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Die Huren des Apothekers

Die Huren des Apothekers

Titel: Die Huren des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
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Blick saugte sich an den Sonnenstrahlen fest, die um die
verschlossenen Läden herum eindrangen, woraufhin er jedes Mal Zeit
brauchte, erneut die dunklen Umrisse der Möbel zu erkennen.
    »Ich brauche niemanden«, versicherte die Elße
ihm immer wieder. Er hatte der Edlen aus dem Herrenhaus versprochen,
sich um die Dunkelhaarige zu kümmern und vorerst Ruhe zu bewahren,
trotzdem fraß die Unrast ihn auf.
    Obwohl die Frau in dieser Nacht wohl genauso wenig
Schlaf abbekommen hatte wie er, werkelte sie geschäftig herum,
machte sich nützlich, obwohl sie kein Licht anzünden sollte.
Mittlerweile waren Spinnen und Ungeziefer vor die Tür verbannt, die
Laken von den Möbeln genommen und die alte Asche aus dem Ofen
gekehrt, die Stube müsste blitzen vor Sauberkeit – wenn es genug
Licht dazu gäbe. Eine kleine Handpumpe am Spülstein und ein
praktischer Abfluss verhinderten, dass Elße für ihre Arbeit ständig
das Gesindehaus verlassen musste, trotzdem fürchtete Frank
Entdeckung. Er würde die Läden nicht öffnen, so gerne er es auch
täte. Wie unwahrscheinlich es auch war, dass jemand in diese
abgelegene Ecke des Gartens kam, er wollte jede Gefahr ausschließen.
    »Iss etwas«, drängte die Frau ihn und hielt
eine flache Holzschüssel vor seine Nase. Das duftete besser als
alles, was er die letzten Monate angeboten bekommen hatte, und
wischte die schlechte Laune von seinem Gesicht.
    »Was ist das?«, fragte er verwundert. War denn
die Hütte nicht schon seit Jahren verlassen?
    »Ich habe etwas Korn in einem Tonkrug gefunden
und gemahlen, dazu Kräuter vom Wegesrand.«
    Ja, er erinnerte sich, dass sie Grünes in der
Hand gehalten hatte, als sie vom Ausleeren des Kehrichteimers
zurückgekommen war. Was genau sie geschafft hatte in der Zeit, in
der er auf und ab gewandert war, daran konnte er sich nicht erinnern.
Doch auf jeden Fall verwendete sie ihre Zeit sinnvoller als er. Als
sie seine Aufmerksamkeit bemerkte, stellte sie die Schüssel auf den
Tisch und legte ihm einen Holzlöffel daneben. Plötzlich knurrte
sein Magen und er setzte sich zu seiner Mahlzeit. Schon der Duft der
Suppe ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen und er löffelte
sie gierig. »Köstlich«, lobte er und hielt ihr die Schüssel hin,
damit sie aus einem Topf nachfüllte. Sein Blick fiel auf den Herd.
»Ist es klug? Das Feuer meine ich.«
    Sie zuckte die Achseln, setzte sich ihm gegenüber
und schenkte auch sich einen Teller voll. »Das Holz lag seit Jahren
neben der Feuerstelle. Es ist so knochentrocken, dass es rauchlos und
rasend brennt, sogar kaum Asche hinterlässt. Schau, es erlischt
schon.«
    Er bedauerte, nicht noch mehr Wärme ins Haus
lassen zu dürfen. Doch sie sollten es nicht übertreiben. Wenn es
ihnen kalt wurde, konnten sie sich zur Not die Decken überlegen, die
vorher die Möbel geschützt hatten.
    »Woher kannst du so gut kochen?«
    Sie lächelte wehmütig. »Die letzten Jahre
mussten meine Mutter und ich lernen, mit Wenigem auszukommen. Das
hinderte uns nicht, das Beste daraus zu machen. Eine schmackhafte
Mahlzeit weckt die Lebensgeister und bringt die Körpersäfte ins
Gleichgewicht. Leib und Seele werden erquickt.«
    Der Blick aus ihren schönen Augen weckte eine
Menge Fragen in ihm. Nein, sie sah nicht aus wie eine Hure, besonders
seit sie aus einer der Truhen ein Kleid gezogen hatte und nicht mehr
bleich wie ein Gespenst herumlief. Er betrachtete ihre Füße. Wie
tüchtig sie war! In der kurzen Zeit hatte sie aus Lumpen Pantoffeln
gefertigt, die dazu auch noch hübsch aussahen. Es regte sich Respekt
in ihm. »Wo kommst du eigentlich her?«
    Zauberhafte Röte zog über ihr Gesicht, als sie
ihre traurige Geschichte erzählte. Keine Frage, die Unruhen und der
Krieg hatten viele zwielichtige Gestalten auf die Straßen getrieben
und Elßes Schicksal unterschied sich nicht von dem vieler anderer
Frauen, die letztendlich unter seinen Händen gelandet waren. Nur im
Unterschied zu diesen hatte sie sich wohl noch keines Verbrechens
schuldig gemacht. Frank spürte, wie sein Herz sich ihr mit einem
Schwall Wärme zuwandte. Er mochte sie mehr, als er wollte.
    Betreten schaute er zur Seite. Gestern erst hatte
er erfahren, dass seine Geliebte ermordet im Nachbarhaus lag, ihre
Leiche geschändet, ihrem ungeborenen Kind unsägliche Grausamkeiten
angetan. Vor Raserei hätte er am liebsten die Einrichtung des
Häusles zerschlagen, dann aber nur hilflos immer wieder mit der
Faust gegen die Türbalken geschlagen, bis sie blutete. Und

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