Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Huren des Apothekers

Die Huren des Apothekers

Titel: Die Huren des Apothekers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stöckler
Vom Netzwerk:
jedoch, als ich endlich da war, redete sie mit mir über nichts anderes. Wie stattlich ihr Bezwinger gewesen sei, wie er sie sich gefügig gemacht habe mit Koseworten und Getändel, wie er ihren letzten Widerstand mit schierer Muskelkraft gebrochen habe, ohne ihr auch nur einen blauen Flecken beizubringen. Liebe nannte sie es!« Wieder das grässliche Lachen, das mehr dem Meckern einer Ziege ähnelte. »Er müsse sie geliebt haben, dass er nur ihrer körperlichen Reize wegen den Wagen angehalten habe, denn ein jeder Räuber hätte sehen können, dass nur Grünzeug darauf lag. Glaubst du das auch?«
    Eingeschüchtert schüttelte die Frau den Kopf, dann nickte sie, aber es schien Henslin völlig egal zu sein, was sie dachte, denn er fuhr sogleich mit seiner Erzählung fort.
    »Als ich schon ein Jahr in der Lehre bei einem Kräuterhändler war, erzählte sie mir endlich die volle Wahrheit, denn sie bekam gerade von einem fahrenden Händler geschildert, wie ihr Geliebter endlich gefasst und hingerichtet worden war. Sie nannte mir seinen Namen: Peter Nirsch.«
    Luzia sog scharf die Luft ein. Der Name sagte ihr etwas. Und auch der Frau auf der Brücke schien er kein Unbekannter zu sein, denn sie hob ihren Kopf und starrte Henslin mit weit aufgerissenen Augen an. Peter Nirsch! Mehr als fünfhundert Menschen hatte er gemordet, was noch über zwei Jahrzehnte nach seiner grausamen Hinrichtung Stoff genug für hundert Moritaten bildete.
    »Er schloss einen Pakt mit dem Teufel, der ihm verriet, wie er als vielfacher Mörder und Räuber unbehelligt bleiben konnte. Wenn er sich daran gehalten hätte, würde er noch immer durch die Lande ziehen, rauben und morden, wie es ihm gefiel. Weißt du, welche Anleitung er befolgte?«
    Die Nackte regte sich nicht, bis Henslin sie mit der Rute anstupste. Sofort beeilte sie sich, heftig den Kopf zu schütteln.
    »Sein Rezept machte ihn unverwundbar. Niemand erkannte ihn, auch wenn er ihn beim Morden beobachtet hatte und gleich darauf neben ihm im Wirtshaus saß. Er aß das Herz eines ungeborenen Kindes.«
    Luzia blieb die Luft weg. Ihr Herz begann zu schlagen, als ob es aus ihrem Brustkorb fliehen wolle. Ihr wurde schwarz vor Augen und sie musste alle Beherrschung aufbringen, dass sie nicht in dem Kasten zusammenfiel und durch die Tür vor Henslins Füße kippte. Grundgütiger Gott und alle Heiligen, das durfte nicht wahr sein! Als sie hier eingedrungen war, hatte sie eine miese Gaunerei erwartet, aber dass sie es hier mit Hexerei zu tun bekam, mit schwarzer Magie der schlimmsten Art, damit hatte sie nicht gerechnet. Wäre sie doch niemals hierhergekommen!
    In aller Seelenruhe drehte Henslin sich herum und griff nach dem Messer, mit dem seine Gattin die Mumienbinden aufgeschnitten hatte. Er trat vor die gefesselte Frau. Sie begann zu kreischen. Luzia biss sich auf die Lippen, um nicht laut loszubrüllen. Wie vorhin wollte sie die Lider zusammenpressen, aber die grausige Szene ließ sie nicht los, sie musste hinschauen, jede Einzelheit in sich aufsaugen. Von unten stieß Henslin das Messer in den Leib der Frau, zog es nach oben. Das Schreien ließ nicht nach, die Nackte riss an ihren Fesseln, wand sich, versuchte zu entkommen. Ein Schwall Blut klatschte auf den Holzboden unter ihr. Henslin kniete sich hin. Luzia dankte Gott dafür, dass er mit seinem Körper verdeckte, was er dort tat. Die Geräusche reichten ihr, dass sie für den Rest ihres Lebens genug für Alpträume erfuhr. Über das infernalische Gebrüll der Mutter hinweg hörte sie Knirschen und Schmatzen, von dem sie nicht wissen wollte, was es hervorrief.
    Jetzt , konnte sie nur denken. Er ist abgelenkt! Mit bebenden Fingern griff sie nach dem Steg, mit dem sie den Deckel des Mumienkastens hinter sich zugezogen hatte, und drückte. Wenn sie, während er sich seinem Laster hingab, forthuschen konnte, wenn sie floh … Der Deckel klemmte. Luzia lehnte ihr gesamtes Körpergewicht dagegen, doch er rührte sich nicht. Nur kein Geräusch! Mit aller Behutsamkeit, die sie trotz der Hektik aufbringen konnte, presste und ruckte sie – vergebens.
    Auf einmal hielt sie inne. Henslin drehte sich herum. Er hat mich gehört! Stocksteif und mit angehaltenem Atem wartete sie darauf, dass er sich aufrichtete, zum Kasten trat, den Deckel herunterriss und sie herauszerrte.
    Doch er blickte an ihr vorbei. In seinen Händen hielt er einen blutigen Brocken. Luzia weigerte sich zu erkennen, worum es sich dabei handelte. Er stand auf und warf ihn hinter

Weitere Kostenlose Bücher