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Die Huren des Apothekers

Die Huren des Apothekers

Titel: Die Huren des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
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Brunnen strahlten eisige Kälte aus und Frank fühlte jede Pore der weichen Haut unter dem dünnen Hemd. So durfte er sie nicht dort ablegen. Sorgfältig den klammen Leib der Frau balancierend zog er sich den Mantel aus und breitete ihn mit einer Hand auf dem Podest aus, bevor er sie sanft darauf bettete. Nicht lange dauerte die Bewusstlosigkeit, bald hob sie ihre Hand zur Stirn und schlug die Augen auf.
    »Gott sei Dank«, murmelte sie, als ihre Blicke sich trafen.
    Verwirrt schüttelte Frank den Kopf, sie schloss die Lider und entspannte ihre verkrampften Muskeln. Ihr Atem wurde ruhig und sie sah aus, als ob sie schlafen würde. Dies nutzte er aus, ihre Gestalt zu betrachten. Schon gestern hatte er bemerkt, wie wunderschön sie war. Heute bedeckte das zarte Leinen ihre Konturen, aber das erhöhte nur den Reiz ihrer Weiblichkeit. Die Brustspitzen hoben sich deutlich ab und unterhalb des geschwollenen Leibes schimmerte das dunkle Vlies ihrer Scham durch den Stoff. Kein Wunder, dass der erschlagene Unhold sich diese Eine für seine Begierden ausgewählt hatte. Selbst in Frank regte sich etwas, obwohl er doch an anderes denken sollte. Er wandte seinen Blick von den langen, schlanken Beinen und blieb an den schwarzen Wimpern hängen. Sie schimmerten im Licht des Mondes wie Seide, genau wie das Haupthaar, das in sanften Locken über ihre Schultern fiel. Nein, so sah keine Hure aus. Auch das zarte Leinen, das ihren Körper bedeckte, stammte nicht aus einer Bauernkate. Wenn jemand das beurteilen konnte, dann Frank, der in seinem Leben schon mehr wenig bekleidete Weiber gesehen hatte, als er sich wünschte. Ein jedes Mal, wenn eine Delinquentin zur Tortur geführt wurde, war es seine erste Aufgabe, sie auszuziehen. Dass auch teure Kleider dabei zerrissen, gehörte zur peinlichen Befragung, denn das zeigte den Beschuldigten frühzeitig, dass mit ihren Körpern genauso umgegangen werden sollte wie mit ihrer Kleidung. Manche gestanden schon, wenn die ersten Nähte knackten.
    Nein, Frank durfte auf gar keinen Fall von dieser Frau denken wie von einer Angeklagten. Weshalb sie sich in die Obhut Mechthilds begeben hatte, wusste er nicht, wollte auch nicht darüber mutmaßen. Sogar mittellose Witwen und unschuldig Verarmte waren manchmal gezwungen, sich einer solchen Institution anzuvertrauen, obwohl ihre Leibesfrucht aus keiner Sünde hervorgegangen war. Oder nur einer lässlichen Sünde. Der Gedanke an Bärbel ließ sein Herz schmerzhaft springen.
    Wenn er dieser Frau half, kümmerte sich vielleicht gerade in diesem Augenblick jemand um seine Bärbel.
    Erneut schlug sie die Augen auf. »Wie sehr hoffte ich, dich heute wiederzusehen«, murmelte sie.
    An Franks stützendem Arm richtete sie sich auf und fürsorglich legte er den Mantel um ihre Schultern. Eindringlich näherte sie sich seinem Gesicht. »Es gehen schreckliche Dinge vor sich in diesem Haus!«
    Das bestätigte Franks schlimmste Befürchtungen. Er schluckte. »Was … was hat man meiner Bärbel angetan?«
    »Von Bärbel weiß ich nichts. Wer über sie redet, wird bestraft. Meine Freundin Jonata …« Sie holte tief Luft und ließ ihre Hand auf das Herz sinken, dann schauerte sie zusammen und zog den warmen Stoff des Mantels dichter um sich. Tränen sammelten sich in den wunderschönen blauen Augen. »Sie fragte nach und verschwand.« Wie ein Platzregen ergossen sich die Tränen über ihre rosigen Wangen, ihr Körper schüttelte sich unter ihrem Schluchzen. Sie schlug die Hände vor die Augen, keuchte auf, aber das Weinen beherrschte sie so sehr, dass sie nicht aufhören konnte. Unbeholfen strich Frank ihr über den Rücken, überrascht, dass sie sich gegen ihn sinken ließ und seinen Brustkorb mit festem Griff umfing. Die Nässe ihrer Tränen durchtränkte sein Hemd und die Kälte der Nacht zog in seine Muskeln, aber wichtiger war ihm, sie zu trösten. Zaghaft erwiderte er ihre Umarmung, stützte ihren Rücken und hielt sie aufrecht.
    Schließlich ließ sie ihn los, wischte sich über die Augen, vergebens, denn die Tränen liefen weiterhin ungebremst. »Verzeih mir«, hauchte sie, nur um wieder laut aufzuschluchzen. Es dauerte noch eine Weile, bis sie verständlich sprechen konnte. »Es ist sonst so gar nicht meine Art, vergib mir.«
    Er brummelte etwas Unverständliches vor sich hin und schob sie sanft ein Stück von sich, noch immer darauf bedacht, dass sie nicht in sich zusammenfiel.
    »Die letzten Wochen … es war so schwer, so … demütigend. Und jetzt das – ich

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