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Die Inquisition - Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit

Die Inquisition - Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit

Titel: Die Inquisition - Ketzerverfolgung in Mittelalter und Neuzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Bücherzensur gegründet, der im übrigen die
Magistri Sacri Palatii
und immer auch ein Inquisitor angehörten. Ab 1590 erschienen unter der Verantwortung dieses Gremiums mehrere Indices, um anschließend gleich wieder suspendiert zu werden. Ursache waren Einsprüche des
Sacrum Officium
, das sich durch die Konkurrenz in ihren Rechten und Privilegien beschnitten sah. Nicht zuletzt unter der Führung starker Persönlichkeiten wie des Kardinals Robert Bellarmin (1542–1621) erstarkte die Indexkongregation am Beginn des 17. Jahrhunderts und erreichte einen modus vivendi mit den Inquisitoren. Kompetenzstreitigkeiten und Unstimmigkeiten zwischen den Hütern des rechten Glaubens blieben jedoch an der Tagesordnung.
    Zentrum und Peripherie: Die obersten Glaubenswächter, die Kardinäle des Sanctum Officium, konnten bei Bedarf jedes Inquisitionsverfahren an sich ziehen, sei es wegen der besonderen Bedeutung des Delikts oder der Person des Angeklagten oder wegen der Komplexität der Angelegenheit. Kein Wunder, daß die spektakulärsten Fälle in Rom, dem damaligen Brennpunkt des intellektuellen, politischen und religiösen Lebens, entschieden wurden. Das Schicksal der Beklagten war dabei höchst unterschiedlich. Der ehemalige Dominikanermönch Giordano Bruno (1548–1600) wurde nach einem achtjährigen Ketzerprozeß am 17. Februar 1600 auf dem römischen Campo dei Fiori als hartnäckiger Ketzer und Verleugner christlicher Grundwahrheiten lebendig auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Zum Verhängnis wurde ihm seine – keineswegs in allen Punkten klare – Kosmologie, deren Postulat von einer universellen Weltseele z.B. als Zweifel an der katholischen Trinitätslehre aufgefaßt werden konnte, und seine Kritik an der Kurie und am Heiligenkult. Daß die Inquisitoren mit ihren langwierigen Bemühungen scheiterten, ihn zu einem öffentlichen Widerruf zu bewegen, mußten sie nach eigenem Selbstverständnis als Niederlage empfinden. Bessere Erfahrungen mit der römischen Inquisition machte der Kalabreser Thomas Campanella (1568–1639), auch er ein Dominikanermönch. 1599 in Neapel angeblich an einem gescheiterten Aufstandsversuch gegen die Spanier beteiligt, drohte ihm als Hochverräter der sichere Tod; von der Inquisition angeklagt, wurde er dann aber als Ketzer zu lebenslanger Haft verurteilt. In der Haft durfte er lesen und schreiben sowie weitverzweigte Korrespondenzen pflegen; hier entstand seine berühmteste Schrift, die Utopie vom Sonnenstaat. Schließlich war es mit Urban VIII. ein Papst, der ihm die Freiheit schenkte.
    Bereits 1622 war Campanella in einer Verteidigungsschrift für das bis heute prominenteste Inquisitionsopfer eingetreten, für Galileo Galilei (1564–1642). In Gegenwart des Papstes Urban VIII. schwor Galilei am 22. Juni 1633 der kopernikanischen Lehre während der ordentlichen Mittwochssitzung des Tribunals der Kardinalinquisitoren ab. Dabei kniete der Philosoph, Hofmathematiker und Astronom des Großherzogs der Toskana, dieeine Hand auf die Heilige Schrift gelegt, in der anderen eine brennende Kerze. Er wurde zu einer Buße und zu lebenslanger Haft verurteilt, die schließlich in einen milden Hausarrest umgewandelt wurde. Gründe und Hintergründe des Galilei-Prozesses sind kompliziert. Eindeutige Frontlinien jedenfalls nach dem Muster: hie die reaktionär-verblendete Kirche unter Führung der Inquisition, dort die mutigen Männer der weltlichen Wissenschaft, hat die neuere Forschung nachhaltig in Frage gestellt. Lange Jahre hielt Kardinal Barberini, der nachmalige Papst Urban VIII., die schützende Hand über den Gelehrten, ebenso wie Kardinalinquisitor Robert Bellarmin, der 1616 ein erstes Verfahren gegen Galileo behutsam und pragmatisch zu Ende führte. Zwar galt das heliozentrische System fortan als häretisch, jedoch durfte die kopernikanische Lehre im astronomischen Diskurs der Gelehrten als fiktive Hypothese weiter benutzt werden. Erst die Nichtbeachtung dieser Regel führte dazu, daß Galileo von seinen Feinden erfolgreich erneut vor die Inquisition gebracht werden konnte. Nach einer Hypothese von Redondi diente dieses zweite Verfahren jedoch dazu, von bedrohlicheren Vorwürfen gegen den Gelehrten abzulenken. Die Abschwörungssentenz wurde jedenfalls an alle Nuntien und Inquisitoren verschickt, um Mathematiker und Philosophen mit diesem warnenden Beispiel bekannt zu machen – eine Maßnahme, die durchaus zur Verbreitung des inkriminierten Weltbildes beigetragen haben kann.
    Nicht nur

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