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Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion

Titel: Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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er, »aber es ist meine Muse.«
    Lamia seufzte, blickte blinzelnd zur Sonne, die bereits den Bergen entgegensank und dann zum Tal zurück, von wo sie gekommen waren. »Kehren Sie um«, sagte sie leise. »Ins Tal.« Sie zögerte einen Augenblick lang. »Ich gehe mit Ihnen und breche dann noch einmal auf.«
    Silenus lächelte mit rissigen Lippen. »Weshalb zurück? – Um mit den drei anderen alten Männern Cribbage zu spielen, bis unser Monsterchen kommt und uns aufwischt? Nein, danke, lieber ruhe ich hier eine Weile aus und arbeite. Gehen Sie weiter, Frau. Sie können mehr tragen als drei Dichter.« Er mühte sich aus den leeren Rucksäcken und Feldflaschen und gab sie ihr.
    Lamia hielt das Durcheinander von Gurten in einer Faust, die so kurz und hart wie ein Stahlhammer war. »Sind Sie sicher? Wir könnten langsamer gehen.«
    Er mühte sich auf die Beine, da ihm einen Augenblick die nackte Wut über ihr Mitleid und ihre Herablassung erboste. »Hol dich der Teufel, und dein Pferd, auf dem du hergeritten bist, Ulsian. Falls Sie es vergessen haben, Sinn der Pilgerfahrt war es, hierher zu kommen und den Shrike zu besuchen. Ihr Freund Hoyt hat das nicht vergessen. Kassad hatte das Spiel verstanden. Das elende Shrike kaut wahrscheinlich in diesem Augenblick auf seinen dummen Soldatenknochen herum. Es würde mich nicht überraschen, wenn die drei Daheimgebliebenen jetzt schon kein Essen und Wasser mehr brauchen würden. Gehen Sie. Los doch, ziehen Sie Leine! Ich kann Ihre Gegenwart nicht mehr ertragen!«
    Brawne Lamia blieb noch einen Moment lang geduckt stehen und sah zu ihm auf, wie er über ihr aufragte. Dann stand sie auf, berührte ihn kurz an der Schulter, schwang Rucksäcke und Flaschen auf den Rücken und lief so schnell davon, daß er nicht einmal in seiner Jugend mit ihr hätte Schritt halten können. »Ich komme in ein paar Stunden wieder hier vorbei«, rief sie, ohne sich zu ihm umzudrehen. »Seien Sie hier an diesem Stadtrand. Wir kehren gemeinsam zu den Gräbern zurück.«
    Martin Silenus sagte nichts, während er sah, wie sie kleiner wurde und schließlich im unebenen Gelände im Südwesten verschwand. Die Berge flimmerten in der Hitze. Er sah nach unten und stellte fest, daß sie ihm die Wasserflasche gelassen hatte. Er spie aus, hob die Flasche auf und schritt den wartenden Schatten der toten Stadt entgegen.
     

20
     
    Duré brach fast zusammen, während sie die beiden letzten Rationen zu Mittag aßen; Sol und der Konsul trugen ihn die breite Treppe der Sphinx hinauf in den Schatten. Das Gesicht des Priesters war so weiß wie sein Haar.
    Er versuchte zu lächeln, als Sol ihm eine Wasserflasche an die Lippen hielt. »Sie scheinen die Tatsache meiner Wiederauferstehung allesamt ziemlich leicht zu nehmen«, sagte er und wischte sich die Mundwinkel mit einem Finger ab.
    Der Konsul lehnte sich an die Steinmauer der Sphinx zurück. »Ich habe die Kruziformen an Hoyt gesehen. Dieselben, die Sie jetzt tragen.«
    »Und ich habe seine Geschichte geglaubt ... Ihre Geschichte«, sagte Sol. Er reichte dem Konsul das Wasser weiter.
    Duré griff sich an die Stirn. »Ich habe die Komlogdisks angehört. Die Geschichten, einschließlich meiner eigenen, sind ... unglaublich.«
    »Haben Sie Zweifel an einer?« fragte der Konsul.
    »Nein. Die Herausforderung besteht ja gerade darin, den Sinn in ihnen zu sehen. Das gemeinsame Element zu erkennen ... den Zusammenhang zu finden.«
    Sol hob Rachel an die Brust, wiegte sie sanft und hielt ihr mit der Hand den Hinterkopf. »Muß es denn einen Zusammenhang geben? Abgesehen vom Shrike?«
    »O ja«, sagte Duré. Seine Wangen bekamen wieder ein wenig Farbe. »Diese Pilgerfahrt ist kein Zufall. Und daß die Wahl auf Sie gefallen ist, auch nicht.«
    »Verschiedene Elemente hatten ein Wörtchen mitzureden, als die Teilnehmer an der Pilgerfahrt ausgesucht wurden«, sagte der Konsul. »Die KI-Berater, der Senat der Hegemonie, sogar die Kirche des Shrike.«
    Duré schüttelte den Kopf. »Ja, aber nur eine führende Intelligenz hat die Auswahl bestimmt, meine Freunde.«
    Sol beugte sich näher zu ihm. »Gott?«
    »Vielleicht«, sagte Duré lächelnd, »aber ich habe mehr an den Core gedacht ... die Künstlichen Intelligenzen, die sich den ganzen Verlauf der Ereignisse hindurch so geheimnisvoll benommen haben.«
    Das Baby gab leises Maunzen von sich. Sol holte ihm einen Schnuller und stellte das Komlog an seinem Handgelenk auf seine Herztöne ein. Das Kind ballte einmal die Faust, dann

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