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Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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vernichtet werden, sie mussten es retten, bevor der Holzstoß angezündet wurde! Mit großer Anstrengung wuchteten sie den Deckel wieder auf den Sarkophag und liefen hinaus. Sie erreichten die Piazza della Signoria, wo der Scheiterhaufen errichtet war. Rings um den Platz brannten kleine Feuer, die einen gespenstischen Schein verbreiteten. Angelina sah, wie Savonarola mit einer Fackel zu dem Scheiterhaufen ging und ihn entzündete. Ein Mönch in einer dunklen Kutte stand neben ihm.
    Es dauerte eine Ewigkeit, bis sie in die Nähe des Holzstoßes kamen. Der untere Teil brannte bereits lichterloh. Die Lauten und die Spielbälle waren schon verkohlt. Nun leckten die Flammen nach den Gewändern, Hauben und Korsetten. Die Menge sang Kirchenlieder, dazwischen johlten und spotteten Halbwüchsige, Kinder schrien in Angst. Aus den Fenstern lehnten sich die Anwohner und verfolgten gespannt das Geschehen. Immer neue Gegenstände wurden in das Feuer geworfen, unter anderem auch tote Katzen und Unrat. Die Bilder und Bücher waren noch unversehrt, aber sosehr Angelina ihre Augen anstrengte, sie konnte ihr Porträt nicht entdecken, auch nicht, nachdem sie sich um den Stapel herumgekämpft hatten. Mit einem Mal sah Angelina den Mönch in der dunklen Kutte, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Sie stieß Francesco, der dicht neben ihr stand, in die Seite und flüsterte ihm aufgeregt zu:
    |322| »Der Mönch da hat ein Bild in der Hand. Es ist bestimmt unser Bild! Gleich wird er es den Flammen übergeben!«
    Francesco wollte losrennen, stieß ein paar Menschen, die im Weg standen, beiseite und fasste den Mönch an der Kutte. Mit vor Aufregung feuchten Händen beobachtete Angelina, wie Francesco mit ihm rang. Die Umstehenden feuerten die beiden an. Das Bild wird noch entzweigehen, dachte sie, als die Männer mit aller Gewalt an dessen Enden zogen. Jetzt hatte der Mönch es an sich gerissen, drückte es einen Augenblick lang triumphierend an seine Brust und warf es mit einem höhnischen Gelächter ins Feuer. Angelina hörte den Aufschrei Francescos und sah, wie er in die Flammen griff, hörte sein schmerzliches Stöhnen. Gleich darauf hielt er das rauchende Bild in seinen Händen und lief zu ihr herüber. Sein Gesicht und seine Kleidung waren rauchgeschwärzt.
    »Komm schnell«, rief er, »wir müssen es in Sicherheit bringen! Der Dreckskerl hat die Bedeckung entfernt und sich an deinem Anblick geweidet!«
    Angelina folgte ihm hastig, die Leute johlten hinter ihr her. Im Zurückschauen bemerkte sie, dass die Flammen jetzt auch die Bilder und Bücher erreicht hatten. Schon züngelten sie um die Beine des ziegenbärtigen Teufels. Bald hatte die Menge sie verschluckt, keiner achtete mehr auf sie.
    »Wo sollen wir das Bild hinbringen?«, raunte Angelina atemlos.
    »Vielleicht zum Palazzo der Medici? Dort würde es niemand vermuten.«
    »Keiner weiß, was in dem Palast untergebracht ist, seit die Medici vertrieben wurden«, setzte Angelina dagegen. Sie warf einen letzten Blick auf den Scheiterhaufen. Die Götter der Antike schmolzen dahin. Der Teufel brannte lichterloh, die Gebete wurden lauter. Einige Frauen kreischten, andere fielen in Ohnmacht.
    »Schnell weg von hier«, sagte Angelina, »bevor es mir übel wird. Zu Rinaldo.«
    Bevor sie aufbrachen, schaute sich Angelina Francescos Hand an. Sie war schwarz, und an einigen Stellen hatten sich Blasen gebildet. |323| Einer plötzlichen Regung nachgebend, zog Angelina sie hoch zu ihren Lippen und küsste sie.
    In den Gassen hatten sich Männer und Frauen um weitere Feuer versammelt, manche spielten die Laute, sangen, tanzten und tranken. Sie erreichten den Turm und fanden die Tür offen, das Turmzimmer leer. Rinaldo und seine Töchter waren gewiss bei dem Spektakel auf dem Marktplatz.
    »Was habt Ihr denn da Schönes?«, ertönte eine Stimme. Angelina fuhr zusammen, ihr Herz machte einen Satz. Beide fuhren herum. Da stand der Diener des Nachbarn, breit grinsend. Seine Fledermausohren schienen noch weiter abzustehen, und an diesem kalten Abend war seine Nase noch röter als sonst.
    »Ich nehme an, Ihr habt ein Bild aus den Flammen gerettet.« Er wies auf das Porträt. »Und jetzt wisst Ihr nicht, wo Ihr es verstecken sollt. Ich wüsste einen Platz.«
    Angelina atmete erleichtert aus. Hatte nicht sein Herr sie damals zum Frühstück einladen wollen? Vielleicht gab es doch noch Menschen in dieser Stadt, denen man vertrauen konnte.
    »Wo wollt Ihr es denn verstecken?«, fragte Francesco.
    Der Diener

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