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Die Insel der besonderen Kinder

Die Insel der besonderen Kinder

Titel: Die Insel der besonderen Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ransom Riggs
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oder?«
    Ich setzte mich an den Tisch. Dad sah einen Moment lang auf mich herunter, und ich hätte nicht sagen können, ob er mir glaubte. Dann ging er zum Waschbecken und wusch sich das Gesicht. Nachdem er sich abgetrocknet und sich mir wieder zugewandt hatte, schien er entschieden zu haben, dass es ihn weniger Mühe kosten würde, mir zu glauben.
    »Bist du sicher, dass wir nicht doch besser mit Dr. Golan sprechen sollten?«, fragte er.
    »Wenn du willst … Aber es geht mir gut.«
    »Und genau deshalb möchte ich nicht, dass du dich mit diesen Rappern herumtreibst«, sagte er – offenbar brauchte er eine elterliche Anordnung als Abschluss, damit dieses Gespräch als autoritäre Maßnahme durchging.
    »Du hattest recht, was die beiden angeht«, sagte ich, obwohl ich insgeheim keinen der beiden für fähig hielt, eine solche Tat zu begehen. Worm und Dylan spuckten zwar große Töne, das war aber auch alles.
    Dad setzte sich mir gegenüber. Er sah müde aus. »Ich würde zu gern wissen, wie jemand es schafft, sich an einem solchen Tag einen Sonnenbrand zu holen.«
    Richtig. Der Sonnenbrand. »Ich bin wohl sehr sensibel«, sagte ich.
    »Das kannst du laut sagen«, antwortete er trocken.
    Dann ließ er mich gehen. Ich duschte und dachte an Emma. Ich putzte mir die Zähne und dachte an Emma, anschließend wusch ich mir das Gesicht und dachte an Emma. Als ich wieder in meinem Zimmer war, holte ich den Apfel aus der Tasche, den sie mir gegeben hatte, und legte ihn auf meinen Nachtschrank. Und dann, als müsse ich mich vergewissern, dass es sie wirklich gab, holte ich das Handy raus und sah mir die Fotos an, die ich am Nachmittag von ihr geschossen hatte. Ich hörte, wie sich Dad nebenan schlafen legte. Als die Generatoren ausgingen und das Licht erlosch, lag ich in der Dunkelheit und betrachtete immer noch Emmas Fotos.

[home]
    8. Kapitel
    I n der Hoffnung, einer weiteren Strafpredigt entgehen zu können, stand ich früh auf und verschwand, bevor Dad aufgewacht war. Ich schob einen Zettel unter seine Tür und wollte dann Emmas Apfel mitnehmen, aber er lag nicht mehr auf dem Nachttisch. Eine sorgfältige Suche auf dem Fußboden brachte einige Wollmäuse zum Vorschein und ein lederartiges Gebilde von der Größe eines Tennisballs. Ich begann mich bereits zu fragen, ob jemand den Apfel gestohlen hatte, als ich erkannte, dass das lederartige Gebilde der Apfel
war.
Irgendwann während der Nacht war er verfault, und zwar in einem Tempo, wie ich Obst noch nie hatte faulen sehen. Er sah aus, als hätte er ein Jahr in einem Dörrautomaten zugebracht. Als ich versuchte, ihn aufzuheben, zerfiel er wie ein Klumpen Erde in meiner Hand.
    Ich zuckte mit den Schultern.
    Draußen goss es in Strömen, aber ich ließ den grauen Himmel bald hinter mir und tauschte ihn gegen die zuverlässige Sonne in der Zeitschleife ein. Dieses Mal wartete jedoch kein hübsches Mädchen auf der anderen Seite des Grabhügels – und auch sonst niemand. Ich versuchte, nicht zu enttäuscht zu sein, was mir aber nicht recht gelingen wollte.
    Als ich das Haus erreichte, wollte ich mich sofort auf die Suche nach Emma begeben. Aber noch bevor ich die Eingangshalle durchquert hatte, fing mich Miss Peregrine ab.
    »Kann ich dich kurz sprechen, Master Portman?«, sagte sie und führte mich in die leere Küche, wo es noch nach dem üppigen Frühstück duftete, das ich verpasst hatte. Ich kam mir vor, als wäre ich ins Büro des Rektors gerufen worden.
    Miss Peregrine lehnte sich gegen den riesigen Kochherd. »Genießt du deine Zeit bei uns?«, fragte sie.
    Ich bestätigte ihr, dass ich alles sogar sehr genießen würde.
    »Das freut mich«, erwiderte sie, und dann verschwand ihr Lächeln. »Wie ich hörte, hattest du gestern einen sehr schönen Nachmittag mit einigen meiner Schützlinge. Und außerdem eine angeregte Unterhaltung.«
    »Es war toll. Sie sind alle unheimlich nett.« Ich bemühte mich, locker zu bleiben, spürte jedoch deutlich, dass sie auf etwas Bestimmtes hinauswollte.
    »Sag mal«, begann sie, »wie würdest du die Art eures Gesprächs bezeichnen?«
    Ich versuchte, mich zu erinnern. »Keine Ahnung … wir haben über viele Dinge gesprochen. Wie es hier ist. Und wie es dort ist, wo ich herkomme.«
    »Wo du herkommst.«
    »Genau.«
    »Und hältst du es für klug, Ereignisse der Zukunft mit Kindern aus der Vergangenheit zu besprechen?«
    »Kinder? In Ihren Augen sind es also wirklich Kinder?« Kaum hatte ich das ausgesprochen, da bedauerte ich

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