Die Jagd am Nil
der Köter knurrte nur lauter und fletschte die Zähne, um sein Revier zu verteidigen.
«Scheuchen Sie ihn weg», verlangte Omar.
«Versuche ich ja», sagte Knox.
Links von ihnen flackerte etwas auf. Für einen Moment war das Licht weg, dann kehrte es heller wieder zurück. Ein Wachmann auf seiner Runde, der seine Taschenlampe hin und her schwenkte und gelbe Ellipsen auf den Boden malte, die gefährlich näher kamen. Als sie hinter das Plastikzelt schlüpften, folgte ihnen der Hund knurrend und schnüffelnd bis auf wenige Meter. Omar zeigte hektisch auf den Weg, den sie gekommen waren, doch es war zu spät. Der Wachmann war schon fast bei ihnen. Knox bedeutete Omar, sich hinzukauern und zusammenzureißen.
Der Wachmann hörte den Hund, strahlte ihn mit seiner Taschenlampe an und bückte sich nach einem Stein, den er energisch losschleuderte. Er verfehlte sein Ziel, provozierte jedoch wildes Bellen. Der Mann kam näher. Knox konnte das Mondlicht auf seinen polierten schwarzen Stiefeln schimmern sehen. Der zweite Wurf streifte den Hinterlauf des Hundes. Er jaulte auf und lief davon. Der Wachmann lachte, drehte sich dann um und ging weiter.
«Lassen Sie uns von hier verschwinden», flehte Omar, als der Wachmann außer Sichtweite war.
«Nur noch ein Stückchen weiter», sagte Knox. Er spielte nicht gern den Antreiber, aber dieses Gelände musste überprüft werden. Bald gelangten sie an einen Sanddamm, hinter dem ein schwaches Licht zu sehen war. Knox robbte auf Ellbogen und Knien hinauf und spähte über den Rand. Griffin und ein junger Mann mit kurzgeschorenem,blondem Haar standen am Heck eines Pick-ups, der mit eingeschalteter Innenbeleuchtung rückwärts vor der geöffneten Tür eines gedrungenen Steingebäudes parkte. Zwei weitere junge Männer kamen mit einer Kiste heraus, die sie auf die Ladefläche hoben. Auch ihr Haar war kurz geschoren, und wie der andere trugen sie blaue Hemden und Khakihosen.
«Das reicht fürs Erste», sagte Griffin. «Wir müssen sowieso nochmal zurückkommen.» Er verschloss das Gebäude und setzte sich hinter das Steuer des Pick-ups, während die drei jungen Männer auf die Ladefläche stiegen.
«Was machen die da?», flüsterte Omar, als sie davonfuhren.
«Sie räumen ihr Magazin, damit wir morgen nichts Belastendes finden.»
«Gehen wir zur Polizei und erzählen alles.»
«Bis wir zurück sind, haben sie alles versteckt.»
«Bitte, Daniel, ich hasse so etwas.»
Knox holte die Schlüssel seines Jeeps hervor und drückte sie Omar in die Hand. «Gehen Sie los und warten Sie auf mich», sagte er. «Wenn ich in einer Stunde nicht zurück bin, holen Sie die Polizei.»
Omar verzog sein Gesicht. «Bitte, kommen Sie mit mir.»
«Wir müssen herausfinden, wo sie das Zeug hinbringen, Omar. Das verstehen Sie doch, oder?» Ehe Omar etwas erwidern konnte, richtete Knox sich auch schon auf und lief los – dem Pick-up hinterher, dessen Rücklichter in der Dunkelheit funkelten wie die Augen eines Dämons.
II
Lily war ein bisschen verlegen, als sie aus Staffords Zimmer kam. «Er muss ein paar dringende Telefonate führen», sagte sie Gaille, die draußen wartete. «Ist es wichtig, dass er mit uns kommt?»
«Es ist Ihre Dokumentation», entgegnete Gaille achselzuckend. «Fatima dachte nur, es könnte Sie interessieren, das ist alles.»
«Es interessiert uns auch. Denken Sie nicht, wir wüssten es nicht zu schätzen. Es ist nur …»
«Er muss telefonieren», half ihr Gaille.
«Ja», sagte Lily und senkte den Blick. Stafford hatte den Internetzugang in seinem Zimmer entdeckt und las nun glücklich seine E-Mails , überprüfte seine jüngsten Verkaufszahlen und schaute nach, ob in letzter Zeit jemand etwas Nettes über ihn geschrieben hatte.
Sie folgte Gaille durch das hintere Tor des Lagers, das direkt in die Wüste führte. Ihre Füße versanken in dem weichen, trockenen Sand, wodurch ihr die Kameraausrüstung doppelt so schwer vorkam.
«Soll ich Ihnen damit helfen?», fragte Gaille.
«Wenn es Ihnen nichts ausmacht.»
«Sie sind also Staffords Kamerafrau?», meinte Gaille und nahm eine Tasche.
«Und Produzentin», sagte Lily bekümmert. «Außerdem Tontechnikerin und Mädchen für alles.» Anscheinend hatte Stafford nur solange auf große Teams und jeden Luxus bestanden, wie er auf Rechnung anderer Leute gearbeitet hatte. Doch mit der Zeit hatte ihm der Gedanke nicht mehr behagt, dass jemand anderes aus seiner Arbeit Profit schlagen könnte, und deshalb eine
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