Rettet unser Geld
Vorwort
Zwischen Traum und Alptraum
Ich bekenne mich schuldig: Auch ich war einmal überzeugter Anhänger des Euro und habe mich als BDI-Präsident in Deutschland und anderen europäischen Ländern für seine Einführung eingesetzt, obwohl die Deutschen mehrheitlich dagegen waren. Natürlich wusste ich damals schon um die Risiken, die mit einer neuen Einheitswährung verbunden waren, und ich ahnte, welche Folgen der Verlust der harten D-Mark für unser Land haben konnte. Doch schienen mir die Vorteile zu überwiegen, zumal unsere Politiker in Maastricht Sicherungen durchgesetzt hatten, die dem Euro sowie den mit ihm verbundenen Volkswirtschaften zu nachhaltiger Stabilität verhelfen würden.
Doch es kam anders, und heute sehe ich meinen Einsatz für den Euro als größte Fehleinschätzung meiner beruflichen Laufbahn. Denn das, was anfangs wie ein Segen für ein gemeinsames Europa erschien, hat sich heute als Hypothek entpuppt, von der nicht nur die Zukunft der Gemeinschaft, sondern vor allem auch die unseres eigenen Landes bedroht ist. Für die Deutschen hat sich die Gemeinschaftswährung bereits als schwerer Nachteil erwiesen - sie haben es nur noch nicht gemerkt.
Im Leben eines jeden Menschen gibt es einschneidende Ereignisse, persönlicher wie politischer Art, nach denen »nichts
mehr ist, wie es war« - im Politischen zähle ich dazu die Währungsreform 1949, mit der der Wiederaufstieg unseres Landes begann; aber auch den Mauerfall vierzig Jahre später, der die unerträgliche Teilung unseres Landes beendete. Beide Ereignisse haben, wie sich rückblickend feststellen lässt, das Leben in Deutschland entscheidend verändert - mein eigenes auch: Mit Ersterem wurde meiner Familie, die im Krieg Vater und Besitz verloren hatte, ein erfolgreicher Neuanfang ermöglicht. Mit Letzterem begann mein neues Leben in einer Bundeshauptstadt Berlin, wo ich - im ehemaligen Ostteil, direkt am Brandenburger Tor - gerade meinen siebzigsten Geburtstag feiern durfte.
Leider gibt es im politischen Bereich erfahrungsgemäß mehr negative Vorkommnisse, die sich den Menschen tief einprägen, auch wenn sie keine sichtbaren Narben hinterlassen. Mein letztes Buch, Die Abwracker , war durch ein solches fast traumatisches Ereignis ausgelöst worden: die amerikanische Immobilienkrise, die wie ein Erdbeben wellenartig aus den USA zu uns herüberdrang und an unserer Volkswirtschaft wie an den privaten Vermögen Milliardenschäden anrichtete. Ein Betrug historischen Ausmaßes erschütterte damals die Welt und, wie ich zugebe, auch mein Vertrauen in die globale Finanzstruktur und deren Kontrolleure.
Die Katastrophe, die durch die tödliche Mixtur aus krimineller Energie und Ahnungslosigkeit ausgelöst wurde, scheint heute fast vergessen. Dass der Steuerzahler und seine Kinder sowie deren Kinder noch in einem halben Jahrhundert die Kosten für den staatlichen Bail out , die Auslösung bankrottgefährdeter Banken und Unternehmen, abzubezahlen haben, wird nicht mehr thematisiert - man könnte auch sagen: wird verschwiegen. Wenn die Bundesregierung im September 2010 mal eben zur neuerlichen Rettung der verstaatlichten Hypo
Real Estate für vierzig weitere Milliarden garantieren muss, regt sich schon keiner mehr auf.
Dass zudem unsere Staatsverschuldung seit diesem finanziellen Tsunami explosionsartig auf die Höhe von 1,8 Billionen Euro emporgestiegen ist, scheint die Tagespolitik kaum zu berühren, die sich, statt das Problem an der Wurzel zu packen, in homöopathischem »Schuldenabbau« übt. Bildlich gesprochen, schiebt unser Staatsschiff eine gewaltige Bugwelle vor sich her, die unsere Fahrt immer anstrengender werden lässt und dabei immer mehr anschwillt, bis sie irgendwann das Deck überspülen und das Schiff zum Sinken bringen wird. Das kann in einem Jahrzehnt, es könnte aber auch schon in den nächsten Jahren geschehen.
Eigentlich hatte ich nicht vor, so schnell ein neues Buch zu schreiben. Aber wieder ist etwas eingetreten, das diese Bugwelle weiter anwachsen ließ, etwas, das ich zu jenen negativen Ereignissen im politischen Bereich zähle, mit denen sozusagen eine »neue Zeitrechnung« beginnt. Ich spreche von dem riesigen »Schutzschild«, der als Folge der Griechenlandkrise über dem Euro ausgespannt wurde und der für Deutschland dasselbe bedeutet wie die Reaktion auf die Immobilienkrise: Schulden, die andere - damals die Hauskäufer in den USA, heute die Politiker Griechenlands, morgen die anderer Euro-Länder - verursachten,
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