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Die Inquisition - Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit

Die Inquisition - Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit

Titel: Die Inquisition - Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Generalinquisitor von Frankreich, Guillaume Imbert, der König Philipp IV. von Frankreich im September 1307 die Verhaftung der Tempelritter befahl und der die ersten Schritte der Untersuchung vornahm. Der Dominikaner war persönlicher Beichtvater des Königs und hatte seine Position allein Philipp zu verdanken – ein idealer Strohmann des Herrschers für dessen Vorgehen gegen die Templer. Beim Verfahren ging Philipp jedoch kein Risiko ein: Weltliche Kommissare unterwarfen die Tempelritter nach ihrer Verhaftung einer rechtswidrigen Voruntersuchung einschließlich schwerster Folter und machten sie damit gefügig. Die Inquisition als «Dienerin der Staatsgewalt» (Heinrich Finke): Eindeutig verletzte diese Rollenverteilung die Prärogative der kirchlichenGerichtsbarkeit. Nicht umsonst rügte Papst Clemens V. das Vorgehen scharf und bestrafte die Kollaboration Imberts mit der weltlichen Macht, indem er ihn vorübergehend vom Amt suspendierte. Auf die Dauer jedoch mußte der machtpolitisch unterlegene römische Bischof einlenken. Trotzdem spielte die Inquisition beim weiteren Fortgang der Ereignisse keine Rolle mehr, die Schlüsselpositionen in der Untersuchungskommission wurden seit Mitte 1308 von Bischöfen besetzt, die dem Monarchen ergeben waren.
    Politische Motive dominieren auch im Verfahren gegen Jeanne d’Arc. 1429 hatte die Jungfrau die englische Belagerung der Stadt Orléans gesprengt und den trägen König Karl VII. zur Königskrönung und Salbung nach Reims geführt. Am 24. Mai 1430 wurde sie vor Compiègne von den Feinden gefangengenommen, im Januar 1431 stand sie in Rouen vor Gericht. Dabei handelte es sich um ein politisches Verfahren reinster Güte, mit dem die burgundisch-englische Partei den von ihr nicht anerkannten Karl VII. und die Partei der Armagnacen (Orléans) diskreditieren wollte. Anders als oft behauptet, kam der päpstlichen Inquisition hier neben Bischöfen und Vertretern der Pariser Universität nur eine Statistenrolle zu. Der gegen Jeanne geführte Prozeß endete mit dem üblichen Verdikt über rückfällige Ketzer: Tod auf dem Scheiterhaufen. Mit dessen Vollstreckung aber war das juristische Kapitel noch nicht abgeschlossen. Seit 1449 kam stotternd ein Revisions- und Rehabilitationsprozeß der Pucelle in Gang, der die formale Unzulässigkeit der Verurteilung feststellen sollte. Auch dies war ein politischer Prozeß, der Karl VII. von dem Vorwurf der Zusammenarbeit mit einer verurteilten Ketzerin und Teufelsdienerin reinwaschen sollte. Mehrere Amtsträger nahmen am Revisionsverfahren im Auftrag des Königs teil, darunter neben Kardinälen und königlichen Räten auch der Inquisitor Jean Bréhal O. P. als die «Seele der Rehabilitation». Nicht immer war das Wirken der Inquisition verderbenbringend.
    Deutschland: Wie in Frankreich Robert le Bougre steht auch in Deutschland eine umstrittene Gestalt am Beginn der Inquisitionsgeschichte:Konrad von Marburg. Redegabe und Askese brachten diesen Weltgeistlichen bei seinen Zeitgenossen in hohes Ansehen, als Beichtvater der früh verstorbenen Landgräfin Elisabeth von Thüringen betrieb er deren Heiligsprechung. 1227 sicherte der Papst Konrad brieflich seine Unterstützung als Ketzerverfolger zu; er benutzte sogar den Begriff
inquisitor
, aber von gerichtlichen Befugnissen war noch nicht die Rede. Erst im Zuge seiner überregionalen Antiketzerkampagne verlieh Papst Gregor IX. Konrad im Oktober 1231 ein nicht näher spezifiziertes
officium
mit Vollmachten zur Ketzeraufspürung. Der Weltkleriker Konrad von Marburg und nicht die wenig später beauftragten Dominikanerinquisitoren (vgl. Kap. III.1) machte in den nächsten beiden Jahren durch unnachgiebigen Verfolgungseifer Furore. Mit seinen beiden Gehilfen, dem Dominikaner Konrad Tors und dem Laien Johannes, forschte er vor allem im Rheinland und in Thüringen nach Waldensern und sogenannten Luziferanern (Katharern). Wohl Hunderte solcher angeblicher Ketzer brachte er auf den Scheiterhaufen. Schnell sah er sich wachsender Kritik ausgesetzt, auch von seiten derjenigen Bischöfe, die ihn anfänglich unterstützt hatten. Als er mit einer gerichtlichen Anklage gegen den einflußreichen Grafen von Sayn scheiterte und einem Verbot des Erzbischofs von Mainz zum Trotz mit einer Kreuzzugspredigt gegen die Ketzer begann, wurde er auf dem Weg nach Marburg samt einem Begleiter erschlagen. Bereits viele Zeitgenossen, darunter der Papst und andere hohe kirchliche Würdenträger, hatten Konrads Vorgehen

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