern Nacht Gast bei Botticelli«, sagte Angelina. »Er hat mir viel über seine Beweggründe verraten.«
    »Er mag Beweggründe haben«, meinte Francesco. »Das hindert ihn aber nicht daran, heute einige seiner Bilder dem Feuer überliefern zu wollen. Das ist ein Verbrechen an der Kunst!«
    »Wo ist mein Bild?«, beharrte Angelina.
    »Das habe ich an einem sicheren Ort versteckt. Wir können gleich hingehen und es holen.«
    |318| »Hier in der Stadt?«
    »Beim Dom«, entgegnete er.
    »Beim Dom?«, fragte sie atemlos.
    »Was ist denn mit dir?«
    »Ach, nichts.«
    »Die Stadt ist voller Menschen, so voll, dass kein Durchkommen ist«, sagte Francesco. »Wir müssen das Bild gleich holen, wer weiß, ob es nicht noch jemand findet und auf den Scheiterhaufen wirft.«
    Er warf sich seinen Mantel über und ergriff ihre Hand. Bevor sie den Raum verließen, umfasste er ihre Taille.
    »Hast du an Gewicht zugenommen?«, fragte er. »Offensichtlich ist dir der Aufenthalt bei den Nonnen gut bekommen.«
    »Ich habe mein … Gewand unter dem Reisekleid und dem Mantel angezogen, weil die
Fanciulli
es mir sonst genommen hätten«, sagte Angelina verlegen. Francesco lachte.
    »So ist es dir also noch sehr viel wert. Komm, wir müssen uns beeilen.«
    Angelina dachte einen Augenblick an all die Ereignisse, die geschehen waren. Sie erhob sich nur widerstrebend. Würde es noch schlimmer kommen? Aber sie war schon einen Schritt zu weit gegangen. Jetzt musste sie den Weg zu Ende gehen.
    Vom Palazzo Acciaiuoli eilten sie die Via Guelfa entlang. Bald waren sie vom Strom der Menschen eingekesselt. Sie erreichten die Via del Ginori, der Dom kam in Sicht. Die Gesänge und Gebete der
Fanciulli
drangen herüber. Angelina konnte sie nicht mehr hören. Wie wetterwendig waren doch diese Kinder und Halbwüchsigen! Sie predigten Liebe und säten Gewalt. Und Savonarola bot der Stadt noch einmal das Schauspiel der brennenden Bilder, Bücher und Masken. Vor dem Dom hatte sich eine Menschenmenge versammelt, der Platz war zum Brechen voll. Savonarola hielt eine Predigt unter freiem Himmel. Angelina hörte nicht richtig hin, sie hörte nur etwas von Engeln und Teufeln, Doppelrechtsern, Doppellinksern, Papst, Exkommunikation und Gottesstaat. Es war |319| nicht leicht, Francesco in dem

Weitere Kostenlose Bücher