Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Huren des Apothekers

Die Huren des Apothekers

Titel: Die Huren des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
Vom Netzwerk:
Verbrechen bezeichnen, das Mutter und Kind
gleichermaßen ermordete?
    »Herrin, du hättest noch schlafen sollen«,
sagte Trine und legte Luzia sanft die Hand auf die Schulter. »Die
freudige Zeit kostet Kraft, da wird das Aufstehen morgens oft schwer.
Plagt dich die Übelkeit? Oder hat dich das Spektakel vom Nachbarhaus
geweckt?«
    »Spektakel?«, fragte Luzia nach.
    Behäbig nahm Trine auf der Bank neben ihr Platz
und ordnete ihre Röcke. »Na, als die Frau Mechthild in aller Frühe
mit ihrem Kutscher so laut kreischte, dass alle Weiber auf dem
Anwesen sich um sie herum scharten und aufgeregt schnatterten wie die
Erpel im Entenhaus! Woraufhin sie noch viel lauter brüllte und alle
ins Haus verbannte. Was ihre Wut aber nicht minderte, weil sie
weiterhin ihren Knecht beschimpfte, bis dieser sich herumdrehte und
dickschädelig in den Wald rannte. Mich wundert’s nicht, nach dem,
was Jungfer Magdalene über die Kutschfahrt zum Richtsberg erzählte.
Lieber kreuche ich den Abhang auf Händen und Knien herab, als mich
von diesem Jerg kutschieren zu lassen.«
    »Den Jerg hat sie ausgeschimpft?«, erkundigte
sich Luzia mit einem unschuldigen Augenaufschlag und tunkte einen
Brocken Brot in den Kaffee.
    »Nicht, dass ich gelauscht hätte«, beteuerte
Trine genauso scheinheilig, »aber mir kam’s vor, als habe er
gestohlen.«
    »Sag!«, kommentierte Luzia.
    »Einen Schmuck. Am meisten hat sie sich
aufgeregt, die saubere Frau Nachbarin, wie er davongestapft ist und
sie allein vor der Kutsche stand. Dann endlich erschien auch ihr
Gemahl, sprang um sie herum wie ein Rumpelstilz und hieß endlich
einen anderen Knecht, den Ottin, auf dem Kutschbock sitzen. Hochnäsig
wie eine Königin fuhr sie dann ab.«
    Vor Schadenfreude musste Luzia grinsen und
versteckte es hinter ihrer Kaffeetasse. Kleinliche Rache, aber
wenigstens ein Nadelstich statt der gerechten Strafe für ihre
Untaten. So mancher unzufriedene Geselle hatte seine Herren für
Weniger dem Henker geliefert. Dass Jerg schnurstracks zum Richter
lief, konnte sie wohl nicht erwarten, aber auch kleine Pflastersteine
führten in die Hölle.
    »Wohin war sie denn unterwegs, die Nachbarin?«
    »Zum Fürstabt Johann Friedrich von Schwalbach in
Fulda. Das versicherte sie mehrfach, schon vor dem Streit und auch
hinterher, stolz wie grüne Seife. Dem Ottin musste sie mehrmals den
Weg beschreiben und er jammerte gotterbärmlich, dass er für den
langen Weg keine Zehrung dabei habe und auf dem Kutschbock verhungern
würde. Sie maßregelte ihn, er solle dankbar sein, drei Tage von
den ratschenden Weibern wegzufahren. Erst in Fulda angekommen, würde
sie einkehren und er sich am Bier schadlos halten. Das war ihm Grund
genug, seinen Widerstand aufzugeben.«
    »Drei Tage«, murmelte Luzia. »Und wer führt
drüben die Aufsicht?«
    »Na, der ehrenwerte Herr Apotheker persönlich!
Und schon sei eine der Frauen weggelaufen, erfuhr Rosa.«
    Die Dienstmagd sah bei Erwähnung ihres Namens auf
und nickte zustimmend. »Bei Nacht einfach fortgerannt, nicht einmal
ihre Schuhe habe sie mitgenommen. Frau Mechthild verbot den Knechten,
sie zu suchen, da sie noch keinen Ersatz für Endres habe und nach
ihrer Abreise jeder ein Auge auf die Übriggebliebenen werfen müsse.«
    »Wer ist Endres?«, erkundigte Luzia sich.
    »Einer der Knechte, wohl der schlimmste«, wusste
Rosa. »Auch unversehens fortgelaufen, wie man sagt.«
    »Na, ob da kein Zusammenhang besteht?«, mischte
sich Nesse ein und lachte, wobei sie mit einem großen Kochlöffel in
einem Topf rührte und aromatische Dämpfe aufsteigen ließ.
    Luzia verbarg ihr Erschrecken und schnupperte.
»Das riecht gut. Was soll es geben?«
    »Waldpilzsuppe. Kurz nach Morgengrauen brachte
eine Holzfällersfrau einen schönen Korb voll Braunkappen. Ich
schlage sie durch ein Sieb, gebe etwas Speck dazu und reichlich
Petersilie aus dem Garten. Mit einem Löffel Schmand wird die Suppe
dem Herrn Doktor Farbe auf die Wangen zaubern! Und auch dir, Herrin,
schadet’s nicht.«
    Allein der Duft beruhigte Luzias rebellierenden
Magen. Womöglich sollte sie doch ihre Meinung über Pilze
überdenken. Mit neuem Appetit biss sie in ihr Brot und fühlte es
den Geschmack von Säure aus ihrem Hals verdrängen. Allmählich
weckte der Kaffee ihre Lebensgeister. »Ich freu mich drauf«, konnte
sie der Köchin mit einem ehrlichen Lächeln versichern.
    ---
    Wie ein Wolf im Zwinger trabte Frank in der Hütte
auf und ab. Die Finsternis machte ihm zu schaffen, regte ihn auf.
Sein

Weitere Kostenlose Bücher