Die Jagd am Nil
uns finden», sagte Gaille.
«Niemand wird uns finden.»
«Doch, man wird uns finden.»
«Woher wollen Sie das wissen?»
Gaille zögerte. Bisher hatte sie von Knox und der Nachricht, die sie versucht hatte, ihm zu senden, noch nichts gesagt. Die Sache war so vage, dass es ungerecht erschien, alle Hoffnung auf seine Schultern zu laden. Doch Lily stand kurz vor einem Zusammenbruch, sie musste sich an etwas klammern. «Ich habe einen Freund», sagte sie.
«Ach, Sie haben einen Freund», spottete Lily. «Wir werden gerettet, weil Sie einen Freund haben!»
«Ja», erwiderte Gaille.
Die Ruhe in Gailles Stimme schien Lily zu besänftigen, aber da sie spürte, dass sie noch mehr herausbekommen konnte, wollte sie sich nicht so leicht trösten lassen. «Und wie soll uns dieser Freund von Ihnen helfen?», fragte sie. «Hat er übersinnliche Kräfte oder wie?»
«Ich habe ihm gesagt, wo wir sind.»
«Sie haben
was
?», fragte Stafford aus der Dunkelheit.
«Als wir gefilmt wurden, habe ich ihm zu verstehen gegeben, dass wir in Amarna sind und nicht in Assiut.»
«Und wie?»
«Das ist etwas kompliziert.»
Stafford grunzte beinahe amüsiert auf. «Und wir sind zu blöd dafür, oder?»
«Es gibt ein Porträt von Echnaton, das wir beide kennen», erklärte Gaille seufzend. «Darauf hat er eine besondere Sitzposition.»
«Deswegen haben Sie Ihre Position verändert, bevor Sie die Botschaft vorgelesen haben?»
«Ja.»
«Ich wüsste nicht, dass Echnaton jemals auf diese Weise dargestellt worden ist.»
«Nein?», entgegnete Gaille.
Für einen Augenblick herrschte Stille. Gaille konnte sich Staffords versteinerte Miene vorstellen. «Sie glauben wirklich, dass Ihr Freund daraus schließen kann, wo wir sind?», fragte er. «Aus der Art, wie Sie gesessen haben?»
«Ja, das glaube ich.»
Lily berührte Gaille am Arm. «Wie heißt er denn, Ihr Freund?» Gaille holte tief Luft. Es war ein komisches Gefühl, den Namen laut auszusprechen. Als würde sie sich auf etwas festlegen. «Daniel Knox», antwortete sie.
«Und man wird auf ihn hören, ja? Ich meine, es ist ziemlich sinnlos, wenn er weiß, wo wir sind, aber die Polizei nicht auf ihn hört, oder? Man kennt ihn also, ja?»
«O ja», versicherte Gaille ihr, froh, etwas mit absoluter Überzeugung sagen zu können. «Man kennt ihn sehr gut.»
Kapitel 33
I
Die Metalltür quietschte in den Angeln, als sich Farooq in das Verhörzimmer schob, ein Tablett mit zwei Bechern Kaffee, einem Notizblock und einem Kassettenrecorder in den Händen. Er stellte es auf den Tisch. «Wie ich höre, sind Sie meinen Leuten ziemlich auf die Nerven gegangen», sagte er.
«Eine Freundin von mir ist gekidnappt worden», erwiderte Knox. «Sie hat mir eine Nachricht gesendet.»
«Ja, ja», sagte Farooq. «Diese berühmte Nachricht. Meine Kollegen haben den ganzen Morgen über nichts anderes gesprochen.»
«Sie müssen es den zuständigen Beamten erzählen. Es könnte wichtig sein.»
«Was genau soll ich denen sagen? Dass Sie glauben, dass sie versucht, Ihnen eine Nachricht zu übermitteln, Sie aber leider nicht wissen, welche? Was soll das bringen?»
«Lassen Sie mich gehen. Ich werde es herausfinden.»
«Sicher. Am besten lasse ich auch alle Mörder laufen. Sie können Ihnen dann beim Suchen helfen.»
«Bitte, ich flehe Sie an. Sagen Sie den zuständigen Beamten wenigstens …»
«Mister Knox. Beruhigen Sie sich. Einer meiner Kollegen hat sich bereits mit Assiut in Verbindung gesetzt, das versichere ich Ihnen. Wenn die Beamten dort mehr wissen, werden sie sich melden. Das haben sie bisher noch nicht getan. Und ich bezweifle, dass sie es tun werden. Wenn doch, sage ich Ihnen Bescheid. Siehaben mein Wort. So, können wir uns jetzt bitte auf das eigentliche Problem konzentrieren?»
«Auf das eigentliche Problem?»
Farooq verdrehte die Augen. «Gestern Abend habe ich Sie darauf hingewiesen, dass ich beabsichtige, Sie für den Mord an Omar Tawfiq anzuklagen. Haben Sie das vergessen?»
«Nein.»
«Na also. Ist Ihre Erinnerung inzwischen zurückgekehrt? Können Sie uns endlich sagen, was wirklich geschehen ist? Warum Sie in den Graben gefahren sind?»
«Ich bin nicht in den Graben gefahren.»
«Doch, das sind Sie. Und ich will wissen, warum.» Er beugte sich ein Stück weit vor und schaute Knox beinahe gierig an. «Sie haben auf Petersons Ausgrabungsstätte etwas entdeckt, stimmt’s?»
Knox zögerte. Unter anderen Umständen wäre er auf Farooqs plumpen Versuch, ihn dazu zu bringen,
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