Die Jagd beginnt
um mit Uno die Lagerstätte abzugehen und den Boden zu untersuchen. Hurin ritt schnüffelnd rund um das Lager. Rand saß auf seinem Hengst neben den anderen Männern. Er verspürte kein Verlangen danach, einen Ort näher anzusehen, an dem Trollocs und Schattenfreunde gelagert hatten. Und ein Blasser. Und etwas noch Schlimmeres.
Mat kletterte den Abhang hoch und stolzierte auf den Lagerplatz. »Sieht so ein Lager von Schattenfreunden aus? Stinkt ein bisschen, aber ansonsten kann ich nicht sagen, dass es sich von anderen wesentlich unterscheidet.« Er trat nach einem Aschehäufchen, wobei er ein Stück angesengten Knochen losriss. Er bückte sich und hob es auf. »Was essen Schattenfreunde? Sieht nicht wie ein Schafsknochen aus.«
»Hier wurde gemordet«, sagte Hurin traurig. Er rieb sich die Nase mit einem Taschentuch. »Was geschah, war schlimmer noch als einfacher Mord.«
»Hier waren Trollocs«, sagte Ingtar, und dabei sah er Mat offen an. »Ich denke, sie hatten wohl Hunger, und die Schattenfreunde waren gerade zur Hand.« Mat ließ den geschwärzten Knochen fallen. Er sah aus, als wolle er sich übergeben.
»Sie ziehen jetzt nicht mehr Richtung Süden, Lord Ingtar«, sagte Hurin. Das brachte ihm die Aufmerksamkeit aller ein. Er zeigte zurück nach Nordosten. »Vielleicht haben sie sich entschlossen, doch zur Fäule zurückzukehren. Uns zu umgehen. Vielleicht wollten sie uns nur ablenken, indem sie nach Süden gingen.« Es klang aber nicht so, als glaube er selbst daran. Er schien verblüfft.
»Was sie auch versuchen«, fauchte Ingtar, »ich will sie jetzt in die Finger kriegen. Aufsitzen!«
Kaum eine Stunde später hielt Hurin erneut an. »Sie haben wieder die Richtung geändert, Lord Ingtar. Nach Süden. Und hier haben sie jemand anderes getötet.«
Im Einschnitt zwischen zwei Hügeln war keine Asche zu sehen, aber nach ein paar Minuten fanden sie die Leiche. Ein Mann, den sie zusammengerollt unter Büsche geschoben hatten. Sein Hinterkopf war eingeschlagen und die Augen unter der Wucht des Schlags herausgequollen. Keiner erkannte ihn, obwohl er shienarische Kleidung trug.
»Wir werden unsere Zeit nicht damit verschwenden, Schattenfreunde zu beerdigen«, grollte Ingtar. »Wir reiten nach Süden.« Er folgte den eigenen Worten schon, kaum dass er sie ausgesprochen hatte.
Ansonsten verlief dieser Tag genau wie der vorhergegangene. Uno betrachtete die Spuren und was die anderen liegen gelassen hatten und sagte, sie hätten ein wenig Boden gutgemacht. Die Dämmerung kam, ohne dass sie Trollocs oder Schattenfreunde zu Gesicht bekommen hätten, und am nächsten Morgen fanden sie wieder ein verlassenes Nachtlager – in dem, wie Hurin behauptete, erneut ein Mord begangen worden war –, und die Richtung änderte sich ebenfalls wieder, diesmal nach Nordwesten. Weniger als zwei Stunden später fanden sie eine weitere Leiche, einen Mann, dessen Schädel von einer Axt gespalten war; die Richtung änderte sich schon wieder. Erneut nach Süden. Und, falls Uno die Spuren richtig deutete, hatten sie weiter aufgeholt. Bis zum Einbruch der Dunkelheit sahen sie nur einige entfernte Bauernhöfe. Der nächste Tag brachte das Gleiche: Richtungsänderungen, Mord und so weiter, und der darauf folgende wieder.
Jeder Tag brachte sie ihrer Beute ein wenig näher, doch Ingtar ging es nicht schnell genug. Er kochte ständig vor Wut. Einmal schlug er vor, einfach auf direktem Weg abzukürzen, als die Spuren wieder einmal morgens von einer Richtungsänderung zeugten –sicher würden sie die Spur wiederfinden, wenn sie erneut nach Süden zeigte, und damit mehr Zeit gewinnen –, aber bevor jemand etwas dagegen einwenden konnte, meinte er selbst, das sei ein schlechter Einfall gewesen, falls die Männer, die sie suchten, diesmal doch nicht nach Süden weiterritten. Er trieb alle zu noch größerer Eile an, wollte, dass sie früher aufbrachen und bis zur vollständigen Dunkelheit ritten. Er erinnerte sie an die Aufgabe, die ihnen die Amyrlin anvertraut hatte, nämlich das Horn von Valere zurückzugewinnen und sich durch nichts davon abbringen zu lassen. Er sprach von dem Ruhm, den sie dadurch erwerben würden, dass ihre Namen in die Geschichtsbücher und in die Erzählungen der Gaukler und die Lieder der Barden eingehen würden als diejenigen, die das Horn gefunden hatten. Er sprach unablässig, als könne er nicht mehr aufhören, und blickte in die Richtung, die ihnen die Spuren wiesen, als läge in ihnen all seine Hoffnung auf
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