Die Inseln des Ruhms 3 - Die Magierin
zurückkehren. Der Große Wandel mochte Monate zuvor auf Gorthen-Nehrung begonnen haben, aber es waren die Ereignisse in der Nabe am Tag des Walkönigs, die die Politik unserer neuen Welt bestimmten.
Das Herz der Wahrer-Inseln starb an diesem Tag. Natürlich gab es noch Silben, die überlebt hatten, aber die ganze Idee von der Führerschaft der Silbmagier verlor an Glaubwürdigkeit. Sie hatten darin versagt, die Stadt zu retten. Sie hatten die wahre Gefahr verheimlicht. Was vom Glanz der Silbfähigkeit noch übrig gewesen war– von der Idee, dass ein Silbmagier irgendwie besser wäre als das gewöhnliche Volk–, war an einem einzigen Nachmittag untergegangen.
Als beinahe natürliche Folge ging die politische Macht in der Nabe an die Menoden-Laienschaft über, an Männer und Frauen, die gemäßigtes Verhalten und Toleranz und Gleichheit predigten. Sie predigten es, aber manchmal fand ich die Rhetorik, die sie in ihren Predigten benutzten, ein bisschen zu heftig. Sie behaupteten tatsächlich, dass Gott durch den Walkönig gesprochen hätte. Und die Botschaft war, dass Magie von Gott nicht befürwortet wurde. Gott hatte sein Missfallen kundgetan. Er hatte Warnungen geschickt, aber die Warnungen waren von den Silben in ihrem Hochmut nicht gehört worden.
Manchmal fragte ich mich, wer eigentlich hochmütiger war, aber meistens behielt ich diesen Gedanken für mich.
Wir kehrten natürlich nach Tenkor zurück, sobald die Gilde das Befahren der Rinne wieder zuließ. Ich wollte unbedingt Flamme sehen und herausfinden, ob Kels Heilmittel gewirkt hatte. Ich musste mit eigenen Augen sehen, dass sie noch am Leben war.
Ihr Anblick entsetzte mich. Sie war so dünn, hatte große, gequälte Augen, die von alldem kündeten, was sie durchgemacht hatte, bevor sie auch nur ein Wort gesprochen hatte. Mir sank das Herz, als ich sie in den Armen hielt. Sie war ein zu guter Mensch, als dass sie leichtfertig mit alldem hätte umgehen können, was geschehen war. Sie empfand zu viel, fühlte zu viel mit anderen mit– und hatte doch auch zu viele Menschen verletzt.
» Du hast einen Wissenden getötet«, sagte sie, als wir allein waren. Wir saßen nebeneinander auf ihrem Bett, und ihr Kopf ruhte auf meiner Schulter. » Dek hat es mir gesagt. Ich weiß, wie schwer es gewesen sein muss. Und du hast es absichtlich getan– für mich. Bei den Gebeinen, Glut, wie kann ich mit dem leben, was ich getan habe?« Auf ihrer Wange waren Tränen.
» Zunächst einmal könntest du aufhören, dich für alles verantwortlich zu fühlen«, sagte ich und versuchte, fröhlich zu klingen. » Das ist Einbildung, weißt du. Nicht du hast den Wissenden getötet, ich war das. Und er hat um die Risiken gewusst, die damit verbunden sind, ein Agent des Wahrer-Rates zu sein. Genauso, wie ich sie kannte. Glaube mir, niemand entscheidet sich für diese Art von Leben, ohne zu wissen, dass der Tod nur einen Atemzug entfernt ist.«
Sie trocknete ihre Tränen und lächelte schwach; dann sank sie wieder ins Bett zurück. » Du bist immer so verflucht… ausgeglichen«, sagte sie.
» Ich hatte ein hartes Leben«, gab ich zu bedenken. » Das sorgt für eine pragmatische Natur und eine verdammt dicke Haut. Flamme, was du als Dunkelmagierin getan hast, war harmlos im Vergleich zu dem, was andere von dieser Sorte getan haben. Du hast einen Teil von dir unverletzt gehalten, was anderen nicht gelungen ist. Du warst eine schlechte Dunkelmagierin, weißt du, und darauf kannst du stolz sein.«
Sie starrte mich ungläubig an, und dann kicherte sie. » Und du bist der einzige Mensch auf der Welt, der mir etwas derart Haarsträubendes sagen kann und damit durchkommt.« Dann veränderte sich ihre Stimmung erneut und sie wurde wieder ernst. » Da sind noch zu viele Erinnerungen, Glut. Viel zu viele.«
Ich versuchte, die Leichtigkeit beizubehalten. » Klar, du hast mir das Gesicht zerkratzt. Keine Wunden mehr, siehst du?« Aber sie lachte nicht, und ich wusste, dass sie an Ruarth dachte. » Er weiß, dass das nicht du warst. Er kennt dich schon sein ganzes Leben lang.«
» Manchmal sehe ich die Erinnerungen in seinen Augen«, flüsterte sie. » Und ich sehe, wie er sich selbst dafür verachtet, dass er mich nicht retten konnte. Wie kann er leben, wenn er mich jeden Tag sieht und ich ihn daran erinnere? Nicht ich bin es, die ihm vergeben muss, Glut, sondern er selbst.«
Das mochte stimmen, aber ich wusste, dass es auch umgekehrt galt. Sie konnte ihn nicht ansehen, ohne an das
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