Die irische Heilerin
dir zur Seite stehen“, versicherte sie ihrer Cousine. „Dieses Kind hier wird schneller kommen als die anderen. Kannst du gehen?“
„Natürlich.“ Mit einem verwirrten Lächeln nahm Bridget Eileens Arm an. „Du scheinst besorgt zu sein.“
Auch wenn es nie völlig ungefährlich war, bereitete es Eileen Freude, Frauen zu helfen, ihre Babys zu gebären. Dabei zu sein, wenn ein neues Leben auf die Welt kam, das Neugeborene schreien zu hören und es in warme Decken zu wickeln – das machte es auf eine gewisse Weise einfacher für sie, ihre eigene Unfruchtbarkeit zu ertragen. Wenn es Rhiannon nicht gäbe, hätte sie gar kein eigenes Kind gehabt.
Sie wusste, dass ihre Tochter zusammen mit den anderen Mädchen und Jungen in einem der Zelte schlief. Auch wenn sie wünschte, dass Rhiannon bei der Geburt dabei sein könnte, war es besser für sie, an diesem Ort zu bleiben.
Einen Augenblick später blieb Bridget stehen und atmete langsam aus. Ihre Augen schlossen sich, ganz konzentriert auf die Wehen. Schließlich griff sie nach Eileens Hand, um eine Stütze zu haben.
Schweigend zählte Eileen die Länge der Zeit zwischen den einzelnen Wehen. Sie fürchtete, die werdende Mutter würde es nicht mehr rechtzeitig nach Hause schaffen. Sie suchte nach einem Familienmitglied, jemandem, der ein Pferd besaß. Schließlich entdeckte sie einen ihrer Brüder.
„Cillian!“, rief sie und winkte ihm zu.
Ihr Bruder drehte sich um und lächelte sie an. Er zerdrückte sie beinahe, als er sie zur Begrüßung umarmte. Durch seinen Umhang konnte sie spüren, dass sich sein Körper verändert hatte. Seine Arme waren stark wie die eines Mannes, sein Lächeln war selbstsicher. „Es ist lange her, seitdem ich dich gesehen habe, Schwester. Geht es dir gut?“
Sie nickte rasch und erklärte ihm Bridgets Situation. Cillian warf einen schnellen Blick zu seiner Cousine hinüber, die Stirn gerunzelt. „Ich dachte, du darfst nicht mehr heilen.“
Eileen wollte ihn nicht anlügen. „Das stimmt. Aber ich kann sie nicht einfach allein lassen, während sie auf Illona wartet. Sie wird es ohne einen Karren nicht zurück zu ihrer Hütte schaffen. Ich kann sie nicht auf ein Pferd setzen. Kannst du uns helfen?“
Sein Gesicht wurde ernst. „Was ist mit der neuen Heilerin? Ist dies nicht ihre Verantwortung?“
„Ich habe nach ihr geschickt.“ Sie sah die Warnung in Cillians Augen und wischte seine Einwände mit einer Handbewegung beiseite. „Bridget ist unsere Cousine. Séamus wird nichts dagegen haben, wenn ich ihr helfe, bis Illona kommt.“
„Er hat es verboten, Eileen.“
„Die neue Heilerin ist eine Fremde – und außerdem eine Ó Banníon“, erwiderte sie. „Ich gehöre zu Bridgets Familie.“
Ihr Bruder seufzte und schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, Eileen.“
„Bitte, Cillian. Bridget braucht uns.“ Die Wehen der werdenden Mutter kamen jetzt immer schneller hintereinander. Eileen umfasste fest ihre Hand. „Ohne unsere Hilfe wird sie es nicht bis nach Hause schaffen.“
Schließlich gab er nach. „Wenn ich irgendwelche Zweifel an deinen Fähigkeiten hätte, würde ich niemals zustimmen. Ich werde einen Karren bringen, um euch zu helfen. Und ich werde dafür sorgen, dass Illona die weiteren Aufgaben übernimmt.“
„Danke.“ Sie küsste ihn auf die Wange, während er ihr brüderlich das Haar zerzauste.
„Was höre ich von dir und Connor MacEgan?“
Ihr Gesicht überzog eine rote Farbe. „Nichts, was dich interessieren könnte.“
Er lachte. „Unsere Mutter wird mir alles erzählen, was ich wissen will.“
„Und nichts davon wird stimmen“, entgegnete Eileen, während ihr Bruder sich aufmachte, ein Pferd und einen Wagen zu finden. Sie atmete erleichtert auf, als sie sah, wie Cillian in der Ferne eine Stute vor einen Karren spannte. Nun musste sie Frasier finden und ihm sagen, dass seine Frau in den Wehen lag.
Sie erblickte Lorcan in der Nähe eines mit Backwaren vollgestellten Tisches und winkte dem Jungen zu. „Lorcan! Hol Frasier, er soll mir bei seiner Frau helfen. Ihr Baby wird diese Nacht zur Welt kommen.“
Lorcan griff nach einem Mandelgebäck und ließ es in einer Falte seiner Tunika verschwinden, bevor er auf der Suche nach Bridgets Ehemann in der Menge verschwand.
Bridget schwankte, und Eileen hatte Mühe, sie auf den Beinen zu halten. Mit jedem Schritt erinnerte sie sich an die unerträglichen Schmerzen, als sie Rhiannon zur Welt gebracht hatte. Und doch durchlief sie auch ein Schauer der
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