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Die Inquisition - Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit

Die Inquisition - Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit

Titel: Die Inquisition - Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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der Großstadt Bologna, wo 103 männliche und 37 weibliche Angeklagte vor Gericht gestellt wurden.
    Auch nach dem Verschwinden der Katharer blieb die italienische Halbinsel und insbesondere ihr Norden dasjenige Gebiet in Europa, in dem heterodoxe religiöse Bewegungen (bzw. was von der Orthodoxie als Häresie stigmatisiert wurde) am intensivsten auftraten. Folglich wurde die Inquisition hier keineswegs arbeitslos, auch wenn sich ihre Aktivitäten deutlich abschwächten (was ihr nicht zuletzt finanzielle Probleme eintrug). Im späten 13. und im 14. Jahrhundert brachte die Kombination radikaler Armutsforderungen, die auch bei der Geburt der Bettelorden Pate gestanden hatten, mit mystisch-apokalyptischen Spekulationen im Gefolge des Joachim von Fiore eine Vielzahlketzerischer bzw. verketzerter Gruppierungen hervor, mit denen sich die Inquisition (nicht nur in Italien) auseinanderzusetzen hatte: Joachimiten, franziskanische Spiritualen, Apostelbrüder, Fraticellen u.a. Das vielleicht klarste Profil besaß die norditalienische, radikale Ausprägung der Waldenser, die sogenannten «armen Lombarden». Bereits im 13. Jahrhundert aus den großen Städten verdrängt, blieben sie vor allem in den subalpinen Gebieten Piemonts aktiv. Im Zeitraum zwischen 1312 und 1395 gingen in der Diözese Turin insgesamt dreizehn Inquisitoren gegen über zweihundert waldensische Häretiker vor, von denen 22 zum Tode verurteilt wurden. Trotz allen Eifers ihrer Verfolger überlebte die Bewegung aber bis in die Zeit der Reformation und konnte sich nun mit dem Protestantismus verbinden, vor allem: ihm als Exempel für das Überleben des wahren Glaubens im «dunklen» Mittelalter dienen.
    Frankreich: Gegenüber Südwestfrankreich mit den Tribunalen in Toulouse und Carcassonne im Mittelpunkt nimmt sich die inquisitorische Präsenz im übrigen Frankreich eher bescheiden aus. Seit Mitte des 13. Jahrhunderts war das Königreich in zunächst vier, dann sechs Inquisitionsbezirke unterteilt worden. Im Südosten, von der Provence bis hinein in die Alpen, stellten die Franziskaner die Amtsinhaber, in den übrigen französischen Regionen die Dominikaner. Diesem Orden gehörte auch der Pariser Amtsinhaber an, der phasenweise – wie etwa Guillaume Imbert 1307 – den Titel eines Generalinquisitors für ganz Frankreich führte. Eine strikte Weisungsbefugnis gegenüber seinen Kollegen in der Provinz darf man aus diesem Titel allerdings nicht ableiten. Überhaupt zeugen vielfach nur gelegentliche Namenserwähnungen in päpstlichen Schreiben von der Existenz der Inquisition abseits der Brennpunkte der Ketzerverfolgung. So haben vor allem einige öffentlichkeitswirksame Strafverfahren, an denen die Inquisition beteiligt war, die Aufmerksamkeit der Historiographie auf sich gezogen. Dazu zählt das große Strafspektakel im Mai 1239 in Mont Aimé (Champagne), bei dem in Anwesenheit des Königs von Navarra, des Grafen der Champagne und von nicht weniger als 16 Bischöfen180 Katharer verbrannt worden sein sollen. Es bildete den Höhepunkt der Verfolgungskampagnen des dominikanischen Ketzerverfolgers Robert le Bougre, der 1232/33 seine Tätigkeit als Ketzerverfolger in der Franche-Comté und in La Charité-sur-Loire begann und damit zu den Pionieren der Inquisition gehört. Nach 1244 fiel der Inquisitor, vor dem nach einem wenig später verfaßten Bericht «beinah ganz Frankreich zitterte», in Ungnade und wurde von seinen Mitbrüdern zu ewiger Kerkerhaft bestimmt. Offenbar war Robert persönlich ein fanatischer und wenig ansprechender Zeitgenosse. Die meist später verfaßten Quellen sehen in ihm einen grausamen und korrupten Eiferer, dem viele Unschuldige zum Opfer fielen. Ob seine Prozeßführung tatsächlich irregulär war, ist – ebenso wie bei seinem deutschen Pedant Konrad von Marburg – umstritten.
    Ein gutes halbes Jahrhundert später, ab 1307, kam es zu jenem spektakulären Prozeß, mit dem der französische König Philipp der Schöne die Templer vernichtete. Dieser Ritterorden hatte 1291 mit dem Fall des letzten christlichen Brückenkopfes im Heiligen Land, der Festung Akkon, seinen Gründungszweck verloren. Reich mit Sach- und Geldwerten ausgestattet, war er das Ziel finanzieller Begierde des französischen Königs. Bei Philipp fand ein Denunziant offene Ohren, der die Templer der Ketzerei, nächtlicher Orgien und Abgötterei bezichtigte – das ganze Arsenal von Schauergeschichten, die Ketzern seit langem angehangen wurden. Formal war es nun der

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