Die Huren des Apothekers
vermeinte, ersticken zu müssen. Und noch immer keuchte der Vergewaltiger seine Lust heraus.
Der übermächtige Impuls, vehement den Deckel aufzureißen und schreiend aus dieser Gruft zu rennen, überkam Luzia. Wie sollte sie das länger aushalten? Nicht einmal die Hände vor die Ohren legen konnte sie, dazu war der Kasten zu eng. Sie presste den Mund an den Riss im Deckel und sog Luft in ihre Lungen. Das spröde Holz stach in ihre Lippen und sie begrüßte den Schmerz, der sie aus ihrer Panik holte. Nein, sie musste sich um ihr eigenes Wohl keine Gedanken machen, der Riss durchzog fast den gesamten Deckel und ließ genügend Luft hindurch, dass sie frei atmen konnte. Nur ihre Phantasie quälte sie, gab ihr das Gefühl, die Besinnung zu verlieren. Gerade jetzt wäre es ihr ganz recht, nichts mehr von ihrer Umgebung mitzubekommen. Noch immer gab sich der bestialische Kutscher seiner verbrecherischen Leidenschaft hin. Immer wieder stöhnte die arme Frau auf, einmal schrie sie, wurde allerdings durch ein dumpfes Klatschen erneut zum Schweigen gebracht.
Jetzt schluchzte sie nur noch herzzerreißend, bis Luzia selbst die Tränen ihre Wangen herunterlaufen fühlte. Anscheinend hatte das Scheusal seine Befriedigung erreicht, denn als Luzia wieder die Lider öffnete, sah sie nur noch die Nackte in ihren Fesseln stehen, den Kopf in den Nacken gelegt presste sie die Lippen aufeinander. Blutige Bissmale auf ihren Brüsten und ein anschwellendes Auge bewiesen, dass der Verkehr nicht ihrem Wohlbefinden gedient hatte.
Wie konnte die Mechthild so etwas vor ihren Augen geschehen lassen? Luzia wandte den Kopf so weit wie möglich, um sie zu betrachten. Die Apothekerin stützte die Ellenbogen auf das Pult, beugte sich weit vor und ließ mit verzücktem Gesichtsausdruck die Zunge heraushängen, während von hinten ihr Gemahl unter ihren Röcken fuhrwerkte. So heiß strömte Luzia das Blut in die Wangen, dass sie fürchtete, sie würden bald platzen wie Bratäpfel. Pfui Teufel! Noch mehr als die primitiven Triebe des Knechts empörte sie die Geilheit dieser Person, die nach außen hin ihre Tugend wie einen Schild vor sich hertrug! Wie konnte sie sich am Leid ihres Schützlings auch noch ergötzen?
Auf dem Antlitz des Apothekers schien eine Teufelsmaske zu sitzen, so sehr unterschied sich seine Miene von der, die er zum Festmahl getragen hatte. Boshaftigkeit und Wollust spiegelten sich im höchsten Maße darin wider. So also sahen die wahren Gesichter ihrer Nachbarn aus!
Ein ums andere Mal verfluchte Luzia ihre Idee, unbedingt Mumien sehen zu müssen. Davon hatte sie mittlerweile für den Rest ihres Lebens genug. Wenn sie doch nur von hier fliehen könnte!
Der Knecht war fertig und band seine Beinkleider wieder zu. Warum ging er nicht einfach und nahm seine saubere Herrschaft dabei gleich mit?
Als er sich umdrehte, trat der Apotheker einen Schritt von seiner Frau weg und ließ ihre Röcke fallen, während Mechthild die Maske der Rechtschaffenheit aufsetzte.
»Tu endlich deine Arbeit«, fuhr Henslin den Knecht an. »Hol sie raus und häng sie auf!«
Luzias Rückenhaut zog sich zusammen, als ob sie im eisigen Zug stünde, dabei vermeinte sie gleichzeitig an der heißen Luft im Kasten zu ersticken. Aufhängen? Wollten diese Teufel wirklich die Schwangere aufhängen? Luzias Hände ballten sich, wollten unbedingt den Deckel zur Seite schmettern, ihre Füße bewegten sich, um in den Raum hineinzuplatzen, ihre Arme zuckten danach, ein Schwert zu schwingen wie ein Racheengel und unter Getöse und Gebrüll unter die Dämonen zu fahren, aber dann verschlang sie ihre Finger ineinander, verkrampfte sie und biss sich auf die Lippen, um nur keinen Laut herauszulassen. Nicht sie allein stand unter Todesgefahr, sie trug ein Leben unter ihrem Herzen, das sie mit aller Macht beschützen musste. Sie konnte nichts gegen Jerg und das Apothekerehepaar ausrichten. Es gab für sie nicht einmal die Hoffnung, in ihrem Rücken ungesehen aus der Gruft herauszuschleichen. Dazu befand sie sich zu nahe am Geschehen. Dauernd blickte einer von ihnen zu ihr hin, musste unweigerlich jede ihrer Bewegungen sehen. Wieder presste sie die Lider aufeinander, doch als eine Kette quietschte, ließ die Neugier sie wieder hinschauen.
Jerg strengte sich mit schwellenden Muskeln an, eine über ein an der Decke befestigtes Rad gelegte Kette aus dem Wasser zu ziehen. Daran, dass er mehrere Längen dazu brauchte, erkannte Luzia, wie tief der unterirdische Tümpel tatsächlich
Weitere Kostenlose Bücher