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Die Jaeger der Nacht

Die Jaeger der Nacht

Titel: Die Jaeger der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Fukuda
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sie rücken viel zu methodisch vor.
    »Habt ihr heute euren Schönheitsschlaf nicht bekommen?«, frage ich. »Denn ihr seht alle grässlich aus.«
    Sie fächern sich in einem großen Bogen auf.
    Ich habe jeden von ihnen im Blick, vor allem den Direktor, genau vor mir. Er ist der Ruhigste von allen, sein Atem geht gleichmäßig, bedächtig setzt er einen Fuß vor den anderen. Den linken Arm lässt er tief baumeln und tippt mit den Fingernägeln lässig auf seine Kniescheibe, während er den rechten Arm hinter den Rücken hält.
    »Wir haben beschlossen, ein Spiel zu spielen«, sagt er.
    »Sagen Sie bloß.«
    Ganz links duckt Hagermann sich noch tiefer, während er weiter in einem lang gezogenen Bogen auf mich zugeht.
    »Ich denke noch über einen Namen nach. Im Moment sind das Teilen-Spiel und das Genuss-Spiel wohl die Favoriten.«
    Flatterkleid bewegt sich zu meiner Rechten, langsam wie eine Bowlingkugel in der Rinne, die Augen feucht vor Erwartung. Ihre Fettpolster hängen an ihrem Körper herunter wie pralle Wassertropfen, die jeden Moment fallen müssten. Sie hat die Zähne gebleckt und zischt feucht und leise. Sie schert weiter nach rechts aus, bis sie an den Felsen stößt.
    Genau wie Hagermann zu meiner Linken. Alle Jäger halten ihre Position und sehen den Direktor an, als würden sie auf weitere Anweisungen warten. Dann rücken sie näher, ziehen den Kreis enger.
    »Verstehst du, wir müssen ein Exempel an dir statuieren«, spricht der Direktor weiter. »Du hast die Jagd, die Institution, den Herrscher zum Gespött gemacht. Und mich auch. Mein Ruf ist unwiederbringlich beschädigt. Welcher Hepra-Experte wäre nicht in der Lage, ein Hepra direkt vor seiner Nase zu entdecken?« Zum ersten Mal verrät ein leichtes Kieksen in seiner Stimme eine Emotion. »Es reicht nicht aus, dich einfach zu verschlingen. Das würde viel zu schnell gehen – für uns und für dich. Also haben wir – auf meinen Vorschlag hin natürlich – beschlossen, dich zu teilen, dich zu genießen. Langsam. Verschwenderisch. Stückchen für Stückchen.«
    Dabei rücken sie weiter vor, lassen die Blicke schweifen, mustern mich und die Umgebung.
    Plötzlich rennt Rotlippchen auf mich zu.
    »Stopp!« , brüllt der Direktor, und Rotlippchen erstarrt, sinkt in die Hocke, den Oberkörper aufrecht wie eine erschreckte Katze. Da sehe ich zum ersten Mal den FLUN in der rechten Hand des Direktors, der jetzt auf Rotlippchen gerichtet ist. Es muss der von Ashley June sein, der in der Bibliothek zurückgeblieben ist.
    Rotlippchen zieht sich in die Formation zurück.
    »Es ist ein überaus schwieriges Spiel, weil unsere Erregung manchmal die Oberhand gewinnt.« Er wendet den Kopf und sieht jeden der Jäger kurz an. »Vorwärts«, sagt er.
    Sie rücken schrittweise näher, der Kreis schließt sich, alle halten die Formation, die Augen ständig in Bewegung, prüfend. »Wir werden dich Stück für Stück, Glied für Glied verzehren. Wir werden es in die Länge ziehen, Pausen einlegen, vielleicht fünf Minuten zwischen jedem Glied? Und wir werden sorgfältig darauf achten, dass du die ganze Zeit lebendig bleibst. Das macht sich in dem Buch bestimmt äußerst gut, verstehst du? Das Ende hinauszögern, den Leser in atemloser Spannung halten. Ein unvergleichliches Herzschlagfinale.« Er starrt mich mit feucht glänzenden Augen an. »Ich bin als Letzter an der Reihe. Ich kriege deinen Kopf.«
    »Und was dann?«
    Der Direktor lehnt sich zurück wie ein Wolf, der den Mond anheult, und kratzt sich in rasendem Wahn das Handgelenk. »Hast du wirklich gefragt: ›Und was dann?‹ Was kümmert es dich? Du bist tot!« Er hält inne und betrachtet mich. »Oh, du sorgst dich um deine Hepra-Kumpel? Mach dir ihretwegen keine Gedanken. Die kriegen wir früher oder später auch. Selbst in dieser riesigen Wüste werden wir sie finden.«
    Sie wissen nicht, wo die anderen Hepra sind.
    »Und dann gehen wir zurück zu deiner Freundin und erzählen ihr, was wir mit dir gemacht haben!«, höhnt Hagermann sabbernd.
    »Das machen wir«, geht der Direktor dazwischen und schießt Hagermann den wütenden Blick eines Mannes zu, der um die Pointe gebracht worden ist, die er unbedingt selber bringen wollte. »Und irgendwann machen wir mit ihr das Gleiche. Glied für Glied. Das Genuss-Spiel. Oh, der Name gefällt mir in der Tat ziemlich gut, ich denke, dabei wird es bleiben.«
    Der Kreis schließt sich noch enger um mich. Ihre Körper kochen vor heißhungriger Erregung, Köpfe wippen auf

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