Die Huren des Apothekers
Arm gepackt. Elße schrie und wand sich, um freizukommen, aber sein Griff löste sich nicht, wurde im Gegenteil so hart, dass sie nicht mehr vor Entsetzen, sondern vor Schmerz schrie. Wollte er ihr die Hand brechen? Warum nicht, davor schreckte jemand wie er sicher nicht zurück. Und was würde er noch mit ihr tun? Panisch schlug Elße um sich, bis er sie mit einem festen Ruck zu sich zog und mit beiden Armen umschlang, dass sie sich kaum noch bewegen konnte. Trotzdem trat sie noch mit den Füßen um sich und brüllte aus Leibeskräften.
Ein scharfer Schmerz riss ihr Gesicht herum. Contz stand mit breitem Grinsen neben Jerg. Auch er hier? Aber er sollte doch in der Stadt bleiben! Ihr Plan war gescheitert. Verzweifelt wand sich Elße in dem starken Griff Jergs. Contz hob die Hand, um ihr eine zweite Ohrfeige zu verpassen. »Schlag sie lahm, dass sie nicht mehr kreuchen kann«, sagte er. »Es brennt. Darum müssen wir uns zuerst kümmern.«
Contz drehte sich herum und stapfte auf den Anbau zu. Elße sank zusammen. Es hatte ja doch keinen Zweck! Sie war geflohen und aus lauter Dummheit zurückgekehrt. Dummheit gehörte bestraft, und genau das würden die beiden ausgiebig tun, sowie sie erkannt hatten, dass sie nichts mehr im Anbau retten konnten. Denn daran bestand kein Zweifel. Die Mengen Qualm aus dem Keller zeigten, dass mehr brannte als nur ein Wandbehang.
Jerg stieß sie zu Boden und holte mit dem Stiefel aus. Elße krümmte sich zusammen und schlang die Arme um die Knie, damit sie ihren Bauch schützte. Nur noch ein Wimmern drang aus ihrem Mund. Sie wappnete sich gegen den kommenden Schmerz, wenn Jergs Tritt ihren Rücken traf, aber er kam nicht. Verblüfft hob sie den Kopf und sah Jerg hinterher, wie er auf den Anbau zurannte. Aus der Qualmwolke, die durch die Tür quoll, taumelte eine Gestalt heraus. Frank! Er strauchelte auf der ersten Treppenstufe in den Garten herunter und fiel auf Knie und Hände. Husten schüttelte seinen Rücken.
Elße rappelte sich auf und rannte Jerg hinterher. Warum tat sie das nur? Konnte Frank sich nicht selbst verteidigen? Jerg und Contz waren kräftige Kerle, aber gegen Frank hatten sie selbst gemeinsam keine guten Aussichten. Während sie diese Überlegungen anstellte, hatte Jerg die Gestalt Franks erreicht. Ein Fußtritt schleuderte Franks Kopf mit solcher Gewalt in den Nacken, dass sein Oberkörper folgte und er auf dem Rücken landete. Entsetzt riss Elße die Hände vor den Mund. Warum wehrte er sich nicht? Warum wohl! Er kam aus dem Keller, in dem allerlei Gifte lagen. Wenn die in Brand gerieten, betäubten sie jeden, der sich diesem Dunst aussetzte. Ein Wunder, dass Frank überhaupt die Kraft gefunden hatte, noch aus dem Haus zu gelangen!
In diesem Augenblick erkannte Elße, wie unvernünftig sie erneut handelte. Sie hätte die Möglichkeit zur Flucht nutzen sollen. Nach einer kurzen Begutachtung des niedergeschlagenen Mannes drehten Jerg und Contz sich gemeinsam Elße zu. Halbherzig wandte sie sich rückwärts, aber sie hatte zu viel gewagt, befand sich schon in Reichweite der Knechte. Ein trockenes Schluchzen schüttelte ihren Körper, als sich Jergs Hand wieder um ihren Arm schloss. Contz trat vor, griff nach ihrem Gesicht und umfasste ihre Kiefer so, dass sie den Mund öffnen musste. Gleich presste er seine Lippen auf ihre und seine andere Hand riss am Mieder. Jerg kommentierte es mit einem dreckigen Lachen. Er stellte sich hinter sie und umklammerte jetzt ihre beiden Arme. »Ist das dein Stecher?«, raunte er in ihr Ohr. »Hat er den Keller angezündet? Büßen werdet ihr es beide! Du wirst dir wünschen, nie geboren worden zu sein.«
Der faulige Speichel des Knechts lief in Elßes Mund und sie wollte sich übergeben. Hilfesuchend rollten ihre Augen herum. Aus dem Wald sah sie eine Bewegung. Es kam doch nicht etwa die gute Frau Luzia auch noch herbei? Die Knechte würden keine Rücksicht nehmen und auch der Nachbarin ein Leid antun. Angestrengt wand Elße sich im Griff, doch die beiden Männer belustigten sich nur darüber. Auf einmal sah Contz hoch.
»Die Herrin«, sagte er und deutete auf den Zugangsweg. Weiterhin hielt er Elßes Gesicht fest, sodass sie nicht hinter sich blicken konnte, aber sie spürte, wie Jerg sich umwandte. Pferdegetrappel kam näher. Das musste die Kutsche mit Mechthild sein. Warum kam sie so früh wieder?
»Was, zum Teufel, ist hier los?«, hörte sie schon von Weitem Mechthild kreischen. Das Pferd stöhnte auf, mit Quietschen und Knarzen
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