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Die Jagd am Nil

Die Jagd am Nil

Titel: Die Jagd am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Adams
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eingewickelt hinter ihrem Schreibtisch. Vor lauter Erschöpfung sah sie unter ihrem Schal wie eine Leiche aus. Manchmal konnte Gaille kaum glauben, dass in einer derart zerbrechlichen und ausgezehrten Gestalt ein so großer und bemerkenswerter Geist wohnte. Fatima war ganz in der Nähe, östlich von diesem Lager, geboren und hatte früh ihre Leidenschaft für das antike Ägypten entdeckt. Sie hatte ein Stipendium an der Universität Leiden in Holland erhalten, war dort Dozentin geworden und jedes Jahr nach Ägypten zurückgekehrt, um Ausgrabungen in Berenike durchzuführen. Ihre Krankheit hatte sie jedoch endgültig wieder hierher zurückgebracht, in die Nähe ihrer Familie und ihrer Wurzeln. «Ich habe gesehen, dass du wieder da bist», sagte sie lächelnd. «Danke.»
    Gaille legte eine Hand auf ihre Schulter. «Das habe ich gern gemacht.»
    «Was hältst du von unserem Mister Stafford?»
    «Ach, eigentlich hatte ich noch gar keine Gelegenheit, ihn richtig kennenzulernen.»
    Fatima gab ein seltenes Lachen von sich. «So schlimm?»
    «Na ja, ich mag diesen Historikertyp nicht besonders.»
    «Ich auch nicht.»
    «Warum hast du ihn dann eingeladen?»
    «Weil wir Geld brauchen, meine Liebe», antwortete Fatima. «Und dafür benötigen wir zuerst etwas Werbung.» Sie kniff die Augen zusammen und zog ein blutiges Taschentuch hervor, das unvermeidliche Vorspiel für einen ihrer heftigen Hustenanfälle.
    Gaille wartete geduldig, bis sie sich erholt hatte. «Es muss doch andere Wege geben», sagte sie, nachdem das Taschentuch wieder in Fatimas Gewändern verschwunden war.
    «Ich wünschte, es gäbe welche.»
    Doch beide kannten die Realität. Der größte Teil des ohnehin knappen Budgets der Antiquitätenbehörde ging nach Giseh, Sakkara, Luxor und andere berühmte Stätten. Da hingegen fast niemand diesen Teil Oberägyptens besuchte, wurde trotz der Schönheit, der freundlichen Menschen und der historischen Bedeutung kaum investiert.
    «Aber ich verstehe nicht, wie uns Staffords Anwesenheit helfen könnte», entgegnete Gaille stur.
    «Seine Bücher werden gelesen», sagte Fatima.
    «Seine Bücher sind Unsinn.»
    «Das weiß ich. Trotzdem werden sie gelesen. Und die Leute sehen auch seine Dokumentationen. Vielleicht wollen einige aufgrund seiner Bücher oder Filme mehr wissen und kommen vielleicht sogar hierher, um die Wahrheit auf eigene Faust zu entdecken. Und wenn erst mal ein paar Leute kommen, kann auch eine touristische Infrastruktur aufgebaut werden.»
    «Die beiden sagten etwas davon, dass ich sie morgen nach Amarna begleiten soll.»
    Fatima nickte. «Entschuldige, dass ich dir das aufhalse», sagte sie. «Aber mein Arzt war heute hier. Er ist nicht zufrieden mit meiner   … Prognose.»
    «O nein», sagte Gaille traurig. «Ach, Fatima.»
    «Ich will kein Mitleid», entgegnete sie scharf. «Ich sage nur, wie es aussieht. Ich soll morgen für Tests ins Krankenhaus kommen. Deshalb kann ich Stafford nicht wie versprochen begleiten. Jemand muss für mich einspringen. Er hat mein Honorar schon überwiesen, und ich habe nicht vor, es zurückzuzahlen.»
    «Warum kann nicht einer von den anderen mitfahren?», fragte Gaille. «Sie wissen mehr als ich.»
    «Nein, tun sie nicht. Du warst zwei Sommer bei deinem Vater in Amarna, oder?»
    «Da war ich noch ein Teenager. Es ist über zehn Jahre her.»
    «Und? Keiner von meinen Mitarbeiter hat so lange bei einer Ausgrabung dort mitgemacht. Und du hast die achtzehnte Dynastie an der Sorbonne studiert, oder? Warst du mit Knox nicht gerade wieder dort? Außerdem wissen wir beide, dass ein westliches Publikum wesentlich positiver auf ein westliches Gesicht und eine westliche Stimme reagiert.»
    «Er wird es so aussehen lassen, als würde ich seine Theorien unterstützen.»
    «Das tust du nicht.»
    «Ich weiß, aber er wird es so aussehen lassen. Er nimmt sich, was er braucht, und ignoriert alles andere. Er wird mich lächerlich machen.»
    «Bitte.» Fatima legte eine Hand auf Gailles Arm. «Du hast keine Ahnung, wie knapp unser Budget ist. Wenn ich nicht mehr da bin   …»
    Gaille zuckte zusammen. «Sag so etwas nicht.»
    «Es ist die Wahrheit, meine Liebe. Ich muss dieses Projekt finanziell abgesichert hinterlassen. Es ist mein Vermächtnis. Und das bedeutet, dass das Renommee dieser Region gesteigert werden muss. Ich bitte dich um Hilfe. Wenn du meinst, dass du es nicht machen kannst, könnte ich meine Tests vielleicht verschieben.»
    Gaille zwinkerte, ihr Kinn bebte. «Das ist

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