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Die Huren des Apothekers

Die Huren des Apothekers

Titel: Die Huren des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
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hatte die Bettvorhänge offengelassen und durch die Ritzen der Läden drang so blendender Sonnenschein herein, dass es schon bald Mittag sein durfte.
    Ihre Füße trafen auf die Filzpantoffeln des Landgrafen, die er auch jedem seiner Schreiber vermachte. Eine Berührung des Holzbodens mit dem großen Zeh überzeugte Luzia, dass der liebe Mann damit eine gute Idee hatte. Wenn die Dielen hier schon solche Kälte ausstrahlten, musste der Steinboden im Schloss Füße gefrieren lassen. Noch ein Punkt, in dem sie dieses Haus dem Stadthaus der Familie vorzog: Dort gab es Fliesen im Schlafzimmer.
    Luzia schlüpfte in die Schlappen und schlurfte zur Waschschüssel. Mit hundekaltem Wasser wischte sie den Schlaf aus den Augen und wurde wach. Wer hatte jemals das Gerücht in die Welt gesetzt, Wein sei gesund?
    Nachdem Luzia sich in ihr Oberkleid gehüllt hatte, wickelte sie ein Brusttuch dicht um den Körper. Gegen das über Nacht ausgekühlte Schlafzimmer wirkte das Treppenhaus geradezu heimelig, aber Wärme spürte sie erst in der Küche. Trine saß mit drei Mägden am Esstisch und hackte Gemüse, während Nesse in einem dampfenden Kessel rührte. Nach einem langen Blick auf Luzia stand Trine auf, ging zum Herd und schenkte aus einer blechernen Kanne in eine Steinguttasse ein, die sie Luzia reichte. Ein Schnuppern bestätigte ihr, dass sie Kaffee enthielt.
    »Danke, Trine, das tut gut«, sagte sie nach dem ersten Schluck. Tatsächlich klärte sich ihr Kopf.
    Nesse streichelte sanft über ihre Schulter. »Herrin, in dieser Zeit solltest du Wein und Bier nur in Maßen zu dir nehmen.«
    »Wahrlich«, bestätigte Trine. »Meine Schwester sagte auch, dass sie in der frohen Zeit nicht viel vertrug. Möchtest du etwas essen, Herrin?«
    Das Kopfschütteln rief ein Stechen hinter ihren Augen hervor. Luzia nahm neben den Mägden Platz und betrachtete, was sie putzten. »Pastinaken? Wo kommen die her?«
    Trine deutete durch das kleine Küchenfenster neben der Hintertür. »Die Frauen von der Nachbarin fanden sie im Garten. Der Turmwächter wird sie angesät haben. ‘s gibt ein schönes Wurzelgemüse.«
    »Was suchte denn der alte Mann in Frau Mechthilds Garten?«
    Die Mägde steckten den Kopf zusammen und kicherten, bis Trine Luzia aufklärte. »Herrin, Frau Mechthild hat uns heute fünf Mädchen geschickt, die unseren Garten auf den Winter vorbereiten sollen. Sie schneiden die Kräuter herunter und jäten die Beete. Das wurde lange nicht gemacht, nur der Turmwärter hatte ein Eckchen für seinen Bedarf angelegt. Seit er nach Marburg zurückgekehrt ist, kümmerte sich niemand mehr darum.«
    So langsam wirkte der Kaffee, Luzia erinnerte sich. »Ach ja, Jungfer Magdalene sagte es, und dass wir die Türen geschlossen halten sollen. Sind die Weiber so arg?«
    Eine der Mägde, Rosa aus Afföllerbach, senkte den Kopf tief über den Tisch und murmelte in sich hinein.
    »Was sagst du, Rosa?«, rief Trine laut.
    Rosa lief knallrot an, hob aber ihren Blick zu der Kammerfrau und sprach nun deutlicher. »Jede kann in diese Lage kommen. So manche wird nicht fähig sein, sich eines Mannsbilds zu erwehren, andere werden verleugnet oder vom Unglück heimgesucht. Da will ich nicht den Stab brechen über die Frauen dort draußen.«
    Neben ihr Martha, eine der Mägde aus Marburg, nickte. »So geschah es jüngst einer Buchbinderstochter. Ihr Verlobter nahm zum Abschied, bevor er ins Feld ging, was sie nicht freiwillig hergeben wollte. Als die Folgen unübersehbar wurden, ging sie zu Frau Mechthild.«
    Zustimmendes Schweigen folgte. Luzia trank einen großen Schluck Kaffee und stellte die Tasse zwischen die Wurzeln ab. »Also tut die Nachbarin ihren Schutzbefohlenen Unrecht, wenn sie alle als Huren bezeichnet?«
    »Sicherlich.« Diesmal war es Trine, deren Wangen sich röteten. »Nicht jeder besitzt die Mittel, eine Feierlichkeit zu bezahlen. Es darf zwar nicht mehr sein, dass man ein Jawort ohne Pfarrer gibt, aber gerade auf dem Land wird oft noch die Ehe im Winkel geschlossen … so wie ich es mit dem Meinen tat, bevor er … Wir leben in Kriegszeiten – oft ist da der Bräutigam über alle Berge und das arme Mädchen kann nicht nachweisen, sich im guten Glauben hingegeben zu haben.«
    »Oder es wird ihr tatsächlich Gewalt angetan«, stimmte Rosa zu.
    Nachdenklich nickte Luzia. Wie bemerkenswert, dass sie nicht eine Sekunde an der Meinung der Nachbarin gezweifelt hatte! Nun, so ganz stimmte das nicht. Luzia waren schon Ungereimtheiten aufgefallen, aber

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