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Die irische Heilerin

Die irische Heilerin

Titel: Die irische Heilerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MICHELLE WILLINGHAM
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einem einzigen Satz hatte er die Hoffnungen des Jungen zerstört. Machte ihn das besser als die Ó Banníons? Schuldgefühle stiegen in ihm auf, und er wünschte, er hätte nichts gesagt. Whelon war ein Kind, kein Mann. Es war nicht richtig, dem Jungen die Perspektive zu nehmen, es wenigstens zu versuchen.
    „Whelon!“, rief er scharf und lief zum Rand des Waldes. Am Fuße des Hügels wandte der Junge seinen Kopf.
    „Morgen bei Sonnenaufgang. Triff mich hier.“
    Das Glück, das auf dem Gesicht des Knaben erstrahlte, erstaunte ihn. Für einen Moment verstand er, warum Eileen ihm nicht die Aussicht nehmen wollte.
    Er seufzte. Sie beide würden ein schönes Paar abgeben. Ein Junge mit nur einem Bein und ein Mann ohne Hände.
    Aber Hoffnung war ein seltenes Gut, das so viele verloren. Auch wenn er vermutlich einen schweren Fehler beging, indem er dem Jungen seinen Traum ließ, erfüllte Wärme sein Herz.
    Eileen trat in den Kreis kleiner Hütten. Sie war angespannt und wollte ihre Cousine Bridget sehen, deren Baby jederzeit kommen konnte. Bridget hatte nicht danach verlangt, dass sie vorbeischauen sollte, aber Eileen war zuversichtlich, dass sie sie dennoch nicht abweisen würde.
    Frasier Ó Duinnes Hammer schlug auf den Amboss, während er ein Hufeisen in Form brachte. Er sah Eileen an, begrüßte sie jedoch nicht. Das beunruhigende Gefühl in ihrem Magen wurde nur noch stärker.
    Im Haus saß Bridget neben dem Feuer und sprach mit einer älteren Frau, die sehr dunkles Haar hatte. Der dick geschwollene Leib ihrer Cousine sagte Eileen, dass es nun nicht mehr lange dauern würde. Sie schätzte die Größe des Kindes und bemerkte, dass Bridget die glatten Rundungen der mittleren Phase der Schwangerschaft verloren hatte. Ihr Bauch wölbte sich jetzt ungleichmäßig hervor.
    „Hallo, Bridget“, begrüßte sie ihre Cousine. Die beiden Frauen hörten auf zu sprechen und sahen sie an.
    „Hast du schon Illona, unsere neue Heilerin, kennengelernt?“, fragte Bridget.
    Bitterkeit schnürte ihr die Kehle zu, aber es gelang Eileen, die Umarmung der Frau aus dem Clan der Ó Banníons und ihren Begrüßungskuss anzunehmen. Illona schien im Alter ihrer Mutter zu sein. Um ihre Augen zeigte sich ein Fächer feiner Linien.
    „Man sagte mir, dass du früher die Heilerin von Banslieve warst“, bemerkte Illona. Die deutlichen Worte waren nicht hämisch gemeint, aber sie trafen Eileen bis ins Mark. Sie wollte rufen: Ich bin immer noch die Heilerin. Stattdessen nickte sie.
    „Wie geht es dir?“, fragte Eileen und zwang sich, ihre Aufmerksamkeit auf Bridget zu lenken.
    „Das Baby wird sehr bald kommen“, antwortete Illona. „Ohne Zweifel innerhalb der nächsten Tage.“
    „Meine Cousine kann für sich selbst sprechen“, sagte Eileen.
    Bridget sah unbehaglich aus. „Ich bin müde. Ich habe in den letzten Nächten nicht gut geschlafen.“
    „Darf ich mal sehen?“
    Bridget zögerte, und ihr Blick flog zu Illona hinüber. Die Frau nickte, und Bitterkeit wuchs weiter in Eileen. Warum suchte ihre Cousine die Erlaubnis einer Fremden? Aber sie biss sich auf die Zunge und kämpfte ihre Wut nieder.
    Der Kopf des Babys zeigte nach unten, so wie es sein sollte. Eileen hielt ihre Hände auf Bridgets Bauch. Nach kurzer Zeit bestätigte ihr eine kleine Bewegung, dass alles in Ordnung war.
    „Bewegt sich das Baby viel?“
    Bridget schüttelte den Kopf. „Es ist in den letzten Tagen stiller geworden. Es regt sich, wenn ich mich abends hinlege, aber tagsüber kaum noch.“
    Diese Ruhe bedeutete häufig, dass die Geburt unmittelbar bevorstand. Schon oft hatte Eileen deswegen eine ängstliche Mutter beruhigen müssen, die das erste Mal ein Kind in sich trug. Schließlich war in diesem späten Stadium der Schwangerschaft nur noch wenig Platz in der Gebärmutter.
    Aber Bridget hatte schon drei Kinder zur Welt gebracht, und sie strahlte eine große Gelassenheit aus, dass alles schon so kommen würde, wie es sollte. Eileen wusste, dass es eine schnelle Geburt werden würde. Die anderen Babys waren innerhalb weniger Stunden gekommen, und bei diesem Kind würde es nicht anders sein.
    „Wenn Ihr gern bei der Geburt helfen wollt, werde ich nach Euch schicken“, bot Illona an. „Eine weitere Unterstützung ist immer willkommen.“
    „Vielleicht.“ Eileen ballte ihre Hände zu Fäusten, um ihre Wut unter Kontrolle zu halten. Die Frau hatte einfach ihren Platz eingenommen. Und nun erwartete sie, dass Eileen ihr assistierte, ihren Anweisungen

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