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Die Insel der Verdammten

Die Insel der Verdammten

Titel: Die Insel der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Fiedler
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hatte es nicht geregnet.
    Früh am Morgen sollte ich zur Wache antreten. So schlich ich denn vorher, kurz nach Mitternacht, zum Vormast. Es ging leichter, als ich gedacht hatte. Niemand sah mich. Ich trug einen großen Becher voll Trinkwasser und etwas angefeuchteten Zwieback.
    In der Nähe war niemand zu sehen. Der Indianer, dessen Hände am Mast festgebunden waren, schlummerte im Stehen. Ich berührte mit dem Becher seine Lippen. Verängstigt zuckte der Gefangene zusammen. Er trank in gierigen Schlukken, und ich glaubte zu hören, wie das Wasser glucksend seinen Magen erreichte. Dann steckte ich ihm kleine Stückchen Zwieback in den Mund. Wir sprachen kein Wort miteinander, und ich zweifle, ob er mich überhaupt erkannte. Ich wollte
    ihm noch Wasser zum Nachspülen reichen, kam aber nicht mehr dazu.
    Plötzlich öffnete sich die Tür der Kapitänskajüte, und ein Lichtstrahl zerriß die Finsternis. Ich sprang zur Seite, als hätte ich mich verbrannt. Leider glitt mir vor Schreck der Becher aus der Hand, fiel polternd aufs Deck und rollte fort. Ich hatte keine Zeit, hinter ihm herzulaufen. Die Laterne hoch in der Hand, ging der Kapitän auf die Stelle zu, wo ich mich aufhielt. Er mußte etwas Verdächtiges bemerkt haben, denn er beschleunigte seine Schritte, fluchte laut und rief die Wache herbei.
    In der Nähe des Vormasts lagen zusammengerollte Taue, allerhand Kisten und Gerümpel. Ich duckte mich und kroch wie eine Ratte in ein dunkles Loch. Nach einer Weile vernahm ich das wütende Geschrei des Kapitäns: Er mußte den Becher gefunden haben und erriet, was vorgefallen war. Sogleich befahl er den Matrosen, den Schuldigen zu suchen, erreichte jedoch nicht viel, denn alle haßten den Bösewicht und führten seine Befehle saumselig aus. Der Kapitän schäumte, brüllte aus vollem Halse, schlug die Tür zu und verschwand in seiner Kajüte.
    Unbemerkt eilte ich ins Mannschaftslogis und ließ mich neben der übrigen Mannschaft auf meiner Koje nieder.
    Wenn ich dachte, daß die Angelegenheit damit beendet sei, irrte ich mich sehr. Am folgenden Tage ließ der Kapitän die gesamte Mannschaft an Deck antreten und verlangte, der Täter solle sich melden. Zugleich gab er den Befehl, die beiden Matrosen auszupeitschen, die zur Zeit des nächtlichen Vorfalls Wache gehalten hatten. Er sah uns haßerfüllt an und preßte zwischen den Zähnen hervor, er werde die beiden so lange peitschen lassen, bis sie den Geist aufgäben.
    Ich stand zusammen mit den anderen auf Deck. Daß der Schuft seine Drohung ausführen und die beiden unschuldigen Menschen totschlagen lassen würde, darüber gab ich mich keiner Täuschung hin. Alles das geschah in der Nähe des Vormasts, von wo uns der brennende Blick des gefesselten Indianers traf. Er vermutete, worum es ging.
    Widerstrebend trat ich einige Schritte vor, schaute dem Kapitän dreist in die Augen und erklärte laut, ich sei der Täter.
    „Duuu?” zischte er unheilverkündend.
    Sein großer Kopf, die Glotzaugen und der raubtierhaft geöffnete Mund kamen mir in diesem Augenblick wie die Fratze eines Seeungeheuers vor. Er durchbohrte mich mit seinem stählernen Blick und kam auf mich zu. Ehe ich mich's versah, hob er die rechte Hand und schlug mir mit der Faust ins Gesicht. Vor meinen Augen wurde es dunkel. Ich wollte ihm an die Kehle springen, aber die kräftigen Pranken der Matrosen hielten mich wie Zangen fest umklammert. Der Kapitän zog die Pistole. Ich spürte einen scharfen Schlag gegen die Schläfe und verlor augenblicklich das Bewußtsein.
    Als ich zu mir kam, lag ich auf meinem Lager in der Mannschaftskajüte. Mein Kopf dröhnte und schmerzte fürchterlich, und die Augen waren wie vernebelt. Mich fror. Jemand saß neben mir. Erst nach einiger Zeit erkannte ich, daß es William war.
    „Na, du Himmelhund, bist du endlich aufgewacht?" flüsterte er erfreut. „Verdammt lange hat's gedauert."
    „Hat er auf mich geschossen?" fragte ich.
    „Nein, er hat dich nur mit dem Pistolenschaft geschlagen."
    „Ach so."
    Meine Gedanken entflohen wie aufgescheuchte Vögel, ich verlor von neuem das Bewußtsein, doch ging die Schwäche bald vorüber.
    „Er hat mir das Leben geschenkt!" höhnte ich.
    Nein!" entgegnete William. „Der Alte glaubt, er habe dich um' gebracht. Du lagst wie tot. Als es dunkel wurde, brachte ich dich hierher."
    „Ich danke dir, Willy. .
    Dann ängstigte mich der Gedanke, was weiter werden würde, und ich teilte meine Besorgnis William mit. Ich kannte die Rachsucht des

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