Die Hyäne
Der Schalter war mit einem Dimmer versehen, und das rötliche Licht strömte aus den Leuchten an der Wand. Sie fielen aus dem Rahmen, denn sie sahen aus wie Masken. Wahrscheinlich waren es sogar Masken, denn das rötliche Licht drang aus Augenhöhlen und Mundlöchern und schien sich behäbig im Zimmer zu verteilen.
Ein Raum, in dem die Farbe Schwarz vorherrschte. Von den Möbeln bis zur Bettwäsche war alles schwarz, allerdings in unterschiedlichen Schattierungen.
Nur der graue Schirm der Glotze fiel aus dem Rahmen. Selbst die Bilder an den Wänden zeigten düstere Motive. Ich schaute sie mir genauer an.
Schreckliche Gestalten tummelten sich dort in einem wahren Inferno des Grauens. Es gab keine schaurige Szene, die ausgelassen worden wäre.
Das waren gemalte Alpträume, die nicht nur Kinder erschrecken konnten. Das andere Thema: weibliche Körper, die sich mit irgendwelchen finsteren Gestalten paarten oder von ihnen umgebracht wurden.
Glenda Perkins schüttelte den Kopf. Sie war ein wenig blaß um die Nase geworden. »Was geht im Hirn eines Menschen vor, der sich in einem derartigen Zimmer wohl fühlen kann?«
»Wir werden ihn fragen.« Neben dem Schreibtisch war ich stehengeblieben. Mein Blick glitt über die Platte hinweg. Mir fiel das Bild eines jungen Mannes auf. Ich glaubte nicht, daß es Jason Flatt war. Der junge Mann stand vor einem düsteren Hintergrund und hielt den rechten Arm ausgestreckt. Ich hob den Rahmen an und betrachtete ihn aus der Nähe.
Der düstere Hintergrund war ein Friedhof.
Glenda war zu mir gekommen. »Ich denke, daß es Collin de Baker ist, John.«
»Das glaube ich auch.«
Glenda schüttelte den Kopf. »Wie kann man nur so etwas fotografieren? Da, er steht in einem Pentagramm.«
Um das Pentagramm herum verteilten sich tote Tiere. Katzen und Hunde. Sie alle waren geköpft worden und ausgeblutet.
»Die Hyäne«, murmelte ich.
»Was sagst du?«
Ich winkte ab. »Ist schon gut. Dieser Collin de Baker muß genau gewußt haben, welchen Weg er ging. Und er scheint mir nicht gerade unglücklich gewesen zu sein, wenn du dir sein Gesicht anschaust. Er lächelt sogar. Wie jemand, der sich auf seinen Tod freut.«
»Oder auf den Teufel.«
»Richtig.« Ich stellte das Bild wieder an seinen Platz und wollte mich den Schubladen des dunklen Schreibtisches widmen. Vergebene Liebesmüh, denn sie waren verschlossen, und aufbrechen wollte ich sie nicht.
»Laß uns verschwinden«, schlug Glenda vor.
Ich war einverstanden. Als ich die Zimmertür wieder schloß, atmete Glenda auf. »Ich habe mich selten so unwohl gefühlt wie hier«, flüsterte sie. Dabei bewegte sich ihre Hand, als wollte sie nach etwas fühlen, das unsichtbar in der Luft lag. »Das war kein Spiel, John. Hattest du nicht auch den Eindruck, daß es echt sein könnte?«
»Sicher. Dafür sprechen auch der Selbstmord und die Rückkehr als Hyäne. Mal sehen, was uns Jason Flatt zu sagen hat.«
»Jedenfalls glaube ich, daß er so etwas wie der Anführer oder der Chef der Truppe ist.«
»Wir werden ihn fragen. Außerdem wollte ich sowieso noch tanken.«
Bevor wir die Wohnung verließen, schauten wir noch bei Mr. Flatt vorbei.
Er lag auf seiner Couch und sah fern. Dabei amüsierte er sich köstlich über das, was man ihm als Serie ins Wohnzimmer schickte.
»Wir gehen dann jetzt!« rief ich ihm zu.
»Ja, ist gut.«
»Diese Ruhe möchte ich auch mal haben«, sagte Glenda, wobei sie noch den Kopf schüttelte. »Na ja, jeder Mensch ist eben anders.«
Da hatte sie ein wahres Wort gelassen ausgesprochen. Der modrige Geruch klebte mir noch immer in der Nase. Es stellte sich wirklich die Frage, ob Jason Flatt Besuch von einem ›Toten‹ bekommen oder diesen Gestank auf andere Weise verbreitet hatte. Einem Typen, der so lebte, traute ich letztendlich alles zu.
Draußen war die Luft frischer, trotz der zahlreichen Abgase. Die Helligkeit des Tages neigte sich dem Ende zu. Die meisten Autos fuhren mit Licht, und auch hinter manchen Fenstern war es hell geworden.
Die ersten Schatten der Dämmerung krochen in die Straßenschlucht wie lange Finger, als wollte das Böse aus dem Zimmer die gesamte Umgebung hier unter Kontrolle bekommen.
Auf düstere Vorahnungen hörte ich nicht, denn ich mußte meinen Job tun. Hier aber spürte ich schon ein gewisses Kribbeln, und ich ging davon aus, daß noch einiges auf uns zukam.
Zunächst war es die Hostess, die sich uns näherte. Sie reckte ihr Kinn vor, das vom dunklen Riemen der Mütze umspannt
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