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Die Insel der besonderen Kinder

Die Insel der besonderen Kinder

Titel: Die Insel der besonderen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ransom Riggs
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»Er würde uns in Stücke schießen!«
    Millard kletterte wieder auf das Wrack. »Er kann nichts erschießen, was er nicht sieht. Ich werde gehen.«
    »Im Meer bist du nicht unsichtbar, du Dummerchen«, sagte Emma, und sie hatte recht. Da, wo er stand, gab es einen Hohlraum im Wasser.
    »Mehr als ihr«, erwiderte Millard. »Ich bin ihm den ganzen Weg über die Insel gefolgt, und er hat nichts gemerkt. Da werde ich es wohl noch ein paar hundert Meter weiter schaffen.«
    Dem war schwer zu widersprechen, zumal sich unsere Möglichkeiten ansonsten darauf beschränkten, aufzugeben oder in einen Kugelhagel zu laufen.
    »Also gut«, sagte Emma. »Wenn du glaubst, dass du es schaffen kannst?«
    »Einer muss ja den Helden spielen«, antwortete er und marschierte über das Wrack zum anderen Ende.
    »Berühmte letzte Worte«, murmelte ich und sah, wie sich Golan hinkniete, den Arm auf ein Geländer stützte und anlegte.
    »Pass auf!«, schrie ich, aber es war zu spät.
    Ein Schuss hallte durch die Luft. Millard schrie auf. Wir kletterten alle auf das Wrack und liefen zu ihm. Ich war beinahe sicher, getroffen zu werden, und hielt jedes Platschen unserer Füße für eine Kugel. Aber es fielen keine Schüsse mehr – vermutlich muss er nachladen, dachte ich. Das verschaffte uns ein wenig Luft.
    Millard kniete benommen im Wasser, Blut lief über seinen Oberkörper. Zum ersten Mal sah ich die Umrisse seines Körpers, rot gefärbt.
    Emma ergriff seinen Arm. »Millard! Alles okay? Sag etwas!«
    »Leider nicht«, sagte er. »Ich bin getroffen worden.«
    »Wir müssen die Blutung stoppen!«, rief Emma. »Wir müssen ihn zurück ans Ufer bringen.«
    »Unsinn«, erwiderte Millard. »Der Bursche wird euch nie wieder so nahe herankommen lassen. Wenn wir jetzt umkehren, ist Miss Peregrine verloren.«
    Erneut fielen Schüsse. Eine Kugel streifte mein Ohr.
    »Hier entlang!«, rief Emma. »Tauchen!«
    Zuerst wusste ich nicht, was sie meinte. Wir waren gut dreißig Meter vom Rand des Wracks entfernt – aber dann erkannte ich, worauf sie zulief. Es war die Luke zum Frachtraum.
    Bronwyn und ich nahmen Millard zwischen uns und folgten Emma. Ringsum schlugen Kugeln dumpf auf Metall. Es klang, als würde jemand gegen einen Blecheimer treten.
    »Luft anhalten«, sagte ich zu Millard, als wir mit den Füßen voran eintauchten.
    Wir ließen uns an der Leiter hinunter und verharrten dann. Ich wollte die Augen offen halten, aber das Salzwasser brannte zu sehr.
    Emma reichte mir den Luftschlauch, und dann wechselten wir vier uns ab. Ich war vom Rennen außer Atem. Meine Lunge schmerzte, und der kurze Atemzug, den ich alle paar Sekunden tun konnte, reichte nicht. Mir wurde schwindelig.
    Jemand zupfte an meinem T-Shirt.
Komm nach oben.
Langsam zog ich mich an der Leiter hoch. Bronwyn, Emma und ich hielten unsere Köpfe nur so weit über Wasser, dass wir atmen und reden konnten, während Millard den Luftschlauch für sich allein hatte.
    Wir flüsterten und hielten den Blick auf den Leuchtturm gerichtet.
    »Hier können wir nicht bleiben«, sagte Emma. »Dann verblutet Millard.«
    »Bis zum Strand brauchen wir zwanzig Minuten«, sagte ich. »Die Gefahr ist groß, dass er unterwegs stirbt.«
    »Aber was sollen wir sonst tun?«
    »Bis zum Leuchtturm ist es nicht weit«, sagte Bronwyn. »Wir bringen ihn dorthin.«
    »Dann sorgt Golan dafür, dass wir
alle
verbluten«, erwiderte ich.
    »Nein, wird er nicht«, widersprach Bronwyn.
    »Und wieso nicht? Bist du kugelsicher?«
    »Vielleicht«, antwortete Bronwyn geheimnisvoll, holte tief Luft und ließ sich wieder an der Leiter hinunter.
    »Wovon redet sie?«, fragte ich.
    Emma wirkte besorgt. »Keine Ahnung.« Ich starrte angestrengt hinunter, um herauszufinden, was Bronwyn vorhatte. Stattdessen sah ich, dass Millard umringt war von neugierigen Leuchtfischen. Dann spürte ich, wie der Rumpf unter meinen Füßen vibrierte. Einen Augenblick später tauchte Bronwyn auf. Sie hielt ein rechteckiges Metallstück von anderthalb mal zwei Metern vor sich, mit einem Bullauge am oberen Ende. Sie hatte die Tür zum Frachtraum aus den Angeln gerissen. Zum Glück war die Luke hier oben breit genug dafür. »Und was sollen wir damit anfangen?«, fragte Emma.
    »Zum Leuchtturm schwimmen«, antwortete Bronwyn. Dann stand sie auf und hielt die Tür zur Abwehr vor sich.
    »Wyn, er wird dich erschießen!«, schrie Emma. Schon ertönte ein Schuss – und prallte von der Tür ab.
    »Das ist genial!«, rief ich. »Ein

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