Die Insel Des Vorigen Tages
Vipernzungen, Wachtelköpfe, Eselshirne, Mohrenbohnen, Dachsfüße, Adlerhorststeine, Herzen aus Talg, gespickt mit zerbrochenen Nadeln, und andere Objekte aus Schlamm und Blei, widerlich anzusehen.
In der Mitte des Raums stand ein Tisch und darauf eine Schale, bedeckt mit einem blutigen Tuch, auf das der Eunuch mit Verschwörermiene deutete. Ferrante verstand nicht, und da erklärte ihm der Eunuch, daß er bei ihm genau an den Richtigen geraten sei. Tatsächlich war nämlich jener Eunuch kein anderer als derjenige, der dem Hund von Doktor Byrd die schreckliche Wunde beigebracht hatte und der nun jeden Tag zur vereinbarten Stunde, indem er das mit dem Blut des Tiers getränkte Tuch ins Vitriolwasser tunkte oder es ans Feuer hielt, die von Byrd auf der Amarilli erwarteten Signale aussandte.
Der Eunuch erzählte alles über Byrds Reise, ihr Ziel und in welchen Häfen er anlegen würde. Ferrante, der wirklich wenig oder nichts vom Geschäft mit den Längengraden wußte, konnte sich nicht vorstellen, daß Mazarin seinen Bruder nur deswegen auf jenes Schiff geschickt hatte, damit er etwas herausfand, was ihm jetzt sonnenklar zu sein schien, und so kam er zu dem Schluß, daß Roberto in Wahrheit die Lage der Salomon-Inseln feststellen sollte.
Er hielt die Tweede Daphne für schneller als die Amarilli , vertraute auf sein Glück und dachte, er werde Byrds Schiff unschwer einholen und, wenn es bei den Inseln angelegt hatte, die Mannschaft ebenso unschwer an Land überraschen und liquidieren können (Roberto inbegriffen), um dann nach Belieben über die Inseln zu verfügen, deren einziger Entdecker er dann wäre.
Der Eunuch war es, der ihm nahelegte, wie er die Amarilli am besten verfolgen könnte, ohne vom Kurs abzukommen: Er brauche bloß einen anderen Hund zu verwunden und eine Probe von dessen Blut dazulassen, mit welcher dann er, der Eunuch, jeden Tag das gleiche machen würde wie für die Amarilli , so daß Ferrante die gleichen täglichen Signale empfangen würde wie Doktor Byrd.
Er werde sofort aufbrechen, sagte Ferrante, und als der Eunuch zu bedenken gab, er müsse doch erst noch einen Hund finden, rief er aus: »Ich habe einen ganz anderen Hund an Bord!- Er führte den Eunuchen aufs Schiff und erkundigte sich, ob es unter der Mannschaft einen Barbier gab, der sich mit Aderlaß und ähnlichen Operationen auskannte. »Ich, Kapitän«, brüstete sich einer, der aus hundert Schlingen und tausend Stricken entkommen war, »wenn wir auf großer Fahrt waren, habe ich meinen Gefährten mehr Arme und Beine amputiert, als ich vorher bei den Feinden welche verletzt hatte!«
Sie stiegen in den Kielraum hinunter, wo Biscarat an zwei schräg überkreuzten Pfählen angekettet war, und Ferrante versetzte ihm eigenhändig mit einer Klinge einen tiefen Schnitt in die Seite. Während Biscarat aufheulte, fing der Eunuch das herausströmende Blut mit einem Tuch auf und verwahrte dieses anschließend in einer Tasche. Alsdann erklärte er dem Barbier, was er tun müsse, um die Wunde während der ganzen Reise offenzuhalten, ohne daß der Verwundete an ihr starb, aber auch ohne daß er von ihr genas.
Nach dieser erneuten Untat gab Ferrante Befehl, die Segel zu setzen, um zu den Salomon-Inseln aufzubrechen.
Nach Beendigung dieses Romankapitels empfand Roberto einen gewissen Widerwillen; er fühlte sich müde und erschöpft von der Anstrengung so vieler böser Taten.
Den weiteren Fortgang wollte er sich nicht mehr vorstellen und schrieb statt dessen lieber ein Gebet an die Natur, sie möge - gleich einer Mutter, die ihr Kind zum Einschlafen nötigen will und ein Tuch über die Wiege spannt, um sie mit einer kleinen Nacht zu bedecken - die große Nacht über den Planeten breiten. Er betete, daß die Nacht, indem sie alles seiner Sicht entzog, seine Augen einladen möge, sich zu schließen; daß mit der Dunkelheit auch die Stille komme; daß so, wie beim Aufgang der Sonne Löwen, Bären und Wölfe (denen das Licht wie allen Räubern und Mördern verhaßt ist) sich eilends in ihre Höhlen verkriechen, wo sie Obdach und Freiheit genießen, nun umgekehrt mit dem Abgang der Sonne hinter den Horizont auch der ganze Lärm und Tumult der Gedanken sich lege. Und daß endlich, wenn das Licht erst einmal erloschen war, auch jene Geister in ihm ermatteten, die sich im Licht erregt hatten, so daß Ruhe und Stille einkehre.
Als er die Lampe ausblies, wurden seine Hände nur noch von einem eindringenden Mondstrahl beleuchtet. Von seinem Magen erhob
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