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Die Hurenkönigin und der Venusorden

Die Hurenkönigin und der Venusorden

Titel: Die Hurenkönigin und der Venusorden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Neeb
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stimmten ihrem Vorschlag zu, und sie betraten das Gasthaus »Zum Geistpförtchen«, das unweit des gleichnamigen Durchgangs zum Mainkai lag.
    Die kleine Schenke war gut besucht. In der Hauptsache waren es Fuhrknechte, Handwerksgesellen und Tagelöhner, die an den einfachen Holztischen ihren Feierabendschoppen tranken und sich mit Karten- oder Würfelspiel die Zeit vertrieben.
    Als die Hübscherinnen an die Theke traten, beim Wirt Bier und Kohleintopf bestellten und sich im Gastraum nach freien Plätzen umsahen, waren von allen Seiten Pfiffe und laute Rufe zu vernehmen. Die raubeinigen Männer luden die Huren mit teils recht derben und anzüglichen Bemerkungen ein, sich zu ihnen an den Tisch zu gesellen.
    »Na, ein kleines Zubrot wäre ja nicht schlecht, wo doch Karwoche ist und wir geschlossen haben …«, zischte Irmelin ihren Gefährtinnen zu, ließ sich mit heiserem Lachen an der Seite eines breitschultrigen Burschen nieder, der gute zwanzig Jahre jünger war als sie, und fing sofort an, mit ihm zu schäkern. Auch die rote Mäu und die Jennischen Marie reihten sich in die feuchtfröhliche Runde ein und fanden rasch ihre Galane.
    Das Bier und der Branntwein flossen in Strömen, die Würfelbecher schepperten, und die Hübscherinnen waren bald ähnlich angetrunken wie ihre Verehrer.
    Irmelin, die inzwischen auf dem Schoß des jungen Fuhrknechts saß und es kichernd zuließ, dass seine Finger unter ihre Röcke wanderten, stellte routiniert fest, dass es allmählich an der Zeit war, dem Freier Erleichterung zu verschaffen.
    »Komm, mein Süßer, lass uns rausgehen«, flüsterte sie ihm ins Ohr. Dann fasste sie ihn an der Hand und zog ihn zum Ausgang.
    Als sie draußen waren, besann sich Irmelin sogleich auf das Geschäftliche. »Drei Heller, mein Kleiner, weil du so süß bist …«, raunte sie dem Freier zu, wohl wissend, dass es außerhalb der schützenden Mauern des Frauenhauses klüger war, vorab zu kassieren.
    »Ich dachte, du machst es mir umsonst – wo du doch nicht mehr die Jüngste bist«, maulte der Fuhrknecht unwirsch.
    »Umsonst ist der Tod«, gab Irmelin derb zurück. »Auch wenn ich nicht mehr ganz frisch bin, mein Jüngelchen, so läuft’s bei mir doch noch wie geschmiert …«
    Der Fuhrknecht musste unwillkürlich grinsen. »Den Eindruck habe ich auch«, erwiderte er trocken und nestelte schließlich die Münzen aus der Tasche, die Irmelin sofort im Ausschnitt ihres Mieders verschwinden ließ. Dann schlug sie vor, hinunter ans Geistpförtchen zu gehen.
    Unter dem langgezogenen Gewölbe des Torbogens war es stockfinster und roch scharf nach Urin und Mäusekot. Irmelin lehnte sich ans Mauerwerk und lüftete einladend die Röcke.

    In panischer Flucht vor der mordlüsternen jungen Frau war Ursel unversehens am Mainufer angelangt. Der Fluss dehnte sich vor ihr wie ein gähnender schwarzer Abgrund, eine unendliche Tiefe, in der Wahngestalten lauerten – und hinter ihr hörte sie bereits die leichten, schnellen Schritte ihrer Verfolgerin.
    Sie will mich ins Wasser treiben! Mit dem letzten Rest an klarem Verstand wurde der Hurenkönigin bewusst, dass es keinen Ausweg mehr für sie gab. Der Fluss barg keine Rettung für sie, denn sie konnte nicht schwimmen und würde elend ertrinken.
    Mit einem Mal spürte Ursel eine mächtige Wut in sich aufsteigen. Nein! Sie würde sich von der Teufelin nicht widerstandslos in den Tod treiben lassen!
    Die Hurenkönigin fuhr herum, stieß einen wilden Kampfesschrei aus und stürzte wie eine Furie auf ihre Widersacherin zu. Die von grauen Nebelschleiern umhüllte dunkle Gestalt hob drohend den Dolch, schien vor Ursel aufzuragen und immer weiter gen Himmel zu wachsen …
    Als sie ihr ins Gesicht blickte und das bleiche Antlitz von der jungen Hübscherin erkannte, überkam sie wie ein Schlag die überwältigende Erkenntnis, dass es niemand anderes war als Irene, die sie in ihren Wahnvorstellungen für die Königin der Schatten gehalten hatte – und ihr Zorn steigerte sich ins Bodenlose.
    »Mich kriegst du nicht, du Scheusal!«, schrie die Hurenkönigin mit sich überschlagender Stimme. Sie sprang auf Irene zu und versuchte ihr den Dolch zu entwinden. Verbissen rangen die beiden miteinander, und dabei näherten sie sich immer mehr dem Mainufer. Wut und Verzweiflung verliehen Ursel ungeheure Kräfte, und obgleich Irene das Messer mit eisernem Griff umklammert hielt, geriet sie doch kurzzeitig ins Straucheln. Im nächsten Moment aber bäumte sie sich mit solcher Gewalt gegen die

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