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Die Insel der roten Mangroven

Die Insel der roten Mangroven

Titel: Die Insel der roten Mangroven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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schienen die Eigenheiten der Dufresnes wesentlich weniger auszumachen als ihm selbst. Offensichtlich hatte sie sich schnell daran gewöhnt, sich zu jedem Treffen mit ihren Schwiegereltern herzurichten wie zu einem Staatsempfang – und außerhalb der Mahlzeiten hatte sie auf Nouveau Brissac ja eher mehr Freiheiten als in der Stadt. Kein Mensch scherte sich darum, ob sie ausritt oder nicht. Victor hatte gehört, wie sie ihrer Mutter verriet, dass sie sogar einen Fluss zum Baden gefunden hatte.
    »Natürlich sieht man ab und zu ein Krokodil«, bemerkte sie augenzwinkernd. »Aber tagsüber sind die völlig ungefährlich, sie jagen nur nachts.«
    Tatsächlich hörte man eigentlich nie von Krokodilangriffen auf Hispaniola, doch Victor war dennoch besorgt gewesen, und auch Nora konnte gut auf ein Bad im Beisein der Reptilien verzichten. Sie zog sowieso das Meer vor, aber die Bucht der roten Mangroven war ihr nicht abgelegen genug, als dass sie sich vor neugierigen Blicken wirklich sicher fühlte.
    Jacques Dufresne schüttelte nur den Kopf zu dem erneuten Vorstoß seines Sohnes. »Das fehlte noch, dass du hier als Plantagenarzt arbeitest«, erregte er sich. »Was würden die Leute sagen? Ein Dufresne, der sich vor den Niggern in den Schlamm wirft und ihnen die dreckigen Füße verarztet? Und nebenbei möchtest du dann noch die Damen der Nachbarschaft behandeln, ja? Unmöglich, Victor! Und auch völlig überflüssig. Die schwarzen Kerle sind zäh und die Weiber erst recht. Und wenn uns doch mal einer wegstirbt … Wir nagen hier nicht am Hungertuch, Madame Fortnam. Wir können unsere Ausfälle ersetzen.«
    Doug seufzte. Er wusste nicht, wie oft er diese Argumente schon gehört hatte. Dabei hatte er gehofft, die Papisten in Hispaniola seien eher gewillt, ihren Sklaven eine Seele zuzugestehen. Schließlich scheuten ihre Priester ja keinen Aufwand, diese durch die Taufe zu erretten. Das schien jedoch erst nach dem Ableben der Täuflinge eine Bedeutung zu bekommen. Solange die Sklaven lebten, behandelte man sie nicht anders als Handelswaren, deren Wert man gegen den Aufwand zu ihrer Erhaltung abwog.
    Zum Glück hob Louise Dufresne die Mittagstafel auf, bevor die Auseinandersetzung weiter eskalieren konnte. Doug atmete innerlich auf. Er sehnte sich jetzt schon zurück in die Stadt –oder noch besser nach Cascarilla Gardens. Nichtsdestotrotz bemühte er sich um gute Stimmung.
    »Wie wär’s, Monsieur Dufresne, zeigen Sie mir, wie man Kaffee anbaut, während unsere barmherzigen Samariter hier sich um Ihre Sklaven kümmern?«, fragte er leutselig.
    Ein Ausritt erschien ihm eine gute Idee nach dem üppigen Essen. Beim Anblick von Jacques Dufresnes elegantem Aufzug konnte er sich allerdings kaum vorstellen, dass dieser Pflanzer seine Plantage persönlich inspizierte. Er betätigte sich wohl mehr als Geschäftsmann und Vermarkter seiner Produkte denn als Verwalter der Pflanzung. Das schien auch den Erben hauptsächlich zu beschäftigen. Gisbert weilte zurzeit auf der Kaffeebörse in Port-au-Prince, die Leitung der Plantage überließen beide den Aufsehern.
    Victors Vater winkte denn auch ab. »Ich kann Ihnen einen Aufseher als Führer stellen«, bot er wenig interessiert an. »Oder Gérôme kann Sie morgen herumführen. Sie wollen doch sowieso nach Roche aux Brumes, oder?« Am Abend sollte auf Nouveau Brissac eine Gesellschaft stattfinden, aber am nächsten Tag wurden die Fortnams auf der Nachbarplantage erwartet, die Gérôme Dufresne seit seiner Heirat mit der Erbin leitete. »Er wird Ihnen dann auch sein neues Steckenpferd vorführen. Zuckerrohr …«
    Jacques Dufresne rümpfte ein wenig die Nase. Er schien auf Zuckerrohrpflanzer hinunterzusehen, was wiederum Doug etwas ärgerte. Der Anbau der Riesengräser und die Erzeugung von Zucker war harte Arbeit. Gut, vielleicht kam es weniger auf Qualitätssicherung an als bei Kaffee – die Raffinierung von Zucker gelang eigentlich immer –, doch derartige Experten waren die Kaffeepflanzer auch nicht. Die meisten lieferten ihre Kaffeebohnen unbearbeitet nach Europa, wo sie dann erst durch die Röstung ihr spezielles Aroma entfalteten.
    »Ich kann dir die Plantage auch zeigen, wenn wir im Sklavenquartier fertig sind, beau-père «, bot Victor seinem Schwiegervater an. »Schließ dich uns einfach an.«
    Doug zog sich also um wie auch Victor und die Frauen und ritt mit. Er amüsierte sich über die kleinen, freundlichen Pferde mit ihrem weichen Gang, auf Jamaika hatte man eher

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