Die Jaeger der Nacht
und ab, Arme zucken, seltsam schnappende Laute dringen über ihre Lippen.
»Was glaubst du, wer lauter schreien wird, du oder sie? Das Mädchen ist wirklich sehr leidenschaftlich, also schreit sie vielleicht lauter. Andererseits hat sie auch eine Menge Rückgrat, findest du nicht, bei der Nummer, die sie abgezogen hat? Nicht so wie du, einfach abhauen wie ein verschrecktes Eichhörnchen und sie ganz alleine lassen.«
Body stößt einen frustrierten, ungeduldigen Schrei aus. »Genug gequatscht, fangen wir endlich an!« Ihre Zunge reibt hart und beharrlich über ihre schorfige Unterlippe wie eine Hornhautfeile. »Lassen Sie mich endlich auf ihn los!« Sie setzt kauernd zum Sprung an.
Der Direktor hebt den Kopf, lässt den Blick schweifen, eine Anfangseinstellung für die Zuschauer daheim. »Also gut, aber nicht vergessen, nur das linke Bein und sonst gar nichts. Alle anderen warten geduldig«, sagt er und tippt auf den FLUN . »Jeder kommt dran. Und damit erkläre ich zum Vergnügen des erhabensten Herrschers und zum Entzücken seiner braven Bürger …«
Ehe er den Satz beenden kann, stürzt Body auf mich zu, auf allen vieren wie eine rasende Hyäne, ihr Haar flattert waagerecht hinter ihr her. Und obwohl sie sich in blitzartiger Geschwindigkeit bewegt, sehe ich alles wie in Zeitlupe. Ihre gebleckten Lippen, das Gesicht nur noch ein klaffendes schwarzes Loch voller scharfer Zähne, die Augen mit einem rot leuchtenden Glanz überzogen.
Und ich sehe, wie den Bruchteil einer Sekunde später auch die anderen Jäger abspringen, weil sie nicht widerstehen können. Ihre Beine federn gepardengleich und katapultieren sie durch die Luft, ihre Nägel und Krallen finden nach der Landung sofort wieder Halt auf dem steinigen Wüstenboden, und dann springen sie erneut mit einer Anmut, die ihre mörderischen Absichten Lügen straft.
Ich sehe, wie der Direktor mit zitternden Händen, ausdrucksloser Miene und kochender Wut im Blick den FLUN hochzieht und auf Rotlippchen und Body richtet.
Body hebt zum letzten Sprung ab und fliegt mit ausgebreiteten Armen durch die Luft, den aufgerissenen Mund leicht zur Seite gedreht, meinen Adamsapfel im Visier.
Ein greller Lichtstrahl, blendendes Weiß und ein Schrei, der die Nacht zerreißt. Im nächsten Moment sehe ich Body zusammengerollt und schreiend auf dem Boden liegen.
Der Direktor starrt benommen auf seinen FLUN und begreift nicht, was passiert ist.
Dann fällt ein weiterer Lichtstrahl auf die Szenerie, von oben, hinter mir. Jemand steht auf dem Felsen. Diesmal trifft es Rotlippchen im Oberschenkel, als sie gerade zum Sprung auf mich ansetzen will. »Tscha!« , schreit sie und fasst hilflos an ihr Bein. Rauch steigt von ihrem Oberschenkel auf.
»Runter, Gene!« , ruft Sissy.
Ich lasse mich auf die Knie fallen, als Flatterkleid schon auf mich zu und mit ihrem Schwung so dicht über mich hinwegschießt, dass ihre Nägel mein Hemd aufreißen. Sie rollt sich bei der Landung geschickt ab und kommt sofort wieder auf mich zu.
Der nächste Schuss von oben trifft nur leeren Wüstensand.
Am Rande meines Blickfelds sehe ich einen dunklen Schatten – Hagermann –, der auf den Felsen springt. »Jacob!«, rufe ich. »Achte auf die Seiten! Er kommt von der Seite!«
Flatterkleid springt auf mich zu, die Zähne zu einem grausamen Lächeln gefletscht.
Hinter mir schreit jemand – David, Ben? – in nackter Angst.
Noch ein Strahl blitzt auf, diesmal von der anderen Seite des Felsens, ein kompletter Fehlschuss in den Himmel. Ich höre Epap voller Furcht rufen: »Sissy! Hilf mir hier drüben!«
Dann entsteht durch eine rasche Folge von Blitzlichtern ein Stroboskopeffekt: Flatterkleids Sprung erscheint stakkatohaft und abgerissen. Plötzlich ist sie über mir und stößt mit erschreckendem Gewicht und ungeheurer Größe auf mich herab. Ihr Blick ist auf meine Augen fixiert, eindringlich und konzentriert wie der einer Geliebten.
Ein Blitz trifft sie von oben, um ihren Kopf scheint ein Lichtkranz auf, ihr Körper erschlafft im Fallen, und sie landet auf mir wie ein Sack. Ich schiebe sie von mir und schaue hoch. Sissy blickt auf mich herab, bevor sie sich zu Epap wendet, als er ruft: »Ich hab keine Munition mehr. Der erste FLUN ist leer!«
Ich drehe mich und sehe mich um. Nur Flatterkleid liegt noch am Boden; Body und Rotlippchen sind trotz ihrer Brandwunden aufgesprungen, Adrenalin und Wut treibt sie vorwärts. Sie rennen zu den Felsen und hieven sich hoch.
Auf einem der Felsen beugt
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