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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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nickte. Natürlich gab es Obeah-Gemeinden auf den Inseln, aber er selbst hatte keiner direkt angehört. Máanu jedenfalls war nicht hingegangen, und Jefe hatte nur heimlich einmal einer Zeremonie beigewohnt. Den Jungen hatte sie damals befremdet, er hatte nicht an die Geister glauben können, die man mit Tieropfern und Zuckerrohrschnaps anzulocken suchte. Und die Leute, die sich anschließend besessen auf dem Boden gewälzt hatten, hatten ihn auch eher abgestoßen als fasziniert. Später, während der Zeit auf der Mermaid , hatte er kein Bedürfnis verspürt, seine Bekanntschaft mit Obeah und Voodoo in den diversen, von den Piraten angesteuerten Häfen zu erneuern. Auf Piratenschiffen beschwor man keine Geister. Ein paar der Männer hatten immer mal wieder Gebete gesprochen, doch die hatten sich eher an den Christengott, den Teufel oder den Klabautermann gerichtet.
    »Auf Plantagen das gibt es fast immer«, erläuterte Pierrot. »Obwohl hier ich mir kann nicht vorstellen. Bei die Aufsicht von Oublier ist nicht möglich, dass sich alle schleichen aus Quartier. Aber wenn Voodoo-Treffen, dann sicher mit Damon.«
    Und nun wartete dieser geheimnisvolle Mann auf Jefe und Pierrot. Die beiden beeilten sich, der »Einladung«, die sicher nicht risikofrei war, nachzukommen. Der große, magere Mann mit dem schon ergrauenden Haar hockte im Schneidersitz auf dem Boden der Hütte, die mit den vier Schlafmatten und ein paar Körben zur Aufbewahrung der wenigen Habseligkeiten ihrer Bewohner nur einfach eingerichtet war.
    »Ich grüße euch!«, sagte er würdevoll. »Caesar, Pierrot, ihr seid ausgewählt worden.«
    »Wir sind was?«, fragte Jefe.
    Er verstand nicht immer alles, was auf Patois geredet wurde, denn sein Fechtmeister hatte natürlich fließend Französisch gesprochen. Damon sprach die Sprache der Pflanzer zu Jefes Verwunderung korrekt und nicht das gebrochene Französisch der Sklaven. Allerdings neigte er dazu, sich etwas kompliziert auszudrücken.
    »Man hat euch erwählt«, wiederholte Damon jetzt etwas deutlicher. »Wir haben uns entschlossen, euch zu einem Treffen einzuladen.«
    »Wer sein ›man‹?«, erkundigte sich Pierrot.
    »Wir, die Eingeweihten auf dieser Plantage. Wir sind nicht viele, es kommen auch welche von der Nachbarplantage. Nur vor uns zwölf Leuten würde der Geist wohl nicht reden.«
    »Vor uns zwölf Aposteln und ein paar anderen redet ein Geist, meinst du?«, höhnte Jefe.
    Damon verzog das Gesicht, Jefe konnte nicht erkennen, ob belustigt oder unwillig. »Die Zahl ist ein Zufall. Aber ja … ja, du kannst es so nennen. Es mag ein gutes Omen sein. Bislang waren wir zehn …«
    »Also jetzt noch mal«, forderte Jefe jetzt wieder ernst. »Du lädst uns zu einem geheimen Treffen in der Nacht ein, wir sind von einer Art Geheimbund auserwählt worden … Wie kommen wir zu der Ehre?«
    »Es ist gut, dass du es als eine Ehre begreifst«, sagte Damon, er überhörte die Ironie in Jefes Stimme. »Es ist jedoch kein Geheimbund. Es sind nur die Stärksten und Mutigsten unter uns. Nicht alle, die wir einladen, folgen dem Ruf, verraten hat uns allerdings noch niemand. Was beweist, dass wir die Richtigen auswählen, auch wenn ihnen mitunter der Mut fehlt. Euch haben wir ausgesucht, weil … nun, dir, Pierrot, eilt dein Ruf voraus. Du hasst die Pflanzer, du hast bereits versucht, in die Berge zu entkommen. Und wenn du ihn gesucht hast, so kannst du kaum Hemmungen haben, Gewalt anzuwenden, um seine Ziele durchzusetzen.«
    Jefe wollte nachfragen, wer gemeint war, dann sah er jedoch, dass Pierrot sich kerzengerade aufsetzte. Sein Freund schien also zu wissen, worum es ging. In Pierrots Gesicht ging ein Leuchten auf.
    »Und du, Caesar«, sprach der Alte weiter, »du bist ein unbeschriebenes Blatt. Wir kennen dich noch nicht, wir wissen aber, dass du Kampferfahrung hast. Gut, vielleicht vergießt du ja nur Blut, um dich zu bereichern, und hältst das Risiko klein. Wir haben jedoch gesehen, was ihr beide, du und Pierrot, in den letzten Monaten für den kleinen Dummkopf getan habt, der da eure Hütte teilt. Wenn Oublier den noch nicht erschlagen hat, ist das euer Verdienst. Das gilt auch für den anderen, der die Trommelschlägt und den Mädchen den Kopf verdreht. Wir haben daraus geschlossen, dass euer Volk euch wichtig ist. Und wenn das so ist, dann werdet ihr heute Nacht mit uns kommen wollen.«
    »Wo… wohin?«, fragte Pierrot leise und ehrfürchtig.
    »Zu einem Schuppen zwischen den Plantagen. Mehr braucht

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