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Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 01 - Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Erschaffung der Höchsten Intelligenz?«
    »Das weiß ich nicht, Brawne. Vor acht Standardjahrhunderten, zu Beginn des Ersten Informationszeitalters, schrieb ein Mann namens Norbert Wiener: ›Kann Gott ein bedeutsames Spiel mit seinen eigenen Geschöpfen spielen? Kann irgendein Schöpfer, und sei es ein begrenzter, ein bedeutsames Spiel mit seinen Geschöpfen spielen?‹ Mit ihren ersten KIs hat die Menschheit sich unzureichend darum gekümmert. Der Core bemüht sich mit seinen Wiederauferstehungsprojekten darum. Vielleicht wurde das UI-Projekt abgeschlossen und dies alles bleibt eine Funktion des Höchsten Geschöpfs/Schöpfers, einer Persönlichkeit, deren Motive sich dem Verständnis des Core ebenso entziehen wie die des Core dem der Menschen.«
    Ich wollte durch das dunkle Zimmer gehen, stieß mit dem Knie gegen ein niedriges Tischchen und blieb stehen. »Aber das verrät uns alles nicht, wer versucht, Sie zu töten«, sagte ich.
    »Nein.« Johnny stand auf und ging zur Wand gegenüber. Ein Streichholz leuchtete auf, als er eine Kerze anzündete. Unsere Schatten tanzten an Wänden und Decke.
    Johnny kam näher und hielt mich sanft an den Oberarmen. Das trübe Licht malte seine Locken und Wimpern kupferfarben und betonte die Wangenknochen und das markante Kinn. »Warum bist du so hart?« fragte er.
    Ich sah ihn an. Sein Gesicht war nur Zentimeter von meinem entfernt. Wir waren gleich groß. »Laß los«, sagte ich.
    Stattdessen beugte er sich nach vorne und küßte mich.
    Seine Lippen waren weich und warm, und der Kuß schien Stunden zu dauern. Er ist eine Maschine, dachte ich. Menschlich, aber eine Maschine. Ich schloß die Augen. Seine sanften Hände berührten meine Wangen, meinen Hals, den Hinterkopf.
    »Hör mal ...«, flüsterte ich, als wir uns für einen Moment voneinander lösten.
    Johnny ließ mich nicht zu Ende sprechen. Er hob mich auf die Arme und trug mich ins Nebenzimmer. Zum großen Bett. Der dicken Matratze und den weichen Kissen. Das Kerzenlicht im anderen Zimmer flackerte und tanzte, während wir uns plötzlich begierig gegenseitig auszogen.
    Wir schliefen in dieser Nacht dreimal miteinander, und jedesmal reagierten wir auf die langsamen, süßen Befehle von Berührung, Wärme und Nähe und der zunehmenden Intensität der Gefühle. Ich weiß noch, wie ich beim zweiten Mal auf ihn hinuntersah. Ich ritt ihn; er hatte die Augen geschlossen, das Haar hing ihm in die Stirn und im Kerzenschein waren seine gerötete blasse Brust, die überraschend kräftigen Arme und die Hände zu sehen, die mich festhielten. In diesem Moment hatte er die Augen aufgemacht, um mich auch anzusehen, und ich erblickte nur die Emotionen und die Leidenschaft des Augenblicks, die sich darin spiegelten.
    Irgendwann vor der Dämmerung schliefen wir ein, und kurz bevor ich eindöste, spürte ich die kühle Berührung seiner Hand auf der Hüfte – eine Bewegung, die beschützend und beiläufig wirkte, ohne besitzergreifend zu sein.
     
    Sie griffen uns kurz nach der Dämmerung an. Sie waren fünf, keine Lusianer, aber muskulös, ausnahmslos Männer, und als Team arbeiteten sie perfekt zusammen.
    Ich hörte sie zuerst, als die Wohnungstür aufgestoßen wurde. Ich rollte mich aus dem Bett, lief zur Seite der Schlafzimmertür und beobachtete, wie sie eindrangen. Johnny richtete sich auf und rief etwas, als der erste Mann einen Schocker anlegte. Johnny hatte Baumwollshorts angezogen, ehe er eingeschlafen war; ich war nackt. Es gibt echte Nachteile, wenn man nackt gegen Gegner kämpfen muß, die angezogen sind, aber das größte Problem ist psychologischer Art. Wenn man in der Lage ist, das Gefühl größerer Verwundbarkeit zu überwinden, kann man den Rest mit Leichtigkeit kompensieren.
    Der erste Mann sah mich, beschloß dennoch, Johnny zu schocken, und mußte für seinen Fehler bezahlen. Ich kickte ihm die Waffe aus der Hand und streckte ihn mit einem Fausthieb hinter das linke Ohr nieder. Zwei weitere Männer drängten ins Zimmer. Diese beiden waren klug genug, sich erst um mich zu kümmern. Die beiden anderen sprangen in Johnnys Richtung.
    Ich blockte einen Hieb mit ausgestreckten Fingern ab, parierte einen Fußtritt, der echt schlimm gewesen wäre, und wich zurück. Links von mir stand eine hohe Kommode, deren oberste Schublade mühelos herausglitt. Der große Mann vor mir schirmte das Gesicht mit beiden Armen ab, so daß das dicke Holz splitterte, aber die instinktive Geste verschaffte mir kurz eine Lücke in seiner Deckung,

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