Die Insel der besonderen Kinder
ich Emma nach mir rufen.
Ein Ast landete im Wasser. Ich packte ihn, und Emma zog. Als ich es schließlich aus dem Moor hinausgeschafft hatte, zitterte ich so sehr, dass ich nicht stehen konnte. Emma setzte sich neben mich auf die Erde, und ich ließ mich in ihre Arme fallen.
Ich habe es getötet,
dachte ich.
Ich habe es tatsächlich getötet.
Die ganze Zeit über hatte ich schreckliche Angst gehabt und es nie für möglich gehalten, dass ich eines dieser Monster töten könnte!
Ich spürte ein Gefühl von Macht. Jetzt konnte ich mich selbst verteidigen. Ich würde nie so stark sein wie mein Großvater, aber ich war auch kein feiger Schwächling. Ich konnte diese Monster
töten.
Ich probierte aus, wie es sich anhörte. »Es ist tot. Ich habe es umgebracht.«
»Er wäre stolz auf dich«, sagte sie.
Wir küssten uns, zaghaft und zärtlich, während der Regen von unseren Nasen tropfte und warm in unsere offenen Münder lief. Zu schnell löste sich Emma von mir und flüsterte: »Was du vorhin gesagt hast – war das ernst gemeint?«
»Ich werde bleiben«, sagte ich. »Falls Miss Peregrine mich lässt.«
»Bestimmt. Dafür werde ich schon sorgen.«
»Aber bevor wir uns darüber Gedanken machen, sollten wir meinen Psychiater finden und ihm die Waffe abnehmen.«
»Richtig«, sagte Emma, und ihre Stimme verhärtete ich. »Wir dürfen keine Zeit verlieren.«
* * *
Wir ließen den Regen hinter uns und tauchten stattdessen in Rauch und Lärm ein. Die Zeitschleife hatte sich noch nicht zurückgestellt, und das Moor war von Bombeneinschlägen zerklüftet. Am Himmel dröhnten Flugzeuge, und Wände orangefarbener Flammen fraßen sich durch den Wald. Ich wollte gerade vorschlagen, zu warten, bis aus heute gestern geworden war, als sich zwei fleischige Arme um mich legten.
»Du lebst!«, rief Bronwyn. Enoch und Hugh waren bei ihr, und sobald Bronwyn mich losgelassen hatte, traten sie näher, um mir die Hand zu schütteln und mich von oben bis unten zu mustern.
»Tut mir leid, dass ich dich einen Verräter genannt habe«, sagte Enoch. »Ich bin froh, dass du noch am Leben bist.«
»Ich auch«, versicherte ich.
»Ist noch alles dran?«, fragte Hugh mit prüfendem Blick.
»Zwei Arme und zwei Beine«, antwortete ich und schüttelte mich, um zu beweisen, dass alles intakt war. »Und ihr müsst euch keine Gedanken mehr wegen des Hollows machen. Wir haben ihn getötet.«
»Hey, nur keine falsche Bescheidenheit«, sagte Emma stolz. »
Du
hast ihn getötet.«
»Das ist großartig«, sagte Hugh, aber weder er noch die beiden anderen brachten ein Lächeln zustande.
»Was ist los?«, fragte ich. »Moment mal – warum seid ihr nicht im Haus? Wo ist Miss Peregrine?«
»Sie ist fort«, sagte Bronwyn, und ihre Lippe zitterte. »Miss Avocet auch. Er hat die beiden mitgenommen.«
»O Gott!«, rief Emma. »Wir sind zu spät gekommen.«
»Er kam mit einer Pistole ins Haus«, sagte Hugh und starrte zu Boden. »Er wollte Claire als Geisel nehmen, aber sie hat ihn mit ihrem Hintermund gebissen, daraufhin hat er sich mich geschnappt. Ich habe mich gewehrt, aber er hat mir mit der Waffe auf den Kopf geschlagen.« Er fasste sich hinters Ohr und zeigte uns die blutige Stelle. »Er hat alle im Keller eingeschlossen und gesagt, wenn sich Miss Peregrine und Miss Avocet nicht in Vögel verwandeln, würde er mir ein Extraloch in den Kopf schießen. Also haben sie es getan, und er hat sie in einen Käfig gesperrt.«
»So haben wir sie gefunden«, sagte Enoch verbittert. »Sie haben sich versteckt wie eine Horde Feiglinge.«
»Wir haben uns nicht versteckt!«, rief Hugh. »Er hat uns eingesperrt! Er hätte uns sonst erschossen!«
»Hört auf!«, fuhr Emma dazwischen. »Wo ist er mit ihnen hin? Warum habt ihr ihn nicht verfolgt?«
»Wir wissen nicht, wo er hingegangen ist«, antwortete Bronwyn. »Wir hatten gehofft, dass ihr ihn gesehen hättet.«
»Nein, haben wir nicht«, erwiderte Emma und schoss frustriert einen Stein durch die Gegend.
Hugh holte etwas aus seinem Hemd. Es war ein kleines Foto. »Das hat er mir in die Tasche gesteckt, bevor er gegangen ist. Er sagte, wenn wir ihn verfolgen, würde das hier passieren.«
Bronwyn riss Hugh das Foto aus der Hand. »O nein!«, keuchte sie. »Ist das Miss Raven?«
»Ich glaube, es ist Miss Crow«, antwortete Hugh und rieb sich mit beiden Händen durchs Gesicht.
»Was bedeutet, dass die beiden so gut wie tot sind«, jammerte Enoch. »Ich habe geahnt, dass dieser Tag kommen
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