Die Insel Des Vorigen Tages
behauptet.
Aus welchem Grunde sollte man sich an die Tradition mit der Insel des Eisens halten? Man muß davon ausgehen, daß Pater Caspar den Ersten Meridian als eine Linie verstand, die durch göttlichen Ratschluß seit den Tagen der Schöpfung festgelegt war. Wo hätte Gott es für richtig befunden, sie durchgehen zu lassen? Durch jenen Ort ungewisser, aber sicher östlicher Lage, den wir als Garten Eden bezeichnen?
Durch jenen, der Ultima Thule genannt wird? Durch Jerusalem? Niemand hatte es bisher gewagt, eine theologische Entscheidung zu treffen, und ganz zu Recht, denn Gott denkt nicht wie die Menschen.
Adam war, um nur soviel zu sagen, in die Welt gekommen, als es bereits die Sonne, den Mond, den Tag und die Nacht und folglich auch schon die Meridiane gab.
Daher war die Lösung nicht in Begriffen der Geschichte zu suchen, sondern in solchen der Heiligen Astronomie. Das Wort der Bibel mußte in Einklang gebracht werden mit den Kenntnissen, die wir von den Gesetzen des Himmels haben. Nun steht am Anfang der Genesis, daß Gott als erstes Himmel und Erde schuf In diesem Augenblick lag noch Finsternis über den Abgründen, und spiritus Dei ferebatur super aquas , der Geist Gottes schwebte über den Wassern, aber diese Wasser konnten nicht diejenigen sein, die wir kennen, denn erst am zweiten Tage schied Gott das Wasser, das über dem Firmament ist (von dem noch heute der Regen kommt), von dem Wasser darunter, also von dem der Flüsse und Meere.
Mithin war das erste Ergebnis der Schöpfung eine Materia Prima, formlos und ohne Dimensionen, Eigenschaften, Qualitäten, Neigungen, weder bewegt noch ruhig, reines primordiales Chaos, Hyle , die noch weder Licht noch Finsternis war. Es war eine schlecht verdaute Masse, in der sich die vier Elemente noch vermengten, dazu das Kalte und das Warme, das Trockene und das Feuchte, ein brodelndes Magma, das glühende Tropfen verspritzte wie ein Topf Bohnen, wie ein diarrhöischer Magen, eine verstopfte Röhre, ein Tümpel, auf dem sich Wasserkreise bilden und wieder vergehen durch das Auf- und Abtauchen blinder Larven. Dergestalt, daß die Häretiker schlossen, jene so dumpfe Materie, die so resistent gegen jeden schöpferischen Odem war, sei mindestens ebenso ewig und immerwährend wie Gott.
In jedem Fall aber bedurfte es eines göttlichen Fiat , damit aus ihr und in ihr und über ihr das Wechselspiel des Lichts und der Finsternis, des Tages und der Nacht begann. Dieses Licht (und jener Tag), von dem im zweiten Stadium der Schöpfung die Rede ist, war noch nicht das Licht, das wir kennen, das der Sterne und der beiden großen Leuchten am Himmel, die erst am vierten Tage geschaffen wurden. Es war kreatives Licht, göttliche Energie im Reinzustand, wie bei der Explosion eines Pulverfasses, bei der das Pulver zuerst nur aus schwarzen Körnchen besteht, die zu einer undurchsichtigen Masse komprimiert sind, und dann mit einem Schlag ist es ein Umsichgreifen von lodernden Flammen, ein Konzentrat von gleitendem Leuchten, das sich bis zu seiner äußersten Peripherie ausdehnt, jenseits welcher sich als Gegensatz die Finsternis bildet (auch wenn bei uns die Explosion am Tage stattfände). Und wie wenn aus einem zurückgehaltenen Atem, aus einer Kohle, die sich durch einen inneren Hauch entzündet zu haben scheint, aus jener güldenen Quelle des Universums eine Skala von leuchtenden Vollkommenheiten entstanden wäre, die schrittweise ab- nähme bis zur hoffnungslosesten aller Unvollkommenheiten - so war der schöpferische Odem aus der unendlichen und konzentrierten Leuchtkraft der Gottheit gekommen, die dermaßen hell erglühet, daß sie uns wie dunkle Nacht erscheinet, und war hinabgeschossen durch die relative Vollkommenheit der Cherubim und Seraphim, hinab durch die Throne und Herrschaften, hinab bis zum niedersten Kehricht, wo der Regenwurm kriecht und gefühllos der Stein überlebt, hinab bis zur letzten Grenze des Nichts. »Und dieß war die Offenbarung Göttlicher Mayestat!«
Und wenn dann am dritten Tage die Gräser und Kräuter und Bäume entstehen, so spricht die Bibel noch nicht von der Landschaft, die unser Auge erfreut, sondern von einer dunklen vegetativen Potenz, von sich paarenden Samen, von einem Aufzucken leidender und gekrümmter Wurzeln, welche die Sonne suchen, die jedoch am dritten Tage noch nicht am Himmel erschienen ist.
Das Leben kommt erst am vierten Tage, wenn die Sonne, der Mond und die Sterne geschaffen werden, um der Erde Licht zu geben und den Tag
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