Die Hyperion-Gesänge 02 - Der Sturz von Hyperion
die die machina sucht, um ihren persönlichen deus zu befreien. Sie, Sol, der darauf wartet, dass der dunkle deus das schreckliche Problem Ihrer Tochter löst. Der von Maschinen erzeugte Core, der seinen eigenen deus bauen möchte.«
Der Konsul rückte die Sonnenbrille zurecht. »Und Sie, Pater?«
Duré schüttelte den Kopf. »Ich warte darauf, daß die größte machina von allen ihren deus produziert – das Universum. Wie sehr beruhen meine Zweifel an St. Teilhard darauf, daß ich keine Spur eines lebenden Schöpfers in der modernen Welt finden konnte? Ich bin wie die Intelligenzen des TechnoCore und versuche zu bauen, was ich anderswo nicht finden kann.«
Sol sah zum Himmel. »Welchen deus suchen die Ousters?«
Der Konsul antwortete. »Sie sind wahrhaftig von Hyperion besessen. Sie glauben, daß dies die Geburtsstätte einer neuen Hoffnung für die Menschheit sein wird.«
»Wir sollten lieber wieder nach unten gehen«, sagte Sol, der Rachel vor der Sonne schützte. »Brawne und Martin müßten vor dem Abendessen wieder hier sein.«
Aber sie kehrten nicht zum Abendessen zurück. Und bei Sonnenuntergang war immer noch keine Spur von ihnen zu sehen. Der Konsul ging stündlich zum Eingang des Tals, kletterte auf einen Felsen und suchte nach Bewegungen in den Dünen und dem Geröllfeld. Er sah keine. Der Konsul wünschte sich, Kassad hätte eines seiner Verstärkerferngläser dagelassen.
Noch bevor der Himmel die Farbe der Dämmerung annahm, kündeten Lichtexplosionen am Zenit von der anhaltenden Schlacht im Weltraum. Die drei Männer saßen auf der obersten Treppenstufe in der Sphinx und betrachteten das Lichterspektakel – langsame Explosionen in grellstem Weiß, dunkelrote Blüten, und plötzliche orangefarbene und grüne Streifen, die Nachbilder auf der Netzhaut hinterließen.
»Was meinen Sie, wer gewinnt?« fragte Sol.
Der Konsul sah nicht auf. »Das ist unwichtig. Glauben Sie, wir sollten heute nacht nicht in der Sphinx schlafen?
In einem der anderen Gräber warten?«
»Ich kann die Sphinx nicht verlassen«, sagte Sol. »Aber Sie können gerne gehen.«
Duré berührte das Baby an der Wange. Dieses bearbeitete den Schnuller, die Wange bewegte sich unter Durés Finger. »Wie alt ist sie jetzt, Sol?«
»Zwei Tage. Fast genau. Sie würde auf diesem Längengrad etwa fünfzehn Minuten nach Sonnenuntergang, Hyperion-Zeit, geboren worden sein.«
»Ich gehe rauf, zum letzten Mal nachsehen«, sagte der Konsul. »Dann müssen wir ein Leuchtfeuer oder so etwas entfachen, das ihnen hilft, den Rückweg zu finden.«
Der Konsul war die Hälfte der Stufen zum Weg hinuntergegangen, als Sol aufstand und mit dem Finger deutete. Nicht zum Ende des Tals, das im schrägen Sonnenschein leuchtete, sondern in die andere Richtung, in den Schatten des Tales selbst.
Der Konsul blieb stehen, die beiden anderen Männer gesellten sich zu ihm. Der Konsul griff in die Tasche und holte den kleinen Nervenschocker heraus, den Kassad ihm vor einigen Tagen gegeben hatte. Da Lamia und Kassad fort waren, war dies ihre einzige Waffe.
»Sehen Sie?« flüsterte Sol.
Die Gestalt bewegte sich in der Dunkelheit hinter dem schwachen Leuchten des Jadegrabs. Sie sah nicht so groß aus wie das Shrike und bewegte sich auch nicht so schnell; sie ging merkwürdig voran ... langsam, blieb manchmal für einen Augenblick stehen, winkte.
Pater Duré sah über die Schulter zum Eingang des Tals, dann wieder zurück. »Könnte Martin Silenus das Tal in dieser Richtung betreten haben?«
»Nur wenn er die Felswände heruntergesprungen ist«, flüsterte der Konsul. »Oder wenn er einen Umweg von acht Klicks nach Nordosten gemacht hat. Außerdem ist er zu groß für Silenus.«
Die Gestalt verharrte wieder, winkte und fiel hin. Aus mehr als hundert Meter Entfernung sah sie wie ein flacher Felsbrocken auf dem Talboden aus.
»Kommt!« sagte der Konsul.
Sie liefen nicht. Der Konsul ging voran die Treppe hinunter, hielt den Schocker ausgestreckt und hatte ihn auf zwanzig Meter eingestellt, obwohl er wußte, die Schockwirkung würde auf diese Entfernung minimal sein. Pater Duré folgte ihm dichtauf und hielt Sols Kind, während der Gelehrte nach einem kleinen Stein suchte.
»David und Goliath?« fragte Duré, als Sol mit einem handtellergroßen Felsstück zurückkam, das er in die Fiberplastikschlinge legte, die er am Nachmittag aus einer Verpackung geschnitten hatte.
Das sonnenverbrannte Gesicht des Gelehrten über dem Bart wurde dunkler. »So ähnlich.
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