Die Insel der besonderen Kinder
verteidigen. Die anderen beharrten darauf, dass der Krieg und die Hollows nun zu
ihnen
gekommen seien und sie gar keine andere Möglichkeit mehr hätten, als fortzugehen. Die Hollows und Wights würden wiederkommen, um sich Miss Peregrine zu holen. Und dieses Mal kämen sie in großer Zahl. Und man müsse schließlich auch an Miss Peregrine denken.
»Wir werden eine andere Ymbryne finden«, sagte Emma. »Wenn jemand weiß, wie man der Headmistress helfen kann, dann eine ihrer Freundinnen.«
»Und wenn die anderen Zeitschleifen ebenfalls nicht mehr funktionieren?«, fragte Hugh. »Was, wenn alle Ymbrynes schon entführt wurden?«
»So dürfen wir nicht denken. Es
muss
noch welche geben.«
»Emma hat recht«, sagte Millard, der auf der Wiese lag. »Wenn die Alternative darin besteht, zu warten und zu hoffen, dass nicht noch mehr Hollows kommen und dass es der Headmistress wieder bessergeht – dann ist das keine Alternative.«
Die Andersdenkenden gaben schließlich klein bei. Das Haus wurde aufgegeben. Alle sollten ihre persönlichen Sachen packen. Am nächsten Morgen würde man sich im Hafen ein paar Boote nehmen und in See stechen.
Ich fragte Emma, wie sie den richtigen Weg übers Meer finden wollten. Schließlich waren die Kinder seit fast achtzig Jahren nicht mehr von der Insel heruntergekommen, und Miss Peregrine konnte weder sprechen noch fliegen.
»Es gibt eine Karte«, sagte Emma und wandte den Kopf langsam dem qualmenden Haus zu. »Wenn nicht alles verbrannt ist.«
Ich bot ihr an, bei der Suche zu helfen. Wir wickelten uns feuchte Tücher um die Köpfe und betraten das Haus durch eine eingestürzte Wand. Alles war voller Rauch, aber mit Hilfe des Lichts auf Emmas Hand fanden wir zur Bibliothek. Die Regale waren umgestürzt wie Dominosteine. Wir schoben sie zur Seite und wühlten uns durch die auf dem Boden verstreuten Bücher. Wir hatten Glück. Das Buch war leicht zu finden, da es das größte in der ganzen Bibliothek war. Emma stieß einen Freudenschrei aus und hielt das Buch in die Höhe.
Auf dem Weg nach draußen fanden wir Alkohol und Laudanum sowie richtiges Verbandsmaterial für Millard. Nachdem wir die Wunde gereinigt und sorgfältig verbunden hatten, setzten wir uns hin und studierten das Buch. Es war eher ein Atlas, in burgunderrotes Leder gebunden. Jede Karte darin war sorgfältig auf Pergamentpapier gezeichnet. Das Buch war alt und kostbar und so groß, dass es Emmas Schoß bedeckte.
»Es heißt
Landkarte der Tage
«, sagte sie, »und es enthält alle Zeitschleifen, deren Existenz je bekannt geworden ist.« Die Seite, die sie aufgeschlagen hatte, erinnerte an eine Karte der Türkei, allerdings waren weder Grenzen noch Straßen eingezeichnet. Stattdessen war die Karte übersät mit winzigen Spiralen, von denen ich annahm, dass sie die Standorte der Zeitschleifen markierten. In der Mitte jeder Spirale befand sich ein Symbol, das mit einer Legende am unteren Seitenrand korrespondierte. Dort waren die Symbole neben einer Liste von Zahlen aufgeführt, die wiederum mit Gedankenstrichen unterteilt waren. Ich zeigte auf eine, die 29 - 3 - 316 /?-?- 399 lautete, und fragte: »Was ist das, ein Geheimcode?«
Emma fuhr mit dem Finger die Zahlen entlang. »Diese Zeitschleife war der 29 . März im Jahr 316 n.Chr. Sie existierte bis irgendwann im Jahr 399 , Tag und Monat sind nicht bekannt.«
»Was passierte 399 ?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Das steht da nicht.«
Ich langte über ihren Arm und blätterte zu einer Karte von Griechenland, die noch dichter mit Spiralen bedeckt war. »Warum werden die alle aufgelistet?«, fragte ich. »Wie soll man denn in diese alten Zeitschleifen hineinkommen?«
»Durch Bockspringen«, antwortete Millard. »Es ist ein hochkomplexes und gefährliches Unterfangen, aber durch das Bockspringen von einer Schleife zur anderen – zum Beispiel zu einem Tag, der fünfzig Jahre zurückliegt – erhältst du Zugang zu vielen weiteren Zeitschleifen, die während der letzten fünfzig Jahre zu existieren aufhörten. Wenn du über die Mittel verfügst, dorthin zu reisen, findest du innerhalb dieser Zeitschleifen wieder andere – und immer so weiter. Die Anzahl steigt dadurch ins Unermessliche.«
»Das ist Zeitreisen«, sagte ich überrascht. »Richtiges Zeitreisen.«
»Vermutlich.«
»Dann müssen wir bei diesem Ort« – ich zeigte auf Horaces Aschezeichnung an der Wand – »nicht nur herausfinden,
wo
er liegt, sondern auch,
wann
die Zeitschleife
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