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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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erst mit dem Anbau des Zuckerrohrs. Während die Pflanzen wuchsen – der erste Schnitt wurde nach etwa zwei Jahren vorgenommen –, wurden die Sklaven hauptsächlich mit dem Bau der Anlagen beschäftigt, die dann zum Pressen des Zuckerrohrs, zum Kochen und Raffinieren des Saftes gebraucht wurden. Das Holz, das zur Rodung der Felder geschlagen worden war, wurde dabei verbaut.
    Jefe fiel die Arbeit nicht schwer. Er verstand sich darauf, Stämme zu Brettern zu schneiden – er war dem Schiffszimmermann der Mermaid oft genug zur Hand gegangen, um die Blockhäuser fachgerecht zusammenhämmern zu können. Oublier war zufrieden mit ihm, die Peitsche bekam der junge Sklave selten zu spüren.
    Meist arbeitete Jefe mit Pierrot und Abel zusammen, auch David ließ sich, wenn eben möglich, bei ihnen einteilen. Er sorgte weiterhin eher für gute Laune als sich sonderlich anzustrengen, Abel betete ihn jedoch an und übernahm gern die Hälfte seiner Aufgaben. Pierrot und Caesar, wie Jefe sich nach wie vor nennen ließ, hielten auf die beiden ein Auge. Weder sollte David durch seine Faulheit noch Abel durch seine Beschränktheit die Aufmerksamkeit der Aufseher auf sich lenken. Das gelang erstaunlich gut – allerdings fiel das Quartett damit Leuten auf, die auf dieser Plantage eine mindestens ebenso wichtige Rolle spielten wie Oublier und seine Männer.
    »Damon will euch sprechen«, raunte Charlene, die Köchin, Jefe und Pierrot eines Abends zu, als sie vor ihrer offenen Küche hockten und heißhungrig über eine große Schüssel bouillie , einen Brei aus grünen Bananen und Maismehl, herfielen. Er war äußerst schmackhaft, über die Verpflegung im Sklavenquartier konnte sich niemand beschweren. Wie Jefe und Pierrot inzwischen wussten, hatten Charlene und einige ihrer Helferinnen früher im Haupthaus gekocht. Charlene war als Köchin geschätzt gewesen, doch nach dem Tod der alten Herrschaften, die wohl einem Giftanschlag erlegen waren, war das gesamte Hauspersonal ausgetauscht worden. Der neue Mèz traute den alten Bediensteten nicht, und so waren die Hausdiener zu ihrem größten Leidwesen auf das Feld verbannt worden, Charlene und ihre Helferinnen hatten die Sklavenküche übernommen. Ein Glücksfall für die Arbeiter. Die feiste, freundliche Schwarze zauberte auch aus den einfachsten Zutaten wohlschmeckende Gerichte.
    Jefe musste sich eingestehen, dass Pitchs Küche auf der Mermaid nicht im Entferntesten an die ihre herangereicht hatte, obwohl er oft frische Zutaten wie Fisch oder Schildkröte und vor allem Fleisch zur Verfügung gehabt hatte. Hier auf Roche aux Brumes wurde gespart, wo man konnte. Griot oder Tasso, also Schweine- oder Ziegenfleischgerichte, kamen allenfalls sonntags auf den Tisch, dann jedoch exzellent zubereitet mit pfeffrigen Saucen, die eine Spezialität der Gegend zu sein schienen.
    »Er wartet in eurer Hütte auf euch«, wisperte Charlene. »Aber nur auf euch, nicht auf den Kleinen und den Spaßvogel …«
    Jefe und Pierrot sahen einander verwundert an. Sie waren jetzt seit ein paar Monaten auf der Plantage und hatten schonbemerkt, dass Damon unter den Sklaven eine besondere Stellung innehatte. Offiziell gab es den Posten eines Bushas hier nicht, aber die Schwarzen betrachteten ihn doch als eine Art Vormann oder Sprecher. Wann immer sie sich mit irgendeinem Anliegen an Oublier zu wenden wagten, musste Damon es vortragen – und handelte sich damit fast jedes Mal Prügel ein.
    Jefe fragte sich, warum er sich immer wieder dazu einspannen ließ. Es war abzusehen, dass der Aufseher die Anliegen der Sklaven abweisen würde. Oublier tat es schon aus Prinzip, selbst für hilfreiche Vorschläge aus der Arbeiterschaft hatte er kein Ohr. An die erinnerte er sich mitunter Wochen später, um sie als eigene Ideen auszugeben – und versetzte ihre Urheber an andere, möglichst untergeordnete Arbeitsstellen, damit sich sein geistiger Diebstahl nicht herumsprach.
    Aber Damon hielt die Schläge stoisch aus – und auch immer mal wieder für andere Männer den Rücken hin. Niemals verriet er einen seiner Leute, er nahm die Bestrafung für irgendwelche Vergehen lieber auf sich, als die Schuldigen anzuzeigen. Die Sklaven behandelten ihn dafür mit Hochachtung.
    »Damon ist hier Bokor«, meinte Pierrot angelegentlich und erklärte das dann genauer dem verständnislosen Jefe. »Der Mann, der macht Voodoo-Zeremonie. Macht man nicht, da, wo du herkommst? Ihr nicht beschwören heimlich Geister auf Grand Cayman?«
    Jefe

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