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Die Insel der Mandarine

Die Insel der Mandarine

Titel: Die Insel der Mandarine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Hughart
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letzten Worten, die der Wirt an Meister
Li richtete, lag etwas seltsam Mitleiderregendes. »Wartet! Es ist sehr wichtig!
Ich wollte Euch noch sagen, daß die besten Lotoswurzeln die aus den Teichen von
Nanking sind! Von der Ta-pan-Brücke müßt Ihr die rotgezackten Nüsse holen!
Jujube-früchte sollten vom Yao-fang-Tor stammen und Kirschen vom
Ling-ku-Tempel! Ihr müßt die Seepferdchen aus Kwantung in safrangewürztem Wein
probieren, und mit Honig glasiertes Schweinefleisch, auf Zedernholz gegart im Stil
von...« Die Eisentür fiel hinter ihnen ins Schloß, und das würde hoffentlich,
so betete ich, das letzte sein, was ich je von Wirt Sechsten Grades Tu hörte
oder sah.
    19
    Der vierte Tag des fünften
Mondes begann mit dem Krachen von Feuerwerkskörpern. Anhaltendem,
ohrenbetäubendem Krachen, genauer gesagt.
    Es war das Fest der
Giftigen Insekten, das die Leute in Stimmung bringt für das große
Drachenboot-Rennen am Doppelfünften. Normalerweise ist es eine fröhliche
Angelegenheit, aber nicht so dieses Mal. Die Hitze hatte nicht nachgelassen,
und es war noch kein Tropfen Regen gefallen, und wie jeder weiß, bringt das
Ausbleiben eines Wetterwechsels über einen längeren Zeitraum hinweg eine
ungesunde Atmosphäre mit sich, in der sich Krankheiten ausbreiten wie Schwärme
von Wanderheuschrecken, in der große Epidemien um sich greifen und schlimme
Vorzeichen sich mehren: Fleisch und Frösche fallen vom Himmel, oder Hennen
verwandeln sich in Hähne.
    Die Kinder hatten natürlich
ihren Spaß. Sie waren monatelang damit beschäftigt gewesen, Tiger auf ihre
Pantoffeln zu sticken, und ihre Mütter steckten sie in schwarz und gelb
gestreifte Tigerkostüme. Kreischend vor Begeisterung hüpften sie auf den Straßen
herum und zertraten imaginäre Skorpione, Tausendfüßler und Spinnen, oder sie
kämpften mit den langen Blättern des Ch 'ang-p 'w-Grases in der Form von
Schwertklingen gegen Spaßvögel, die als Kröten, Schlangen und Echsen verkleidet
waren. Die Eltern entzündeten pflichtschuldig ihre Feuerwerkskörper und
bestrichen die Ohren und Nasen der Kinder mit Schwefelstreifen zum Schutz gegen
Insektenstiche und -bisse, doch sie betrachteten dabei mit ängstlichen Augen
und sorgenvoller Miene die flimmernde Hitze, die von den Straßen aufstieg. In
den Tempeln drängten sich die Großeltern und beteten zu Kuan-yin, der Göttin
der Barmherzigkeit.
    Es herrschte eine gereizte
Stimmung. Ein blutiger Kampf entspann sich, als eine Herde Schafe mit
rotgefärbten Schwänzen, woran man erkennen konnte, daß sie am Altar des Himmels
geopfert werden sollten, in eine Schar Kamele geriet, die auf dem Weg zum
Karawanenverladeplatz am anderen Ende der Stadt waren, worauf zwei Stunden lang
keiner mehr vom Fleck kam. Die mongolischen Schafhirten mußten aus alter
Tradition schwere, fettbeschichtete Schaffellmäntel tragen, und die türkischen
Kameltreiber waren durch ihre dicken, speckigen Gewänder und die riesigen mit
Filz gesäumten Stiefel in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt, und allen gemeinsam
war, daß sie vor Hitze zerflossen, wütend auf die ganze Welt und ungemein
streitlustig waren. Ich erwähne den Zwischenfall, weil Meister Li und ich in
dem Gewühl steckenblieben, als wir am frühen Morgen unterwegs zum Haus des
Himmlischen Meisters waren. Wir mußten uns, nachdem wir die Sänfte verlassen
hatten, gewaltsam einen Weg durch die Menge bahnen und schließlich eine andere
Sänfte mieten. Als wir endlich am Ziel anlangten, erfuhren wir von einem
Soldaten, der am Tor Wache hielt, daß der Heilige tatsächlich spät in der Nacht
heimgekehrt, jedoch bereits wieder zur Verbotenen Stadt aufgebrochen war. Ich
wußte nicht, was ich davon halten sollte. Meister Li hatte sich in dem
Augenblick, als wir am Vorabend das Büro des Scharfrichters verlassen hatten,
in seine eigene Gedankenwelt zurückgezogen und war immer noch wenig mitteilsam.
    Wir gelangten ohne
Zwischenfälle in die Verbotene Stadt, wo Meister Li, anstatt geradewegs zum
Amtssitz des Himmlischen Meisters zu gehen, erst einmal der Einfuhrbehörde einen
Besuch abstattete. Als er kurze Zeit später wieder heraustrat, schloß ich aus
seinem Gesichtsausdruck, daß sich zumindest ein Gedankengang ausgezahlt hatte.
    »Ochse«, sagte er, während
er zu mir in die Sänfte kletterte, »das hätte ich schon früher tun sollen, aber
es sind ständig Dinge passiert, die mich abgelenkt haben. Erinnerst du dich an
die Ingredienzen, die ich verwendet habe, um aus billigem

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