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Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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noch zügeln.
    »Wir müssen Angelina finden, bevor ihr etwas zustößt!«, rief er aus. »Ich glaube, dass sie in großer Gefahr ist!«
    »Wollt Ihr nicht selbst nach Florenz reiten und das Bild holen? Möglicherweise kann Euch dieser Tomasio eine Auskunft geben. Wir werden die Suche hier fortsetzen.«
    »Nein«, stieß Francesco hervor. »Ich würde es mir niemals verzeihen, wenn ich Angelina ihrem Schicksal überlassen würde.«
    »Dann sucht weiter, mit Gott. Ich werde zum Kloster zurückreiten und einen Jungen aus dem Dorf in die Stadt schicken.«
    Francesco biss sich auf die Unterlippe. Warum hatte er Angelina aus den Augen gelassen? Er war schuld, wenn ihr jetzt ein Leid geschehen würde.
    |401| Den ganzen Tag schweifte er in den Weinbergen umher. Ab und zu begegneten ihm die Nonnen, die wie er fieberhaft auf der Suche waren.
    Am Abend musste er ohne Ergebnis ins Kloster zurückkehren. Der Bote war inzwischen zurückgekommen. Rinaldo habe seinen Nachbarn nicht angetroffen, berichtete Mutter Elisa. Er sei verreist, hätte der Diener gesagt, und er hätte das Bild mitgenommen.
     
    Domenian hatte Angelina allein gelassen. Da es immer gleich dunkel und feucht war, wusste sie nicht, ob es noch Tag oder schon Abend war. Sie saß mit dem Rücken an die Wand gelehnt. Wenigstens eine Decke hatte Domenian ihr dagelassen. Und ein Brot und eine Kanne mit heißem Würzwein. Sie hatte gegessen und getrunken, das warme Getränk hatte ihre Lebensgeister wieder geweckt. Sie glaubte nicht daran, dass Domenian sie vergiften würde. Er hatte etwas ganz anderes mit ihr vor. Bei der Vorstellung überlief sie ein Schauer. Und sie glaubte auch nicht daran, dass Francesco tot war. Vielleicht war er schon auf dem Weg hierher. Hatte sie ihm erzählt, dass sie einmal fortgelaufen war und die Nacht in solch einem Keller verbracht hatte?
    Angelina riss ein weiteres Stück von dem Brot und schob es in den Mund. Frisch war es nicht mehr, es schmeckte sehr trocken. Sie nahm einen Schluck Wein. Ihr Mund und ihre Kehle waren wie ausgetrocknet. Nein, sie hatte nur mit Mutter Elisa darüber gesprochen und früher mit Tante Bergitta. Ob Francesco darauf kam, mit Mutter Elisa zu sprechen? Die Öllampe brannte ruhig in einer Ecke des Raumes. Angelina wurde müde, die Augen fielen ihr langsam zu. Doch dann begann ihr Herz einen Schlag auszusetzen, um dann weiterzurasen. Was hatte sie, war sie krank geworden?
    Sie riss die Augen auf. Die Öllampe stand schief und neigte sich dem Boden zu. Sie wollte aufspringen, wurde aber von ihren Fesseln daran gehindert. Das Herzrasen wollte nicht aufhören. Angelina sank an die Wand zurück. Die Decke des Kellers, schwach erleuchtet von der Lampe, drohte auf sie herunterzufallen. Sie wollte |402| um Hilfe schreien, brachte aber nur ein Krächzen heraus. War das ihre Stimme gewesen? Ihr Kopf war vernebelt, sie fiel in ein Loch. Oben sah sie Licht hereinfallen. Sie erhob sich vom Boden und flog diesem Licht entgegen. Schon war sie draußen in der Nacht und flog über die Wipfel der Bäume hinweg. Das hatte sie doch schon einmal, mehrmals erlebt! Der Mond stand als rote Scheibe über ihr, unter ihr glitten die Weinberge und Felder dahin. Mit ihr flogen weitere Gestalten, junge Frauen wie sie, alte Männer und Kinder, alle dem gleichen Ziel entgegen. Glitzernde Meere, Städte, die im Mondschein schimmerten, große Gebirge, auf deren Gipfeln Schnee lag, glitten unter ihr vorbei. Es war ein Summen und Sausen in der Luft. Die Gestalten sangen und riefen Scherzworte zu ihr herüber. Gewundene Bänder von Flüssen nahmen ihren Weg zum Meer, sanfte, bewaldete Kuppen wiesen ihnen den Weg zum Berg aller Berge, der schließlich in der Ferne auftauchte. Große Feuer waren zu ihrer Begrüßung entzündet worden. Jeder der Fliegenden nahm an Fahrt auf, um als Erster dort zu sein. Angelina ließ sich treiben, vom Wind, wie sie meinte, aber schließlich landete auch sie neben den anderen auf einer Wiese. Um die Feuer herum waren Tische und Bänke aufgebaut. Vor den Feuern standen junge Frauen mit halb entblößten Brüsten und kochten Suppe in großen Töpfen. Auf den Bänken scharten sich weitere Männer, Frauen und Kinder zusammen mit Teufeln, an denen sie sich rieben und mit denen sie aßen und tranken. In Tonkrügen schäumte schwarzes Bier.
    Angelina trat näher an einen der Tische heran. Intensive Düfte stiegen davon auf. Angelina sah eine Schüssel Birnenkompott, mit Anis gewürzt, daneben Erdbeeren mit Honig und Sahne.

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