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Die Jagd beginnt

Die Jagd beginnt

Titel: Die Jagd beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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sich gegen das Gewicht der Säule. »Kein Zweifel, es war nur der Wind, Lord Rand.«
    Loial runzelte besorgt die Stirn: »Ich fürchte, wir sollten außerdem noch etwas anderes beachten.« Er deutete nach Süden. »Was seht Ihr dort hinten?«
    Rand sah mit zusammengekniffenen Augen hinüber, denn entfernte Dinge schienen schon wieder auf ihn zuzugleiten. »Eine Landschaft wie die, die wir gerade durchquert haben. Bäume. Dann ein paar Hügel und Berge. Sonst nichts. Worauf willst du hinaus?«
    »Die Berge«, seufzte Loial. Die Haarbüschel an seinen Ohren hingen herunter, und die Enden seiner Augenbrauen befanden sich auf seinen Wangen. »Das muss Brudermörders Dolch sein, Rand. Es gibt keinen anderen Berg, der hier stehen könnte, sonst wäre diese Welt grundlegend verschieden von unserer. Aber Brudermörders Dolch liegt mehr als zweihundert Meilen südlich des Erinin. Sogar noch um einiges mehr. Man kann Entfernungen hier nur schwer abschätzen, aber … Ich glaube, wir können vor Anbruch der Dunkelheit dort sein.« Er musste nicht mehr sagen. Sie hätten in weniger als drei Tagen wohl kaum mehr als zweihundert Meilen zurücklegen können.
    Ohne nachzudenken, murmelte Rand: »Vielleicht ist dieser Ort wie die Kurzen Wege.« Er hörte Hurin stöhnen und bedauerte sofort, seine Zunge nicht im Zaum gehalten zu haben.
    Es war kein angenehmer Gedanke. Betritt eines der Wegetore – man konnte sie gleich außerhalb von Ogier- Stedding und in den Hainen der Ogier finden –, und du kannst die Wege wieder durch ein anderes Tor verlassen und bist zweihundert Meilen von deinem Ausgangspunkt entfernt. Heutzutage waren die Wege düster und voller Gefahren, und sie zu durchqueren bedeutete, dass man sein Leben und seinen Verstand riskierte. Selbst die Blassen fürchteten sich davor, die Kurzen Wege zu benützen.
    »Falls es so ist, Rand«, gab Loial zu bedenken, »kann dann auch hier ein falscher Schritt zum Verhängnis werden? Gibt es Dinge, die wir noch nicht gesehen haben, die mehr können, als uns nur zu töten?« Hurin stöhnte wieder auf.
    Sie hatten das fade Wasser getrunken und waren dahingeritten, als hätten sie keinerlei Sorgen. Sorglosigkeit konnte einen auf den Kurzen Wegen ganz schnell töten. Rand schluckte und hoffte, sein Magen werde sich rasch wieder beruhigen.
    »Es ist zu spät, sich darüber Gedanken zu machen, was hinter uns liegt«, sagte er. »Allerdings werden wir von nun an besser Acht geben.« Er sah Hurin an. Der Schnüffler hatte den Kopf eingezogen, und sein Blick huschte unstet umher, als fürchte er, dass sich von irgendwoher etwas auf ihn stürzen könne. Der Mann hatte Mörder verfolgt, aber das hier war mehr, als er ertragen konnte. »Nimm dich zusammen, Hurin. Wir sind noch nicht tot, und wir werden auch nicht sterben. Wir müssen nur vorsichtiger sein. Das ist alles.«
    Genau in diesem Augenblick hörten sie den dünnen, weit entfernten Schrei.
    »Eine Frau«!, sagte Hurin. Selbst diese Art von Normalität schien seine Lebensgeister wieder ein wenig zu wecken. »Ich wusste doch, dass ich …«
    Ein weiterer Schrei ertönte, diesmal noch verzweifelter als der erste.
    »Nur wenn sie fliegen kann«, sagte Rand. »Sie befindet sich südlich von uns.« Er gab dem Braunen die Fersen und jagte ihn mit zwei Sätzen in den gestreckten Galopp.
    »Du hast gesagt, wir müssten vorsichtig sein«!, rief Loial ihm nach. »Licht, Rand, denk daran! Sei vorsichtig!«
    Rand lag nun auf dem Rücken des Braunen und ließ den Hengst galoppieren. Die Schreie zogen ihn an. Es war einfach, ihm zu raten, er solle vorsichtig sein, aber in dieser Frauenstimme lag blankes Entsetzen. Sie klang nicht so, als hätte er Zeit, vorsichtig zu sein. Am Rand eines Bachbetts, das tiefer eingeschnitten war als die anderen, hielt er sein Pferd an. Es kam in einem Schauer von Steinchen und Schmutz zum Stehen. Die Schreie kamen von dort.
    Mit einem Blick erfasste er die Situation. Vielleicht zweihundert Schritt entfernt stand die Frau neben ihrem Pferd im Bachbett, den Rücken der gegenüberliegenden Uferböschung zugewandt. Mit einem abgebrochenen Ast wehrte sie sich gegen ein knurrendes – Etwas. Rand schluckte. Einen Moment lang war er völlig überrascht. Falls ein Frosch die Größe eines Bären oder ein Bär die graugrüne Haut eines Frosches haben könnte, hätte er in etwa so ausgesehen. Ein großer Bär.
    Er zwang sich, nicht an dieses Geschöpf zu denken, sprang vom Pferd und spannte seinen Bogen. Wenn er sich die Zeit

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