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Die Inquisition - Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit

Die Inquisition - Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit

Titel: Die Inquisition - Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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berühmten Gelehrten, sondern auch kleinen Leuten sicherte die Inquisition bisweilen Nachruhm. So hat Carlo Ginzburg aus Domenico Scandella, genannt Menocchio (1532–1599), eine historiographische Berühmtheit gemacht. Dieser Müller mit einem sehr unorthodoxen Weltbild landete 1583 zum ersten Mal vor der Inquisition, wurde zu lebenslangem Gefängnis verurteilt, kam nach drei Jahren frei und wurde schließlich 1599 als rückfälliger Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Seine Ansichten berühren sich in manchem mit denen der Protestanten oder der Widertäufer und spiegeln vielfältige Leseerfahrungen wieder. Dennoch war seine eigenwillige Kosmologie, die etwa die Weltentstehung in Analogie zur Käseproduktion setzt, ganz und gar individuell.
    Der Fall Menocchio spielte in der friaulischen Provinz. Das Netz der Inquisitionstribunale in Italien war wesentlich feiner geknüpft als in Spanien und wurde im Verlauf des 16. Jahrhunderts noch engmaschiger. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts existierten ca. 50 lokale Inquisitionsgerichtshöfe in Nord- und Mittelitalien, die ihren Sitz fast ausschließlich in Bischofsstädten hatten. Auch einige außeritalienische Tribunale wurden 1706 noch zum Zuständigkeitsbereich der Römischen Inquisition gezählt: Zara (Dalmatien); Malta; Carcassonne und Toulouse; Avignon und Besançon; schließlich Köln. Abgesehen von den beiden erstgenannten verweisen diese Ausnahmen aber auf – in der Praxis wenig aktive – mittelalterliche Restbestände und unterstreichen den regional-italienischen Zuschnitt der neuzeitlichen römischen Inquisition. Aber auch auf der Apenninhalbinsel stellte sich die Präsenz der Inquisition höchst unterschiedlich dar. Sizilien als Teil des Königreiches Aragón lag im Machtbereich der Spanischen Inquisition. Politisch zum spanischen Machtbereich gehörten auch das Vizekönigtum Neapel und das Herzogtum Mailand, doch unterstand die kirchliche Inquisition in beiden Gebieten dem Heiligen Offizium. 1563 hatte König Philipp II. nach heftigen Unruhen den Neapolitanern versichern müssen, daß er nicht an die Einführung der Spanischen Inquisition denke (vgl. Kap. VII). Im Norden konzentrierten sich die Tribunale in den oberitalienischen Regionen Piemont, Mailand und Venedig. Nach Süden hin dünnten sie sich aus; so wurde etwa die Republik Genua einschließlich Korsikas nur von einem einzigen Inquisitor betreut. Gerade im Kirchenstaat selbst, wo die Autorität des Papstes über kirchliche und weltliche Instanzen unangefochten war, gab es wenig Inquisitoren.
    Auch an ihren Wirkungsorten konnten die italienischen Inquisitoren nicht überall unangefochten schalten und walten. Zum Teil behielten die Bischöfe eine große Machtfülle. Überdies beanspruchten verschiedene Stadtrepubliken (Lucca, Genua) Kontroll- und Mitspracherechte bei der Ketzerverfolgung in ihrem Gebiet. Heikel waren insbesondere die Beziehungen zwischen Kurie und der Republik Venedig. Bereits vor der Neuformierung der Römischen Inquisition war es immer wieder zum Streit zwischenbischöflichen und päpstlichen Ketzerverfolgern auf der einen, dem venezianischen Staatsrat auf der anderen Seite gekommen. Politische Ängste und Rivalitäten standen bei der Distanz zu Rom Pate, keineswegs Zweifel am religiösen Führungsanspruch des Papstes oder ein Mangel an katholischer Rechtgläubigkeit. Auch wirtschaftliche Erwägungen waren maßgebend: Venedig unterhielt gerade Mitte des 16. Jahrhunderts intensive diplomatische Kontakte zu protestantischen Staaten und verfolgte im Inneren eher eine pragmatische Linie des «durch die Finger Sehens»: Stillschweigend wurden religiöse Minderheiten geduldet, soweit sie nicht weiter auffielen. Nach der Etablierung der Römischen Inquisition wuchs der äußere Druck auf die Serenissima. Der Rat der Zehn reagierte mit der Gründung eigener, weltlicher Gremien zur Bewahrung der Rechtgläubigkeit. Die 1547 geschaffenen
Tre Savi all’Eresia
sollten künftig mit der kirchlichen Inquisition zusammenarbeiten, zugleich aber auch den staatlichen Einfluß sichern. Auch behielt sich der venezianische Staat weithin die Hoheit über die konfiszierten Güter verurteilter Ketzer vor, was die Finanzierung der inquisitorischen Arbeit erschwerte. Trotzdem traten die Konflikte fortan eher in den Hintergrund, gemessen an den überlieferten Verfahren war die venezianische Inquisition einer der aktivsten Ketzergerichtshöfe in Italien.
    Struktur und Verfahren: Die Inquisitoren vor Ort

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