Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Insel - Roman

Titel: Die Insel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon Thomas A Merk
Vom Netzwerk:
sich nichts.
    Die Luft roch abgestanden nach kaltem Zigarettenrauch, verloschenen Kerzen und Blut. Oder bildete ich mir das mit dem Blut nur ein?
    Ich stellte mir vor, wie Wesley und Thelma hinter einem der Sessel kauerten und mit einem Lächeln auf den Lippen geduldig darauf warteten, dass ich endlich in ihre Höhle eindrang.
    Vor dem mondhellen Himmel war ich bestimmt gut zu erkennen. Wie eine schwarze Marmorbüste auf der Fensterbank.
    Mit einem unterdrückten Seufzer schwang ich mich aufs Fensterbrett.
    Du riskierst deinen Arsch !, sagte mein zweites, beobachtendes Ich kopfschüttelnd.
    So leise wie möglich kletterte ich ins Zimmer, wobei ich darauf achtete, dass ich nicht mit dem Rucksack das noch immer hochgeschobene Fenster berührte.
    Als ich drinnen war, trat ich einen Schritt zur Seite und horchte. Die einzigen menschlichen Laute kamen von mir selbst: mein Atem, mein Herzschlag - und mein Magen, der plötzlich zu knurren anfing.
    Seit Stunden hatte ich nichts gegessen, und obwohl ich geräucherten Fisch in der Hosentasche hatte, war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für einen Imbiss.
    Stattdessen kramte ich das Feuerzeug heraus und nahm es in die linke Hand, bevor ich mit der rechten das Rasiermesser aus der Tasche holte.
    Die Klinge ließ ich eingeklappt.

    Als ich das Feuerzeug anmachen wollte, wäre es mir fast aus der verschwitzten Hand gerutscht. Irgendwie hatte ich Angst davor, Licht zu machen.
    Komm schon, drängte ich mich. Was hast du denn zu verlieren? Wenn sie im Zimmer sind, haben sie dich längst entdeckt, und wenn nicht, können sie die Flamme auch nicht sehen.
    Ich knipste das Feuerzeug an.
    Dasselbe tat im gleichen Moment ein Kerl links von mir in der gegenüberliegenden Zimmerecke.
    Vor lauter Schreck stieß ich einen unterdrückten Schrei aus, bevor ich erkannte, dass ich mich selber im Spiegel gesehen hatte.
    (Ich weiß, ich weiß, ich bin ein Idiot.)
    Ich ließ die Flamme verlöschen und blieb einige Zeit bewegungslos stehen und lauschte, ob mein Schrei vielleicht jemanden auf mich aufmerksam gemacht hatte.
    Als auch nach mehreren Minuten niemand gekommen war, knipste ich das Feuerzeug wieder an. Diesmal jagte mir der Kerl im Spiegel keinen Schrecken mehr ein. Im Gegenteil: Ich war ihm dankbar dafür, dass er für doppelt so viel Helligkeit sorgte.
    Gemeinsam sahen wir uns im Zimmer um.
    Außer uns war niemand da.
    Mit vorsichtigen Schritten bewegte ich mich in Richtung Tür, und mein Spiegelbild tat das Gleiche.
    Auf einmal rutschte ich aus und wäre um ein Haar hingefallen.
    Im Licht der kleinen Flamme bemerkte ich einen feuchten, rötlichen Fleck am Boden und erkannte, dass es genau die Stelle war, an der Wesley und Thelma mit Erin am Boden gelegen hatten. Als Thelma noch einmal ins Zimmer
gekommen war, um die Kleidungsstücke zu holen und die Kerzen auszublasen, hatte sie sich nicht die Mühe gemacht, die Lache aus Blut und Schweiß vom Boden zu wischen.
    Jetzt befand sich daneben ein deutlicher Abdruck meines linken Turnschuhs.
    Ich blies die Flamme aus und steckte das Rasiermesser in die Hosentasche. Dann holte ich Connies Badetuchweste aus dem Rucksack und wischte damit zuerst das Blut von den Sohlen meiner Turnschuhe, bevor ich mich hinkniete und den Abdruck auf dem Boden entfernte.
    Die verschmierten Stellen konnten bleiben, denn die hätten auch von Thelmas oder Wesleys nackten Füßen stammen können.
    Gemeinsam mit meinem Spiegelbild stand ich auf und besah mir meine Arbeit. Der verräterische Schuhabdruck war nicht mehr zu sehen.
    Nachdem ich die blutverschmierte Weste wieder im Rucksack verstaut hatte (ich achtete dabei darauf, dass sie mein Tagebuch nicht schmutzig machte), holte ich das Rasiermesser aus der Hosentasche und trat vorsichtig hinaus in den Korridor.

Schlafende Hunde
    Raum für Raum, Flur für Flur, Treppe für Treppe durchsuchte ich das große Haus und stellte dabei fest, dass die langweiligen Besichtigungstouren auf unserer letztjährigen Mississippireise doch nicht ganz umsonst gewesen waren: Aufgrund der dort gewonnenen Erfahrungen war mir der Grundriss des Hauses so vertraut, dass ich das Feuerzeug, das ich zunächst vorsorglich in der Hand behielt, nicht ein einziges Mal anknipsen musste.
    Schließlich steckte ich es ebenso wie das Rasiermesser zurück in die Hosentasche und verwendete meine Hände lieber dazu, um mich in der Dunkelheit voranzutasten. Dabei blieb ich immer wieder stehen und lauschte, ob ich irgendwelche Geräusche hörte.
    Das Haus

Weitere Kostenlose Bücher