Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
später muss ich doch kommen, oder?«, sagte er atemlos, ohne jemand Bestimmtes anzusprechen. »Ich muss ihn finden.«
    Rand schüttelte den Kopf. Da Mat so gesund wie früher wirkte, hatte er beinahe vergessen, warum Mat mitgekommen war. Um den Dolch zu finden. Überlasse Ingtar das Horn. Ich will nur den Dolch für Mat haben. »Wir werden ihn finden, Mat.«
    Mat sah ihn finster an – mit einem höhnischen Seitenblick auf seinen vornehmen roten Mantel – und wandte sich ab. Rand seufzte.
    »Es wird sich alles wieder zum Besten wenden, Rand«, sagte Loial leise. »Irgendwie geht das schon.«
    Die Strömung zerrte an der Fähre, als sie vom Ufer weggezogen wurde. Sie drückte sie unter hartem Quietschen gegen das Tau. Die Lanzenträger wirkten als Fährleute schon sehr eigenartig. Sie marschierten mit Helm und Rüstung und Schwertern auf dem Rücken über das Deck, aber auch so brachten sie die Fähre gut auf den Fluss hinaus.
    »Auf diese Art haben wir unsere Heimat verlassen«, sagte Perrin unvermittelt. »In Taren-Fähre. Die schweren Stiefeltritte der Fährleute an Deck und das Glucksen des Wassers um die Fähre herum. So verließen wir die Heimat. Diesmal wird es schlimmer.«
    »Wie kann es noch schlimmer werden?«, fragte Rand. Perrin antwortete nicht. Er suchte mit Blicken das andere Ufer ab, und seine goldenen Augen schienen fast zu glühen, doch nicht vor Eifer.
    Nach einer Minute fragte auch Mat: »Wie kann es noch schlimmer kommen?«
    »Es wird schlimmer. Ich kann es riechen«, war alles, was Perrin zu sagen bereit war. Hurin beäugte ihn nervös, aber andererseits sah Hurin alles und jeden beunruhigt an, seit sie Fal Dara verlassen hatten.
    Die Fähre prallte mit einem dumpfen Geräusch vom Aufschlag fester Planken auf zähen Ton beinahe schon unter den überhängenden Zweigen der Bäume auf das Südufer, und die Shienarer, die pausenlos an dem Tau gezogen hatten, stiegen wieder auf ihre Pferde. Nur zwei blieben zurück. Ingtar hatte ihnen befohlen, die Fähre zurückzubringen, um die anderen abzuholen. Der Rest folgte Ingtar die Uferböschung hinauf.
    »Fünfzig Schritt zu einer großen Steineiche«, sagte Ingtar, als sie in den Wald hineinritten. Seine Stimme klang etwas zu unbeteiligt. Wenn schon Ragan nicht darüber sprechen konnte … Einige der Soldaten lockerten die Schwerter auf ihren Rücken und hielten die Lanzen stoßbereit.
    Zuerst glaubte Rand, die Gestalten, die an ihren Armen von den dicken grauen Ästen der Steineiche hingen, seien Vogelscheuchen. Rote Vogelscheuchen. Dann erkannte er die beiden Gesichter. Changu und der andere Mann, der mit ihm zusammen Wache gehalten hatte. Nidao. Die Augen weit aufgerissen, die Zähne in erstarrtem Schmerz gebleckt. Sie hatten noch lange Zeit gelebt, nachdem die Gräueltat begonnen hatte.
    Perrin stieß ein tiefes Grollen aus. »Das Schlimmste, was ich je gesehen habe, Lord Ingtar«, sagte Hurin mit schwacher Stimme. »Das Schlimmste, was ich je gerochen habe, außer an jenem Abend im Kerker von Fal Dara.«
    Verzweifelt suchte Rand das Nichts in seinem Inneren. Die Flamme schien ihm immer im Weg zu sein. Das fahle Licht flackerte im Rhythmus seines krampfartigen Würgens, doch er kämpfte sich hindurch, und schließlich war er ganz in Leere gehüllt. Das Schwindelgefühl pulsierte innerhalb des Nichts in seinem Inneren. Diesmal also nicht draußen, sondern drinnen. Kein Wunder, wenn man so etwas sehen muss. Der Gedanke hüpfte über das Nichts wie ein Wassertropfen in einer heißen Pfanne. Was hat man mit ihnen gemacht?
    »Man hat ihnen die Haut bei lebendigem Leib abgezogen«, sagte jemand hinter ihm, und außerdem hörte er, wie sich jemand übergab. Er glaubte, es sei Mat, doch alles war weit von ihm entfernt. Er befand sich im Nichts. Nur dass auch dieses ekelhafte Schwindelgefühl bei ihm war. Er hatte das Gefühl, er müsse sich ebenfalls übergeben.
    »Schneidet sie ab«, sagte Ingtar mit rauer Stimme. Er zögerte einen Moment und fügte dann hinzu: »Begrabt sie. Wir können nicht sicher sein, dass sie wirklich Schattenfreunde waren. Sie könnten auch deren Gefangene gewesen sein. Lasst sie die letzte Umarmung der Mutter noch fühlen.« Männer ritten mit zögernd gezogenen Messern hin. Selbst für die schlachtgewohnten Shienarer war das keine leichte Aufgabe – die gehäuteten Leichen von Männern abzuschneiden, die sie gekannt hatten.
    »Geht es Euch so weit gut, Rand?«, fragte Ingtar. »Ich bin an so etwas auch nicht gewöhnt.«
    »Mir …

Weitere Kostenlose Bücher