Die Jagd beginnt
durch. »Das Haus ist leer, Lord Ingtar.« Das Maß seiner Erregung wurde dadurch deutlich, dass er einmal nicht fluchte.
»Vorhänge«, meldete sich Mat zu Wort. »Er erschrickt, weil ein paar verdammte Vorhänge durch die Gegend wehen.« Uno sah ihn scharf an und kehrte dann zu seinem Pferd zurück.
»Wohin sind sie verschwunden?«, fragte Rand Loial. »Glaubst du, sie sind weggerannt, als die Schattenfreunde kamen?« Und die Trollocs und ein Myrddraal. Und das, was Hurin als noch schlimmer bezeichnet. Schlaue Leute, falls sie so schnell wegrannten, wie sie nur konnten.
»Ich fürchte, die Schattenfreunde haben sie mitgenommen, Rand«, sagte Loial zögernd. Er verzog das Gesicht. Bei seiner breiten Nase, die ein wenig wie ein Rüssel wirkte, war das schon beinahe eine wütende Fratze. »Für die Trollocs.« Rand schluckte und bereute, dass er gefragt hatte. Es war kein angenehmes Gefühl, sich vorzustellen, was die Trollocs fraßen.
»Was auch hier geschehen sein mag«, sagte Ingtar, »in jedem Fall haben es die Schattenfreunde zu verantworten. Hurin, wurde hier Gewalt angewandt? Wurde getötet? Hurin?«
Der Schnüffler fuhr zusammen und blickte sich erschreckt um. Er hatte über den Fluss hinweggeblickt. »Gewalt, Lord Ingtar? Ja. Getötet wurde niemand. Oder nicht direkt.« Er sah Perrin aus den Augenwinkeln an. »Ich habe so was noch nie zuvor gerochen, Lord Ingtar. Aber verletzt wurden schon welche.«
»Gibt es Zweifel daran, dass sie den Fluss überquerten? Oder sind sie wieder auf der eigenen Spur ein Stück zurückgeritten?«
»Sie sind drüben, Lord Ingtar.« Hurin blickte nervös zum anderen Ufer. »Sie haben ihn überquert. Aber was sie auf der anderen Seite gemacht haben …?« Er zuckte die Achseln.
Ingtar nickte. »Uno, ich brauche diese Fähre auf unserer Seite. Und ich will, dass Kundschafter sich drüben umschauen, bevor wir den Fluss überqueren. Nur weil hier keine Falle auf uns lauerte, heißt das nicht, dass es dort keine gibt, wenn wir uns bei der Überquerung aufteilen müssen. Die Fähre ist nicht groß genug, um uns alle auf einmal hinüberzubringen. Kümmere dich also darum.«
Uno verbeugte sich, und Augenblicke später halfen sich Ragan und Masema gegenseitig aus den Rüstungen. Bis auf den Lendenschurz entkleidet und mit einem Dolch bewaffnet, trabten sie auf krummen Reiterbeinen zum Ufer und wateten ins Wasser. Sie zogen sich mit den Händen an dem dicken Fährtau entlang. Das Tau hing in der Mitte weit genug durch, um sie bis an die Hüften im Wasser stehen zu lassen, und die Strömung war stark. Sie zog sie flussabwärts, doch schneller als Rand geglaubt hatte, stemmten sie sich über die rauen Bordwände der Fähre. Sie zogen ihre Dolche und verschwanden unter den Bäumen.
Nach einer Weile, die wie eine Ewigkeit erschien, tauchten die beiden Männer wieder auf und machten sich daran, die Fähre langsam herüberzuziehen. Der Kahn stieß unterhalb des Dorfes ans Ufer, und Masema vertäute ihn, während Ragan zu Ingtar hinauftrabte. Sein Gesicht war bleich. Die Pfeilnarbe auf seiner Wange trat deutlich hervor. Er wirkte erschüttert, als er sprach: »Das andere Ufer … Es gibt dort keinen Hinterhalt, Lord Ingtar, aber …« Er verbeugte sich tief, immer noch klatschnass und zitternd. »Lord Ingtar, Ihr müsst das selbst sehen. Die große Steineiche, fünfzig Schritt südlich des Landestegs. Ich kann es nicht sagen. Ihr müsst es selbst sehen.«
Ingtar runzelte die Stirn und blickte erst Ragan und dann das ferne Ufer an. Schließlich sagte er: »Ihr habt eure Sache gut gemacht, Ragan. Ihr beide.« Seine Stimme wurde schärfer. »Uno, hole diesen Männern etwas aus den Häusern, um sich abzutrocknen. Und schau nach, ob jemand Teewasser aufgesetzt hatte. Gib ihnen etwas Heißes zu trinken. Dann bringe die zweite Gruppe und die Packpferde hinüber.« Er wandte sich Rand zu. »Also, seid Ihr bereit, das Südufer des Erinin zu sehen?« Er wartete nicht auf eine Antwort und ritt mit Hurin und der Hälfte der Lanzenträger zur Fähre hinunter.
Rand zögerte einen Moment und folgte ihnen dann. Loial kam mit ihm. Zu seiner Überraschung ritt Perrin vor ihnen. Er blickte grimmig drein. Einige der Lanzenträger stiegen unter groben Scherzen ab, um das Tau zu ziehen und die Fähre hinüberzubringen.
Mat wartete bis zur letzten Minute, als einer der Shienarer bereits die Fähre losband, doch dann gab er seinem Pferd die Fersen zu spüren und drängte sich an Bord. »Früher oder
Weitere Kostenlose Bücher