Die Hure Und Der Moench
Mönchs hatte wollüstige Gefühle bei ihm geweckt. Ach, wenn er sich doch geißeln könnte! Sich mit eiskaltem Wasser übergießen, immer wieder!
»Es soll ein Staat aufgebaut werden«, Savonarola schrie es heraus, |72| »der das Gute bewahrt, wenn die Stadt Florenz gut sein will! Viele Bürger in Florenz und in den Städten der Umgebung änderten schon ihr Leben, wurden friedvoller, lebten bescheidener, gaben das Trinken oder Spielen auf. Der Herrscher unserer Stadt ist nur einer allein, und das ist …«
»Christus!«, riefen die Mönche wie mit einer Stimme. Die Chorjungen begannen mit ihren hellen Stimmen zu singen. Domenians Gedanken flogen wieder einmal weit fort, in eine andere Zeit. Er lief auf seine Mutter zu, die im Garten grub. Sie breitete die Arme aus, die Finger voller Erde, ließ sie jedoch wieder sinken, als er näher kam.
Es war Zeit, seinem Auftrag nachzukommen.
|73| 9.
Matteo, ein beleibter Mann von kleinerer Statur, mit einem freundlichen, schweißglänzenden Gesicht, legte sein Messer neben den Teller und fragte:
»Angelina, Ihr seid uns von Botticelli und Francesco Rosso empfohlen worden, und wir sind bereit, Euch bei uns aufzunehmen. Was ist mit Eurer Familie geschehen?«
Angelina schluckte. Das hatte sie kommen sehen.
»Meine Eltern sind Lukrezia und Lorenzo Girondo aus Florenz. Mein Vater betreibt einen Tuchhandel.«
»Ah!«, kam es von Matteo. »Ich kenne Lorenzo und seine Gattin. Leider hatte ich noch nicht das Vergnügen, Euch kennenzulernen.« Wohlwollend ließ er seinen Blick über Angelinas Gestalt gleiten. Die Männer waren doch alle gleich. Hatte sich Angelinas Mutter nicht oft darüber beklagt, dass ihr Mann immer den jungen Mädchen hinterhersteige? Und dann wunderten sie sich, dass sie, Angelina, keine Lust zum Heiraten hatte.
»Warum seid Ihr nicht mit Euren Eltern aufs Land gegangen?«, wollte Eleonore wissen. Jetzt saß Angelina in der Falle.
»Meine Eltern haben sich von mir losgesagt, weil ich den Ehemann, den sie mir ausgesucht hatten, nicht haben wollte.« Das war wenigstens ein Teil der Wahrheit.
»Hat er Euch nicht gefallen? War er vielleicht zu alt?«, bohrte Matteo weiter. Ihr war, als hätte er ihr zugezwinkert. Sie musste mit der Wahrheit herausrücken, sonst würde diese Familie sie nicht aufnehmen.
»Nein, nicht wegen seines Alters, sondern weil er mir unangenehm war. Es war an dem Tag, als mein Vater unser Frühlingsfest mit uns feierte. Eine Schar von
Fanciulli
war an der Tür erschienen |74| und verlangte, dass wir alle eitlen und sündigen Dinge herausgaben. Währenddessen wurde Fredi, so hieß mein künftiger Ehemann, im Garten hinterrücks erdolcht.«
»Das ist ja furchtbar!«, entfuhr es Eleonore. Die Kinder saßen mit aufgerissenen Augen da. »Und was geschah dann?«
Die Dienerin kam mit dem nächsten Gang. Als sie wieder verschwunden war, fuhr Angelina fort: »Wir haben nie herausgefunden, wer es war! Am nächsten Tag hat Francesco an dem Porträt von mir, das meine Eltern in Auftrag gaben, weitergemalt. Ich ließ mir dazu ein Kleid bei Tomasio Venduti anfertigen. Auf dem Weg nach Hause sprang ein vermummter Mann aus einem Torbogen und bedrohte mich.«
»Was hat er gesagt?«, fragte Matteo gespannt. Angelina zögerte.
»Er hat gesagt«, sagte sie schließlich, »nein, er hat gefragt, was ich bei dem Schneider gemacht hätte. Er meinte, er habe mir angesehen, dass ich in Sünde lebe. Und dass der Herr so etwas nicht dulde. Wahrscheinlich hielt er mich für eine Hure.«
»Wen meinte er wohl mit dem ›Herrn‹? Gott oder Savonarola?«, warf Matteo ein.
»Genau das Gleiche habe ich mich auch gefragt«, entgegnete Angelina. »Ich sagte nur, ich ließe mir ein ganz normales Kleid für ein Bildnis machen, das meine Eltern in Auftrag gegeben hätten. Aber was es ihn eigentlich anginge? Daraufhin drohte er an, mich zu töten, wenn ich weiterhin in Sünde lebte. Er hatte einen Dolch in der Hand!«
»Habt Ihr sein Gesicht gesehen?«, fragte Matteo.
»Nein, er hatte die Kapuze seines Mantels tief heruntergezogen«, gab Angelina zurück. »Zum Glück tauchte Tomasio Venduti auf. Er geleitete mich nach Hause.«
»Das ist ja eine seltsame Geschichte«, meinte Matteo. »Eines aber erscheint mir offensichtlich: Da steckt jemand dahinter, der Savonarola treu ergeben ist. Die Sätze hätten von dem Prior selbst stammen können. Weiß jemand, außer Botticelli, dass Ihr hierher nach Grassina gekommen seid?«
|75| »Nur Francesco, Lucas, der
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