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Die Hure Und Der Moench

Die Hure Und Der Moench

Titel: Die Hure Und Der Moench Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa S. Lotz
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beobachtet worden!
    »Was ist mit den Gesellen?«, wollte sie wissen.
    »Die haben sich schon in Sicherheit gebracht«, meinte Lucas.
    »Ja, habt ihr Francesco jetzt ganz allein in der Stadt gelassen?«
    Die beiden blickten zu Boden.
    Angelina fasste einen Entschluss.
    »Ich werde heute noch nach Florenz fahren und nach ihm sehen. Bei meiner Mutter habe ich einiges über Wundheilung gelernt.«
    »Das dürft Ihr aber nicht«, widersprach Signora Scroffa. »Lasst meinen Mann fahren, er soll ihn hierherholen.«
    »Botticelli ist auf dem Weg nach Rom«, sagte Angelina heftig. »Francesco ist allein in Botticellis Haus, nur der Bader ist bei ihm. Er braucht mich!«
    |80| »Wenn Angelina schon in die Stadt will, werde ich sie begleiten«, beschied Matteo. »Sie kann nicht ohne Schutz reisen.«
    »Das wird nicht nötig sein, denn ich muss ebenfalls noch einmal in die Stadt zurück, ein paar Sachen holen«, meinte Lucas. »Eure freundliche Einladung hierher nehmen wir gerne an, nicht wahr, Sonia?«
    »Ich kann sowieso nicht zurück«, erwiderte Sonia etwas traurig. »Ihr werdet schon bemerkt haben, dass ich Kleidung und andere Dinge für meine Herrin geholt habe. Es heißt nun, ich hätte sie gestohlen.« Arme Sonia, dachte Angelina. Jetzt habe ich sie in große Schwierigkeiten gebracht! Sie würde es ihr auf vielfältige Weise zu danken wissen.
    Schnell warf sie ein leichtes graues Reisekleid über, das sich unter Sonias Mitbringseln befunden hatte. Sie stieg in die Kutsche. Und schon ergriff Lucas die Zügel und mahnte Angelina, einzusteigen, der Tag würde heiß werden, doch sie könnten die Strecke schaffen, bevor die Sonne im Zenit stand. Wieder ging es die Serpentinen hinab, begleitet von den Abschiedsrufen der Zurückgebliebenen. Lerchen sangen hoch in der Luft, die Wegränder säumten Klatschmohn und Kornblumen. Bald waren sie auf der Straße nach Florenz und schon tauchten die Mauern und Türme der Stadt in der Ferne auf. Das Stadttor war verschlossen, niemand dürfe hinein und hinaus, sagte der grimmig dreinblickende Wärter.
    »Ich kenne ein kleines Tor, das von einem meiner Zulieferer bewacht wird«, sagt Lucas leise. Auf diesem Weg gelangten sie in die Stadt. Je näher sie der Via Nuova kamen, desto mehr nahm Angelina einen eigenartig süßen Geruch wahr.
    »Das ist der Geruch der Verwesung, der sich neuerdings in der Stadt ausbreitet«, sagte Lucas, als hätte er Angelinas Gedanken erraten. Merkwürdig, den hatte sie doch gestern noch nicht gerochen? Vielleicht hatte der Wind aus einer anderen Richtung geweht. Und wirklich begegneten ihnen mehr Leichenkarren, mehr Pestärzte, aber auch mehr
Fanciulli
als noch vor wenigen Tagen. Die Umhänge der Kinder und Jugendlichen waren mit roten Kreuzen |81| bemalt. In die Kapuzen, welche die Gesichter vollkommen bedeckten, waren Schlitze für die Augen geschnitten. Der Älteste trug ein Kruzifix voraus, und alle sangen Klagelieder. Viele Häuser waren mit Brettern vernagelt, ein Hinweis darauf, dass die Bewohner verstorben oder geflüchtet waren. Die Leichensammler verrichteten stumm ihre Arbeit. Vor den Toren der Stadt hatte Angelina Gruben gesehen, in denen die Toten versenkt wurden. Die Leichensammler streuten Kalk darüber, um dem weiteren Ausbreiten der Seuche Einhalt zu gebieten.
    Angelina konnte es kaum erwarten, in das Haus Botticellis zu gelangen. Lucas verschwand in seinem Laden, sie selbst klopfte energisch an die Tür des Hauses gegenüber. Es dauerte eine Weile, dann öffnete ihr ein grobschlächtiger Mann mit grauem Kinnbart, den sie noch nie gesehen hatte. Es war der Bader.
    »Seid Ihr Signorina Angelina Girondo?«
    Sie nickte.
    »Gut, dass Ihr kommt«, meinte er und machte eine einladende Handbewegung. »Der Maler liegt im Fieber, er hat immer wieder nach Euch gefragt.«
    Angelina folgte ihm die Treppe hinauf. Francesco lag auf seinem Bett. Sein Gesicht war mit roten Striemen bedeckt, das eine Auge geschwollen. An Armen und Hals hatte er Blutergüsse und offene Wunden. Der Bader fuhr fort, ihm die Verletzungen mit einer Ringelblumensalbe einzureiben, die intensiv nach Kräutern und Honig roch.
    »Francesco, wie froh bin ich, Euch zu sehen!«, rief Angelina und setzte sich auf einen Hocker neben dem Bett. Der Bader zog sich brummend zurück.
    »Angelina«, sagte Francesco matt. »Eben dachte ich, ich träume.« Der Schweiß lief ihm aus allen Poren.
    »Was ist denn nur geschehen?«, wollte Angelina wissen und nahm seine Hand.
    »Ich glaube, sie wollten mich

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