Die Hure Und Der Moench
entgegnete Angelina. Sie nahm einen Schluck Würzwein, verschluckte sich, musste husten. Bergitta klopfte ihr auf den Rücken, dann fuhr Angelina stockend fort.
»Später haben mich meine Eltern eingesperrt, weil sie wollten, dass ich Signor Venduti zum Mann nehme.«
»Warum denn eingesperrt?«
»Ich verstehe das auch nicht! Sie haben doch extra ein Porträt von mir bestellt. Bei Francesco, einem der Gesellen Botticellis. Aber dann haben sie mir verboten, weiter hinzugehen. Sie fanden wohl, ich gehe zu gerne hin.«
»Und wer ist dieser Signor Venduti schon wieder?«
|163| »Mit erstem Namen heißt er Tomasio«, erwiderte Angelina. »Mein Vater kennt ihn über das Handelshaus.«
Tante Bergitta räumte das Geschirr weg und setzte sich wieder hin.
»Für dein zartes Alter sind aber eine ganze Menge Männer in deinem Leben, findest du nicht?« Angelina wurde rot. »Viele von ihnen können einen Grund gehabt haben, deinen dir zugedachten Ehemann zu töten«, fuhr sie fort.
»Was denkt Ihr, Tante Bergitta, wer?«, fragte Angelina.
»Einmal Francesco, weil er dich vielleicht für sich selber haben wollte. Oder dieser Tomasio, aus eben demselben Grund.«
»Francesco doch nicht!«, fuhr Angelina auf.
»Liebst du ihn?« Die Tante schaute sie aus ihren hellen Augen erwartungsvoll an.
»Ich … ja, mag sein. Aber das ist jetzt aus und vorbei!«
»Komm mit in den Weinberg, Angelina«, beschied die Tante. »Und dann erzählst du mir, wie es dich hierher verschlagen hat, derweil du mir beim Hochbinden der Stöcke und beim Unkrautziehen hilfst.«
Während Angelina ihrer Tante das Herz ausschüttete, schüttelte diese ein ums andere Mal den Kopf. »Du hättest sicher besser daran getan, bei deinen Eltern zu bleiben«, befand sie schließlich. »Jetzt bist du in einer ganz verzwickten Lage!«
»Ich weiß!«, stammelte Angelina. »Vielleicht könnt Ihr mir einen Rat geben, wie ich da wieder herauskomme.«
Bergitta überlegte, stützte sich auf ihren Sauzahn. Dann ging ein Lächeln über ihr gegerbtes Gesicht.
»Du kannst bis zum Ende des Monats September bei mir bleiben«, sagte sie. »Dann kommen die Erntehelfer, die mir bei der Weinlese zur Hand gehen, die muss ich unterbringen. Bis dahin wird die Pest wieder verschwunden sein, so, wie es letztes Jahr auch der Fall war. Dann kannst du nach Florenz und zu deinen Eltern zurückkehren. Willst du ihnen nicht einen Brief schreiben?«
Die Aussicht, vorerst bei Bergitta bleiben zu können, tröstete |164| Angelina. »Gedacht habe ich schon oft daran. Aber ich habe mich nicht getraut.«
»Versuche es, schaden kann es auf keinen Fall«, erwiderte die Tante.
»Ich kann mich des Eindruck nicht erwehren«, fuhr Angelina fort und wandte sich wieder der Arbeit zu, »als hätte der Predigermönch Savonarola etwas mit diesen Morden zu tun.«
Bergitta wischte sich mit der Schürze den Schweiß von der Stirn. »Aber aus welchem Grund?«, fragte sie. »Fredi könnte durch einen fanatischen
Fanciullo
getötet worden sein, das ist allerdings möglich. Aber wer hat dann Matteo umgebracht?«
»Wir dürfen nicht vergessen«, warf Angelina ein »dass Francesco fast zu Tode geprügelt wurde … seiner Ansicht nach von
Fanciulli
. Sie haben ihm zugerufen, er solle ablassen von seinem sündigen Tun, womit sie wohl das Bild meinten, das er von mir malte.«
»Und, war es so sündig?«
Angelina errötete schon wieder.
»Das Kleid, das Signor Venduti herstellen ließ, hatte einen sehr tiefen Ausschnitt. Ich trug aber einen Schal darüber, und Francesco hat diesen Schal auch darüber gemalt.«
»Was sagst du? Das Kleid war von Signor Venduti?«
»Ja, er besitzt ein Tuchgeschäft am Domplatz von Florenz.«
»Nehmen wir einmal an, die
Fanciulli
haben im Auftrag von Savonarola die Morde begangen und auch Francesco verprügelt. Wie willst du ihnen das jemals nachweisen, Angelina?«
»Francesco könnte sie wiedererkennen. Ach, im Augenblick kommen wir damit nicht weiter, ich sehe es schon. Wenn ich erst einmal wieder in Florenz bin …«
»Hast du Angst, Angelina?«, wollte die Tante wissen. »Du bist so bleich, du zitterst ja.«
Angelina schlugen einen Augenblick lang die Zähne gegeneinander.
»Ich bin mehrmals von einem Unbekannten bedroht worden. Er zischte mir zu, ich sei des Todes, wenn ich mit meinem sündigen |165| Verhalten nicht aufhöre. In dem Haus am Lago Trasimeno haben wir uns gegenseitig unsere Lebensgeschichten erzählt. Nicht einer unter uns war ohne Sünde! Ich
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